Rennbericht - “Sind einfach eine richtig geile Truppe“

Velotour Frankfurt: Dreifach-Sieg für Team Strassacker

Von Fabian Thiele

Foto zu dem Text "Velotour Frankfurt: Dreifach-Sieg für Team Strassacker"
Moritz Palm, Sean Feldhaus und Timo Dahlheimer (v. l.) | Foto: Team Strassacker

03.05.2022  |  Das Jedermann-Rennen des Frankfurter Rad-Klassikers Eschborn - Frankfurt ist traditionell ein gutes Plaster für das Team Strassacker. Wie in den letzten beiden Austragungen holte die Kunstgießerei-Mannschaft den Sieg bei der "Skoda Velotour". In diesem Jahr gelang ein besonderer Erfolg: Das Podium war komplett mit Strassacker-Fahrern besetzt.

Nachdem letzte Woche bei der Tour d'Energie in Göttingen die Team-Leistung zwar sehr gut, das Einzel-Ergebnis mit einem vierten Platz aber nicht wirklich zufriedenstellend war, wollten wir es diesen Sonntag besser machen und den ersten Saison-Sieg einfahren. Dass dann gleich das gesamte Podium in Celeste erstrahlte, hatten wir allerdings nicht erwartet...

Aber der Reihe nach: In der Taktik-Besprechung am Samstag
hatten wir uns vorgenommen, ein aktives Rennen zu fahren und bereits früh Druck auf die Konkurrenz auszuüben. Ziel war es, unsere mannschaftliche Stärke auszuspielen und nicht erst auf den alles entscheidenden Mammolshainer Stich etwa zehn Kilometer vor Ziel zu warten, um die Entscheidung herbeizuführen. Zuallererst galt es aber, sicher und sturzfrei bis zum Feldberg zu kommen und die kurvige Fahrt durch die Frankfurter Innenstadt unbeschadet zu überstehen. Das hatte ich mir selbst als Minimal-Ziel gesetzt, nachdem ich letzte Woche bei meinem Debüt für das Team schon in der Anfangsphase gestürzt war und nicht mehr ins Rennen eingreifen konnte.

Angeführt von Daniel Novak, Dominique Jansing, Thomas Krecken und Markus Herms, die das Tempo im Feld kontrollierten, fuhren wir dann recht entspannt durch die Häuserschluchten der Finanz-Metropole - auch wenn kaum ein Blick für die Wolkenkratzer am Streckenrand blieb. Das gesamte Team war sehr kompakt und aufmerksam, und wir konnten die ersten Klippen weitgehend stressfrei umschiffen. Zudem hatte ich das Gefühl, dass im ganzen Feld niemand schon zu Beginn ein unnötiges Risiko eingehen wollte und man seinem Nebenmann daher etwas mehr Platz einräumte als in einem Finale.

Nach der Ortsdurchfahrt von Oberursel stand
bei Rennkilometer 35 mit dem Feldberg der erste Scharfrichter an: Elf Kilometer Anstieg bei knapp fünf Prozent warteten auf uns. Von Beginn an war das Tempo recht zügig, sodass niemand so wirklich zum Attackieren zumute war. Aus unserem Team beteiligte sich Jannik Wüster an der Tempo-Arbeit und sorgte dafür, dass das Feld kleiner wurde. So konnten sich unsere Berg-Spezialisten etwas länger schonen.

Ab dem Sandplacken hatten wir geplant, das Rennen "richtig" zu eröffnen und in die Offensive zu gehen. Zunächst attackierte Phil Peitzmeier; als er gestellt wurde, konterte Nils Kessler. Die Attacke saß und eine Vierer-Gruppe konnte sich absetzen. Für uns eigentlich eine sehr gute Situation: eine kleine, gut kontrollierbare Gruppe mit Team-Beteiligung. Allerdings war das Tempo vorne horrend und als wir sahen, dass Nils die drei anderen um den wie entfesselt fahrenden Martin Maertens nicht halten konnte, fassten wir hinten den Entschluss, die Lücke wieder zu schließen. Nunt flog das Feld auseinander: Moritz Palm, Chris Mai, Sean Feldhaus, Johannes König und Timo Dahlheimer fuhren die Lücke zu, Jonas Kahler und ich versuchten zu folgen, konnten die Hinterräder aber nicht ganz halten. Mir kam das Laktat schon zu den Ohren heraus...

