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19.07.2022 | Im Stil eines Finisseurs gewinnt Strassacker-Kapitän Moritz Palm den vierten Lauf des German Cycling Cup (GCC) am Schleizer Dreieck. Mit einem überraschenden Antritt an der letzten Welle vor dem Ziel krönt er eine starke Team-Leistung von Strassacker – und macht zugleich wichtige Punkte in der GCC-Gesamtwertung.
In den malerischen Hügeln des thüringischen Vogtlandes traf sich am Wochenende die deutsche Jedermann-Szene zum vierten GCC-Lauf: Auf der Natur-Rennstrecke des Schleizer Dreiecks ging es um Punkte in der größten deutschen Radrenn-Freizeitserie. Auf dem ältesten Straßenrundkurs Deutschlands, auf dem vor 99 Jahren das erste Autorennen stattfand, wartete eine anspruchsvolle Prüfung auf die knapp 400 Starter: Die 7,6 Kilometer lange Rundstrecke ist geprägt von perfekt asphaltierten, breiten Straßen und mehreren knackigen Steigungen. Scharfrichter war ein 700 Meter langer Stich in der Mitte des Kurses, der 16 Mal zu fahren war; in Summe waren auf den 122 Kilometern Renndistanz rund 1900 Höhenmeter zu bewältigen.
Tags zuvor war das Rennwochenende bereits erfolgreich
für unser Team gestartet: Beim „BembelCrit“ auf der Frankfurter Eurobike gelang unserem Duo Moritz Palm und Ben Witt ein Doppelsieg im Rundstreckenrennen um die Frankfurter Messe. Dahinter konnten sich auch Joscha Weber und ich unter den besten Acht platzieren. Die Beine für Schleiz stimmten also schon mal...
Ins Rennen in Schleiz gingen wir am frühen Sonntag Morgen leider nicht in Bestbesetzung: Krankheitsbedingt fehlten einige Fahrer, die Konkurrenz war zahlenmäßig stärker vertreten. Trotzdem wollten wir das Rennen schwer machen und unsere Stärke am Berg ausspielen. Die mit zwölf Mann nominell stärkste Mannschaft am Start, das Team Leeze, wünschte sich jedoch offenbar ein eher langsames Rennen, um möglichst viele ihrer schnellen Fahrer ins Finale zu bringen. Das Rennen zu machen, lag also einmal mehr auf unseren Schultern.
Die erste Rennstunde wurde daher zügig,
aber kontrolliert absolviert, wobei Daniel Novak, Jannik Wüster, Lukas Klöckner und Ben Witt unsere Farben an der Spitze des Felds vertraten. Attacken gab es in dieser frühen Renn-Phase eher selten, das Feld reagierte stets aufmerksam. So erging es auch Luca Wittrock, dessen Solo-Vorstoß vom Team Leeze schnell vereitelt wurde. Es entwickelte sich ein "Abnutzungsrennen", in dem das Feld nach und nach vor allem an den Anstiegen ausdünnte.
Etwa zur Halbzeit wollten wir das Rennen schwerer machen. Wir setzten uns an die Spitze des Feldes und fuhren den 700-m-Stich mehrere Runden in Folge in hohem Tempo, um unsere Konkurrenten zu zermürben. Doch die Taktik sollte erstmal nicht aufgehen, denn vor allem das Team Leeze war von unserem Tempo-Diktat nicht beeindruckt und zahlenmäßig vorne immer noch stark vertreten. Im Nachhinein war der Kurs hier wohl ein wenig zu leicht für unsere Zwecke, denn bis auf den knapp zwei Minuten langen Anstieg konnten sich die meisten Fahrer während des Rests der Runde immer wieder mehr oder weniger erholen und dadurch stets relativ frisch in den Stich fahren.
Dann eben mit der Brechstange...
Unser Road-Captain Joscha Weber schlängelte sich durchs Feld und erläuterte den Plan, fünf Runden vor Schluss in die Offensive zu gehen. Angeführt von Jannik und Joscha fuhr der Zug in Celeste mit Vollgas in den Stich - dann attackierten Moritz und ich. In Einzelteilen kam das Peloton über die Kuppe: Moritz war mit zwei Fahrern vorne raus, ich in einer etwa zehn Fahrer großen Gruppe einige Sekunden dahinter und ebenfalls noch in Schlag-Distanz Lukas Klöckner, Phil Peitzmeier und Ben Witt.
