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11.10.2023 | Tag 2:
Ich wollte
früh beginnen... aber das Frühstück im Hotel noch mitnehmen. Allerdings wachte ich mit Kopfschmerzen auf, so ging alles etwas langsamer. Die Hitze am Tag zuvor und auch dass ich 38 Stunden ohne Schlaf auf den Beinen gewesen war, hatte doch Spuren hinterlassen. Ich startete im Regen, der im Lauf des Vormittags immer stärker wurde - genau wie meine Kopfschmerzen.
Nach einem mittellangen Anstieg auf knapp 1000 Meter Höhe und der folgenden Abfahrt erreichte ich Saint Girons, den ersten grösseren Ort, und für meinen heutigen Streckenplan auch der letzte. Ein Espresso in einem Café und ein Besuch im Supermarkt, um mich für den ganzen Tag mit Verpflegung einzudecken, dann ging es auch schon weiter - doch viel zäher als erhofft. Wenn es nicht läuft, sinkt die Stimmung und Motivation
Zwei Pannen auf einer Abfahrt
Es regnete weiter und während einer Abfahrt auf einer Passage mit vielen Schlaglöchern, Schotter und Schlamm stoppte mich die erste Reifenpanne dieser Tour. Nachdem ich diese gefixt und einige Mitfahrer wieder überholt hatte, passierte es schon wieder. Der zweite Durchschlag! Hatte sich doch ein dicker Nagel durch den ganzen Reifen gebohrt. Meine Stimmung und Motivation war jetzt echt am Tiefpunkt. Ein gebrauchter Tag, dachte ich mir. Hatte ich das ganze Jahr über nur einen platten Reifen und jetzt schon zwei in so kurzer Zeit.
Zumindest wurde das Wetter etwas besser und nach Reparatur der weiteren Panne ging es mit drei anderen Teilnehmern zum Port de Bales (1775 m). Es lief jetzt runder und wir waren dann doch recht zügig auf der Passhöhe. Hier oben in dichtem Nebel und bei unter zehn Grad hatte zumindest ein Imbisswagen noch für kurze Zeit geöffnet. Wir konnten uns mit Crêpes und Cola stärken.
Wir fuhren jetzt weiter zu dritt und beschlossen, auf jeden Fall noch über den Col de Peyresourde zu kommen. Mein eigentliches Tagesziel konnte ich durch den Zeitverlust am Vormittag nicht mehr erreichen, somit versuchte ich in Arreau ein Hotel zu buchen. Etwas mehr Kenntnis der französischen Sprache wären natürlich hilfreich gewesen, aber ich habe schnell gelernt, dass "fermé" geschlossen heisst.
Nach ein paar weiteren Anrufen konnte ich ein Zimmer im Nachbarort Cadeac reservieren - und bekam zum Abschluss des Tages noch die Aufgabe eines sieben Kilometer langen Zielsprint: Man sagte mir, dass in spätestens einer halben Stunde die Küche schliesst. Das habe ich dann gerade noch gepackt... Im Gastraum traf ich auf mehrere Mitstreiter, auch bekannte Gesichter. So fand der Tag doch noch ein gutes Ende.
Tag 3: Das Hochgebirge ruft…
Gleich zu Beginn des Tages ging es von Cadeac nach Hourquette d’Ancizan auf 1554 Meter . Nachdem ich etwas mehr als die Hälfte des Anstieges hinter mir hatte, kam eine WhatsApp-Nachricht des Veranstalters: Auf der Abfahrt von Hourquette wird die Strasse erneuert und bereits auf sechs Kilometern mit Schotter präpariert. Als Ausweich-Route können wir über den Col d’Aspin fahren, heisst.
Soll ich nun umdrehen, den Umweg in Kauf nehmen ? Meine Lust hält sich in Grenzen. Ich fahre weiter, kurz darauf kommt mir ein spanischer Rennradfahrer aus der anderen Richtung entgegen. Ich frage, ob man die Strasse nach Sainte Marie de Campan befahren kann? "Claro, no pasa nada" - Sicher, alles okay ist die Antwort - eine gute Antwort.