Bei der Überfahrt am Feldberg hatte sich vorne
eine etwa zehn Fahrer starke Gruppe abgesetzt, mit rund 20 Sekunden Abstand folgte eine 15 Mann große Gruppe. In der Abfahrt schoss Ben Witt mit viel Speed an den Verfolgern vorbei, schloss im Stil Vincenzo Nibalis die Lücke zur Spitzengruppe und bewies einmal mehr, warum er im Team als „Hai von Kuppenheim“ gilt. Zur Rennmitte lag also eine rund 30 Fahrer große Gruppe vorne, in der noch knapp zehn Strassacker-Fahrer vertreten waren.

Dementsprechend lag es in unserer Verantwortung, die Gruppe am Laufen zu halten, worum sich Phil Peitzmeier, Ben Witt und Dominique Jansing kümmerten. Wir rollten recht zügig Richtung Ruppertshainer Bergs, der 35 Kilometer vor dem Ziel liegt. Dort hatten wir unsere nächste Offensive geplant: Sean und ich attackierten. Ein Blick nach hinten zeigte: Niemand konnte oder wollte uns folgen, der Schachzug schien also zu glücken. Leider gingen mir hier die Beine ein, während Sean einen absoluten Sahnetag hatte und voll durchzog: "Nachdem ich so weit vorne über den Feldberg gefahren war, hatte ich richtig Bock, es am Ruppertshainer zu probieren", sagte Sean nach dem Rennen: "Die Taktik, es an einem kurzen Stich zu probieren, den man einfach wegdrücken muss, passte dann auch perfekt zu meinen Mountainbike-Fähigkeiten."

An der Kuppe hatte Sean schon etwa 20 Sekunden
Vorsprung; während er vorne in den Zeitfahr-Modus ging, schlug dahinter die Stunde des Teams. Wir neutralisierten jede Konter-Attacke, sodass niemand sich absetzen konnte. Sean war schon bald nicht mehr zu sehen, schließlich setzten wir uns als Team an die Spitze der Gruppe und schlugen ein ruhiges Tempo an - perfekte Bedingungen für unseren Spitzenreiter: "Für mich war die Streckenführung nach meiner Attacke perfekt, mit den vielen Kurven und Ortsdurchfahrten. So hatten mich die Verfolger schon bald nicht mehr im Blick und ich konnte mich absetzen", so Sean im Ziel.

Alles konzentrierte sich nun auf die letzte Schwierigkeit des Tages, den Mammolshainer Stich. Mit 2,3 Kilometern und einer durchschnittlichen Steigung von acht Prozent sollte man diesen Anstieg für kein furchteinflößendes Hindernis halten - aber der Berg ist schwerer als es auf dem Papier den Anschein hat. Schon am Fuß ist es richtig steil, bevor kurz vor der Hälfte des Anstiegs der berühmte „Stich“ kommt: knapp 300 Meter lang, in der Spitze über 20 Prozent steil - hier geht’s tief in den roten Bereich...

Wie erwartet ging direkt unten die Post ab.
Der ersten Attacke aus der Verfolgergruppe heraus konnten von uns nur Moritz, Chris und Timo folgen, dahinter zerfiel die Gruppe. Ich war einer dieser Splitter und erlebte hier die vielleicht schwersten neun Minuten, die ich je auf dem Rad hatte. Obwohl ich merkte, dass ich eigentlich nicht die Beine hatte, gab ich alles, um doch irgendwie vorne über die Kuppe zu kommen. Jede Faser meines Körpers wollte, dass diese Tortur ein schnelles Ende finden möge. Den Jubel der zahlreichen Fans am Straßenrand habe ich kaum wahrgenommen.

