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07.08.2011 | (rsn) – Nach der Tour ist vor der WM. Im Interview mit Radsport News am Rande der Sixdays Night in Oberhausen erklärte Danilo Hondo (Lampre-ISD), warum sein Teamkollege Alessandro Petacchi in Frankreich nicht an die Erfolge des Vorjahres anknüpfen konnte, beschrieb seine WM-Vorbereitung und kündigte an, auch im nächsten Jahr noch als Profi aktiv sein zu wollen.
Vor zwei Wochen ist die Tour de France zu Ende gegangen. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Hondo: Ich selbst habe mich im Verlauf der Tour immer besser gefühlt und bin immer mehr in Schwung gekommen, nachdem ich mich nach der Tour de Suisse etwas müde gefühlt hatte. Aber natürlich ist auch etwas Wehmut dabei, wenn man sich viel vorgenommen hat, aus dem Vorjahr einiges bestätigen möchte und dann nichts Zählbares herausspringt. Unser Team ist aber einen starken Giro gefahren und auch eine konstante Tour, auch wenn kein Sieg herausgesprungen ist.
Woran lag es, dass Petacchi diesmal erfolglos blieb und auch das Grüne Trikot nicht verteidigen konnte?
Hondo: Alessandro hatte große familiäre Probleme (seine schwangere Frau verlor das Kind, d. Red.). Das hat ihn natürlich die ganze Tour über begleitet, gerade auch zu Beginn. Da kam man als Freund und Helfer sein Bestes geben, aber unter manchen Umständen ist einfach nicht mehr möglich.
Dafür hat Cunego mit Platz sieben der Gesamtwertung überzeugt...
Hondo: Ja, Cunego ist wirklich klasse gefahren. Schade, dass dieses Ergebnis etwas untergegangen ist. Er war immer dicht dran an den Besten. Seine Zeitfahrschwäche hat ihm ein noch besseres Ergebnis gekostet. Man muss aber auch eingestehen, dass viele Mitfavoriten ausgeschieden waren, die für ihn einen Top-Ten Platz schwierig gemacht hätten. Damiano muss sich mit dieser Leistung aber auch nicht verstecken und vielleicht gibt es ihm zusätzliche Motivation für größere Rundfahrten.
Hat sich die Taktik des Teams verändert, nachdem klar war, dass Petacchi nicht in Bestform war?
Hondo: Man muss ehrlich sagen, dass wir nicht viele andere Optionen hatten. Alessandro und Damiano waren die Kapitäne und sind es auch geblieben. In solchen Situationen muss man einem Mann wie Petacchi auch den Rücken stärken, muss zu ihm stehen und ihm das Gefühl geben, dass er das Vertrauen des Teams hat. Er hatte zu jeder Zeit die Möglichkeit auszusteigen, wollte aber weiterfahren.
Wie hat Ihgrer Meinung nach die Neuregelung bei den Zwischensprints die Tour beeinflusst?
Hondo: Die hat das Rennen sehr beeinflusst. Die Spitzengruppen hatten es ungemein schwer, weg zu kommen. Die Zwischensprints wurden sehr hart gefahren, fast wie ein Finalsprint. Das hat für alle Beteiligten sehr viel Stress bedeutet.
Sollte dann Ihrer Meinung nach die alte Regelung wieder eingeführt werden?
Hondo: Es hat ja auch beim Giro d`Italia jahrelang mit dem Intergiro, einer ähnlichen Wertung, gut funktioniert. Ich finde, es hat das Rennen interessanter gemacht und sollte auch bleiben.
Wie haben Sie sich von der Tour erholt?
Hondo: In der letzten Woche war ich zu Hause, habe nur sehr wenig trainiert. Mein Garten sah aus wie ein Urwald, dem habe ich mich ein wenig gewidmet, was auch für den Kopf ganz gut war. Außerdem habe ich viel Zeit mit meiner Tochter verbracht. Die Kriterien waren in diesem Jahr recht angenehm. Ich habe mich nach der Tour aber auch nicht mega-kaputt gefühlt. Jetzt sind noch sieben Wochen bis zur WM, da kann man noch mal gut arbeiten.
Apropos WM: Wie geht es für Sie nun weiter?