Sainte Marie de Campan - der Ort hat seinen Platz in der Radsport-Historie. Zum einen war er schon oft Teil der Tour de France oder der Spanien-Rundfahrt, zum anderen wurde hier der Grundstein für eine Legende gelegt: Bei der Frankreich-Runde 1913 brach Eugène Christophe als Führender der Etappe auf der Abfahrt die Gabel, er trug er sein Rad 14 Kilometer runter bis in den Ort, um es in der Dorfschmiede selbst zu reparieren.
So einiges erinnert hier an die Tour de France... Als ich oben am Pass ankam, fing es wieder an zu regnen. Der Schotter auf der Abfahrt war ziemlich fein und war auch für mich, im Offroad wenig geübt, und trotz der schmalen Reifen kein großes Problem. Auch mein Rad blieb unbeschadet, ich musste nicht in die Dorfschmiede...
Königs-Etappe zum Tourmalet
Ein Stop in einem Café, um kurz zu frühstücken, dann weiter, hoch auf den Col de Tourmalet. Heute war ja so etwas wie die Königs-Etappe. Bald traf ich wieder die bekannten Mitfahrer und wir fuhren eine Zeit zusammen. Ich kam gut voran, lange Anstiege mit relativ konstanten Steigungen liegen mir. Am Col angekommen hatte ich ein wenig Lust auf eine Pause - leider erwartete nur eine grosse Baustelle mit Lärm und Staub.
Einen kurzen Halt gab es dann nach der Abfahrt im Pyrenäen-Ski-Ort Luz-Saint-Saveur; hier hatte ich heute wie viele andere Teilnehmer ein Hotel gebucht.
Als nächstes Highlight stand der Cirque de Troumouse auf 2103 Metern an - kein Pass, sondern eine Art Sackgasse; die vorgegebene Route führte wieder zurück nach Luz-Saint-Saveur. So ließ ich den grössten Teil meines Gepäcks im Hotel zurück. Ich nahm nur eine Flasche mit Wasser mit, da es noch stark bewölkt war. Doch kam plötzlich die Sonne raus und es wurde bis zu 29 Grad warm. Zum Glück kam ich unterwegs an einer Tankstelle vorbei.
Die kleine Strasse hoch zum Gipfel schlängelt sich durch die typische Pyrenäen-Landschaft. Es ist sehr grün, man passiert man schroffe Felsformationen. Auch muss man immer wieder Schafen, Ziegen oder Kühen ausweichen, die von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und die Strasse überqueren - oder sich einfach mitten auf dem Asphalt ausruhen.
Statt schöner Aussicht - Nebel...
Die letzten Kilometer waren dann noch richtig steil und trotz meines leichteren Fahrrads musste ich doch ziemlich kämpfen. Irgendwann wurde es dann auch wieder nebelig; oben angekommen, sah man fast nichts mehr. Die gigantische Aussicht, die man hier bei schönem Wetter hatben soll, sie blieb mir leider verwehrt.
Die Abfahrt dauerte dann bei Sichtweiten zum Teil unter zehn Metern entsprechend länger. Mein Plan war aber ohnehin, etwas weniger zu fahren und dafür morgen sehr früh zu starten. Nach einer grossen Pizza und einem alkoholfreien Bier mit einigen anderen Teilnehmern ging es gleich ins Bett.
Marcus Ruchti ist seit vielen Jahren begeisterter Ausdauersportler - mit einem gewissen Hang zur Langstrecke. Was ihm an Ultracycling-Rennen gefällt: die Kombination aus sportlicher Herausforderung, Erleben der Natur, neuen Eindrücken, Begegnungen mit Menschen, aber auch das Unvorhersehbare - "Abenteuer halt..." Der Teil drei seines "TransPyrenees"-Rennberichts folgt morgen; hier geht's zu Teil eins.
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