Doch an der Spitze wollte außer Moritz niemand so richtig fahren, zumal das Team Leeze nicht ganz vorne dabei war. So rollten die vorderen Grüppchen wieder zusammen, und mit 25 Fahrern ging es ins Finale. Das Tempo blieb nun immer hoch, der Anstieg wurde jedes Mal mit richtig Druck gefahren. So vergingen drei weitere Runden, bis wir schließlich auf die letzte Runde einbogen – es zeichnete sich ein großer Showdown am letzten Berg ab. Moritz klagte zuvor über Krämpfe und so verzichteten wir darauf, erneut eine Attacke für ihn vorzubereiten. Stattdessen war es Felix Schwebe vom Team Deutsche Kinderkrebs-Stiftung, der mit einem gewaltigen Antritt die Gruppe sprengte.
Doch keine Spur von Krämpfen,
Moritz sprang sofort an dessen Hinterrad und nach dem letzten Anstieg lag eine Gruppe von etwa zehn Fahrern in Front, darunter neben Moritz auch mehrere Fahrer vom Team Leeze. Doch auch diese Gruppe harmonierte nicht so richtig und so konnten noch einmal fünf weitere Fahrer, darunter Lukas und ich, den Anschluss herstellen.
Alles schien also auf den Sprint einer kleinen Gruppe hinauszulaufen - mit dem Träger des Gelben Trikots, Patrick Altefrohne vom Team Leeze, als Sieg-Kandidat Nummer eins. Dessen verbliebene fünf Team-Kollegen übernahmen dann auch die Tempoarbeit. Doch an der allerletzten Welle, 500 Meter vor dem Ziel, schien man bei Leeze plötzlich doch die Anstrengungen des Rennens zu spüren: Das Tempo sackte, wenn auch nur minimal - doch Moritz ergriff sofort die Möglichkeit beim Schopf: Von der fünften Position im Feld aus lancierte er eine fulminante Attacke und erwischte alle auf dem falschen Fuß.
Ehe irgendjemand überhaupt so ganz verstand,
was gerade passierte, hatte Moritz eine Lücke von 50 Metern gerissen und fuhr auf die Zielgerade. Bei den Verfolgern herrschte weiter Chaos und so rettete Moritz tatsächlich exakt eine Sekunde Vorsprung vor den sprintenden Verfolgern ins Ziel. Ein großartiger Erfolg und das Resultat harter Arbeit der ganzen Mannschaft und der individuellen Klasse unseres Leaders...
Der Sieger zog dann auch ein sehr positives Fazit: "Das war ein sehr positiver Tag für uns als Team. Trotz der nominellen Unterlegenheit wussten wir unsere Stärken voll auszuspielen: Nachdem die Jungs den ganzen Tag unermüdlich das Tempo hochgehalten und damit das von mir gewünschte 'schwere Rennen' bereitet hatten, konnte ich dann die Vorarbeit mit einer frühen Sprint-Eröffnung für uns entscheiden. So kann es weitergehen!"
Etwas behindert durch einen Beinahe-Sturz
eines anderen Fahrers kurz vor dem Ziel kamen Lukas und ich auf den Rängen 16 und acht ins Ziel. Leider mussten Phil und Ben der Führungsarbeit Tribut zollen und überstanden den letzten Berg nicht in der ersten Gruppe. So komplettierte Phil als 21. die für die Team-Wertung entscheidenden vier Fahrer der Mannschaft und wir mussten dort Leeze und dem siegreichen Team Sebamed den Vortritt lassen.
Die Führung in der GCC-Mannschaftswertung konnten wir dennoch verteidigen. In der Gesamt-Einzelwertung liegt Patrick Altefrohne (Leeze) weiter in Front; berücksichtigt man jedoch die im GCC üblichen Streichergebnisse, pirscht sich Moritz mit großen Schritten heran.
Schon am kommenden Samstag steht
mit Rad am Ring das nächste und längste Rennen der GCC-Serie auf dem Programm, das unserem Team mit zahlreichen Höhenmetern und langen Anstiegen liegen sollte. Dort gilt es, das Momentum zu nutzen und weiter Boden auf die Konkurrenz gut zu machen.
Fabian Thiele ist Fahrer im Team Strassacker.
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