Während Sean seinen Vorsprung über den Mammolshainer Stich verteidigte, bildete sich hinter ihm eine Verfolgergruppe mit acht Athleten, unter denen sich mit Moritz, Chris und Timo drei Strassacker-Fahrer befanden. "Im Mammolshainer konnte ich unten der starken Attacke der Gebrüder Maertens nicht unmittelbar folgen. Kurz vor der Kuppe konnte ich dann aber mit einem anderen Fahrer den Anschluss wiederherstellen", beschrieb Moritz Palm die Situation.

Auf den folgenden zehn abschüssigen bis flachen
Kilometern bis ins Ziel nach Eschborn sorgten unsere drei Fahrer dafür, dass keine vernünftige Nachführarbeit zustande kam, wie Timo nach dem Rennen erklärte: "Wir sind zwar zu dritt kurz mit durch die Führung gegangen, haben aber verhindert, dass es nochmal schnell wurde."

An der Spitze des Rennens fuhr Sean nun einem ebenso ungefährdeten wie grandiosen Solo-Sieg entgegen. Nach 35 Kilometern allein im Wind blieb ihm im Ziel noch genügend Zeit, sich aufzurichten und den Triumph in vollen Zügen zu genießen – der verdiente Lohn für eine Wahnsinns-Leistung. "Vor dem Mammolshainer hatte ich mir das Tempo gut eingeteilt, damit ich halbwegs lebend drüber komme - was dann auch super funktioniert hat. Durch die wie in Göttingen perfekte Team-Arbeit ist das Feld auf Abstand geblieben. Diesmal war das Glück auf unserer Seite, sodass ich als Ausreißer durchgekommen bin."

Und auch dahinter behielten wir die volle Kontrolle.
Praktisch auf der Ziellinie liefen die beiden Verfolger-Gruppen noch zusammen. Den Sprint gewann Moritz vor Timo, die von Chris mustergültig angefahren wurden. Moritz: "Chris hat uns mit seinem Leadout perfekt in der Zielkurve abgesetzt, der Sprint auf die Plätze zwei und drei belegt die überragende Mannschaftsleistung."

Jenseits des "Strassacker-Podiums" waren auch die weiteren Zieleinläufe sehenswert: Chris rollte auf Platz fünf über die Linie, Nils folgte auf Rang neun, Ben als zehnter, ich kam etwa als 13. direkt vor Jonas herein. Doch leider werden in Eschborn nur die Plätze eins bis drei nach Zieleinlauf gewertet, ab Platz vier zählt die Nettozeit, was stets für merkwürdige Ergebnisse sorgt. Wünschenswert wäre hier, dass wie bei anderen Rennen eine Block-Startzeit genommen wird oder zumindest die ersten 50 Fahrer nach Zieleinlauf gewertet werden.

Unterm Strich war es ein sehr erfolgreicher Renntag,
der vom Sieg in der Mannschaftswertung gekrönt wurde. So geht es für nun mit Rückenwind zum nächsten Rennen: Rund um Köln. Sieger Sean Feldhaus kann es kaum erwarten: "Ich freue mich jetzt auf die weiteren Rennen mit dem Team. Wir sind einfach eine richtig geile Truppe, wo jeder sein Bestes für den Mannschafts-Erfolg gibt!"

Fabian Thiele ist Fahrer im Team Strassacker.