Hondo: Ich habe vom Team mit Blick auf die WM ein eigenes Programm bekommen, muss also nicht die Vuelta fahren. Das freut und motiviert mich zusätzlich. Ich fahre zunächst die Eneco-Tour, dann die Coppa Bernocchi, wo ich zwei Mal Zweiter war, dann folgt Hamburg, wo ich auch aufs Podium fahren möchte. Außerdem stehen noch der GP Plouay, der Giro di Padania in Italien und zwei weitere Eintagesrennen am Wochenende vor der WM an. Ich denke, das ist ein gutes Rennprogramm und ich muss mich nicht dem Stress der Vuelta aussetzen, obwohl Alessandro mich gerne dabei gehabt hätte. Im letzten Jahr bin ich alle drei großen Rundfahrten gefahren, das hat mir rückblickend nicht so gut getan. Und so kann ich selbst auch noch mal auf eigene Rechnung fahren.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem BDR im Hinblick auf die WM?
Hondo: Ich bin mit Udo Sprenger immer wieder im Kontakt. Wir haben uns gerade heute in Oberhausen noch einmal unterhalten. Wir beide haben ähnliche Auffassungen, ich bin aber näher an den Fahrern dran. Es wird eine klare Strategie mit einem Kapitän und einem Ersatz-Kapitän geben. In Zolder haben die Italiener das auf einem ähnlichen Kurs vorgemacht. Ich denke, für diesen Kurs wird sich relativ schnell auch eine gute Mannschaft finden lassen.
Wen würden Sie als Kapitän des deutschen WM-Teams sehen?
Hondo: Kittel und Degenkolb sind sicherlich die großen Newcomer. Aber eine WM hat ihre eigenen Gesetze, es ist ein Rennen über fast 280 Kilometer. André Greipel hat bei der Tour bewiesen, dass er auch auf etwas anspruchsvollerem Terrain gewinnen kann. Falls André stürzt oder aus anderen Gründen zurückfallen sollte, braucht man aber natürlich noch einen Co-Kapitän, der dann einspringen kann. Kittel ist im Flachen richtig schnell, aber die WM ist nicht topfeben und zudem sehr lang. Seine Zeit wird aber noch kommen.
Greipel hat seine Siege hauptsächlich in Rundfahrten gefeiert, weniger bei Eintagesrennen. Werden Sie als Klassikerspezialist da auch noch mal mit ihm sprechen?
Hondo: Das ist meine Rolle, die ich in dem Team einnehme. Ich versuche, noch mal auf das Team einzuwirken, sowohl taktisch als auch mental. Ich denke, dass wir in diesem Jahr auch schon früher zusammenkommen werden, um gemeinsam trainieren zu können. Außerdem wird es Videostudien geben. Ich denke aber, dass Greipel mittlerweile in der Lage ist, auch bei Eintagesrennen - also auch bei einer WM - ganz vorne zu landen.
Es gibt derzeit viele Veränderungen bei Teams. Sponsoren ziehen sich zurück, Teams schließen sich zusammen, neue werden gegründet. Wie sehen Sie als jemand, der ja auch sein eigenes Team plant, diese Entwicklungen?
Hondo: Es ist sehr, sehr schade, dass HTC-Highroad den Schlüssel rumdrehen muss. Vielleicht hat sich Stapleton bei der Sponsorensuche auch etwas verkalkuliert. Ich hoffe aber, dass Fahrer und Personal sich frühzeitig nach Alternativen umgeschaut haben. Mit GreenEdge kommt aber auch ein neues Team, es ist ein Kommen und Gehen, ein Kreislauf, und das ist am Ende auch gut so. Ich selbst arbeite auch weiter an meinen Team-Plänen, habe da im Moment aber noch keinen Stress.
Wir sehen Sie im nächsten Jahr aber definitiv noch im Rennsattel...?
Hondo: Ich habe noch Vertrag bei Lampre. Es gab in den letzten Tagen interessanterweise sehr viele Anfragen von anderen Teams, die entweder mich oder dazu noch Alessandro verpflichten wollten. Ich bin es Lampre aber auch schuldig zu bleiben. Sie haben mir die Chance gegeben, auf die große Bühne zurückzukehren. Ich habe von Lampre auch das Angebot, nach meinem Karriereende zunächst einmal in die Sportliche Leitung aufzusteigen.
Mit Danilo Hondo sprach Christoph Adamietz
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