Weitere Jedermann-Nachrichten

23.04.2024Donnerstags-Rennen München: Kriterium an der Arena

(rsn) - Am 16. Mai geht´s endlich wieder los: Die Donnerstags-Rennen der Münchner Radsport-Vereine an der Allianz-Arena in Fröttmaning, eine Kriteriums-Serie aus fünf Rennen - "die beste Mögli

18.04.2024King of the Lake: Europas größtes Zeitfahren

(rsn) - Auf die Plätze: Am 21. September wird "ASVÖ King of the Lake", das Einzelzeitfahren im Salzkammergut, zum 14. Mal rund um den Attersee führen. Wer dabei sein will: Die Online-Anmeldung (sie

08.03.2024Nibelungen Radmarathon: Alle Pfälzer Highlights...

(rsn) - Seit 2018 veranstaltet Timo Rokitta den Nibelungen-Gravelride in Worms. Dieses Jahr hat der Pfälzer Ultra-Radler (ua Paris - Brest - Paris, The Traka) neben vier Gravelrides auch die zweite A

05.03.2024Nova Eroica Prosecco Hills: Prickelnde Hügel-Runde

(rsn) - Im Herbst 2019 haben die Veranstalter der Eroica-Vintage-Radrennen auf den Strade Bianche, den weißen Schotter-Straßen der Toskana, mit der "Nova Eroica" auch den Gravel-Trend aufgegriffen

29.02.2024L´Ardèchoise: mit Granfondo-Europameisterschaften

(rsn) - Seit Ende der 80er Jahre findet immer Mitte Juni "L´Ardèchoise" statt, eine Rundfahrt durch das Departement Ardèche im Südosten Frankreichs, mit im vergangenen Jahr rund 12.500 Teilnehmern

27.02.2024Neusiedler See Radmarathon: Mit Klöden, Sagan, den “Gold-Tobis“...

(rsn) - Wie jedes Jahr wird die Radmarathon-Saison in Österreich am 20. und 21. April mit dem "Neusiedler See Radmarathon powered by Burgenland Tourismus" (NRM) eröffnet. Und wie immer ist auch jede

26.02.2024Alpen-Challenge: “Der direkte Weg zum Glück...“

(rsn) - "Manchmal ist der direkte Weg zum Glück eine gewisse Anzahl von Serpentinen" - so lautet das schöne Motto eines der schönsten Rad-Marathons in Europa: die Alpen-Challenge Lenzerheide. Und d

25.02.2024A Day in Hell: Der “Hölle des Nordens“ nachspüren

(rsn) - Zum 118. Mal werden die WorldTour-Profis am 7. April beim Frühjahrs-Klassiker Paris - Roubaix, der "Hölle des Nordens", über die Kopfsteinpflaster Nordfrankreichs rumpeln. Alle Nicht-Profis

24.02.2024Nova Eroica Schweiz: Mittelalter, Weinberge, Bergdörfer...

(rsn) - Zum vierten Mal geht es am 15. Juni bei der "Nova Eroica Switzerland" durch die Walliser Alpen, auf Schotterstraßen von Sion aus, der ältesten Stadt der Schweiz mit ihren mittelalterlichen B

23.02.2024Ötztaler Radmarathon: Zweite Chance mit Kombi-Paket

(rsn) - Vergangene Woche wurden die 4000 Startplätze für den Ötztaler Radmarathon 2024 verlost. Genau 21 976 Interessent/innen hatten sich dafür beworben, soviele wie noch nie. Nicht mal ein Fünf

21.02.2024Gran Fondo Suisse: Sieben Rennen an drei Tagen

(rsn) - Ein langes Sommer-Wochenende in den Schweizer Alpen, vollgepackt mit nicht weniger als sieben Rennen - das bietet der Gran Fondo Suisse vom 5. bis 7. Juli in Villars-sur-Ollon im Kanton Waadt

19.02.2024Heathland Gravel: Quali-Rennen für Gravel-Legende “Unbound“

(rsn) - Das "Unbound Gravel" ist eines der ältesten Schotter-Rennen weltweit: Es begann 2006 als "Dirty Kanza" mit 34 Starter/innen, mittlerweile sind es rund 4000 Fahrer/innen aus fast 40 Nationen,

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine