Lotto-Blog / Bilanz der ersten Tourwoche

Der liebe Gott war mit mir

Von Marcel Sieberg

Foto zu dem Text "Der liebe Gott war mit mir"
Marcel Sieberg (Omega Pharma-Lotto, v.) steht vor seiner zweiten Tour de France. | Foto: ROTH

12.07.2011  |  (rsn) -  Leider hat es in den letzten Tagen nicht mit regelmäßigen Berichten geklappt. Dafür bekommt ihr jetzt einen kompakten Überblick über unsere erste Tourwoche. Diese war von vielen Höhen, aber auch einem ziemlichen Tiefpunkt auf der 9. Etappe geprägt.

Zunächst zu den guten Nachrichten. Die Tour fing für uns ja super an. Phil (Gilbert, d. Red.) gewann die 1. Etappe und holte alles Trikots. Dann im Mannschaftszeitfahren als letztes Team zu starten, mit Phil im Gelben Trikot, das war schon etwas Besonderes. Leider sind wir zu locker losgefahren und hatten schon an der ersten Zwischenmessung einen großen Rückstand. Danach drückten wir drauf und konnten unseren Rückstand halten. Aber wir müssen schon zugeben, dass wir uns mehr als Rang zehn erhofft hatten. Wir sind das Rennen einfach zu verhalten angegangen.

Auf der 3. Etappe kam es wie erwartet zum Massensprint. Wir hatten eigentlich eine gute Ausgangsposition. Aber an diesem Tag hat jeder im Feld gedacht, dass er mitsprinten könnte. So wurde das Finale richtig chaotisch. André war vor der Zielkurve gut positioniert, aber leider stürzte ein Fahrer genau vor ihm und er musste raus nehmen. Dadurch hatte er ein kleines Loch und das war's mit einer Top Platzierung.

Das vierte Teilstück war wellig, windig und total verregnet. Vor allem Seppel (Lang, d. Red.) und ich arbeiteten den ganzen Tag, später gesellte sich auch noch André dazu, da die Ankunft etwas für Phil war. An der Mur de Bretagne waren Phil und VDB vorne dabei und haben das Rennen bestimmt. Aber leider hatte Phil nicht die Beine zu gewinnen und wurde Fünfter. Aber so ist das halt. Man arbeitet den ganzen Tag, aber es kann ja nicht immer klappen.

Die 5. Etappe war dank Rückenwind sehr schnell, aber auch wieder sehr nervös. Alle wollten vorne fahren und das klappt eben nicht immer. Die Etappe führte fast ausschließlich über kleinere Straßen. Zum Glück war ich mit André die letzten 40 Kilometer immer vorne dabei, um den Stürzen zu entgehen. Die letzten Kilometer hatten wir uns eigentlich super gefunden, André war im hektischen Finale bei Thor (Hushovd, d. Red.) am Hinterrad und hatte eine super Ausgangsposition - bis 300 Meter vor Ziel. Da kamen auf einmal von rechts einige Fahrer, darunter Phil und Cav. André war eingebaut und konnte nicht sprinten. Phil wurde Zweiter, André immerhin noch Fünfter. Schade. Das war eine gute Chance für André. Durch den zweiten Platz hatte Phil sich aber wieder das Grüne Trikot geholt.

Die 6 Etappe war mit 226 Kilometern die längste der Tour. Auch an diesem Tag hat es wieder geregnet. So viel Regen, das ist nicht normal für die Tour. Das Finale war wieder recht anspruchsvoll. Im Sprint holte Phil erneut wichtige Punkte für Grün. Dieser Tag war nicht einfach. Wir mussten immer vorne fahren und aufpassen. Es ist auch anstrengend für den Kopf, immter 100 Prozent bei der Sache zu sein.

Die 7. Etappe startete in Le Mans an der Autorennstrecke. Unterwegs gab's wieder einmal Windkantenalarm. So wollte jeder vorne fahren, Stürze waren die Folge. Am Ende ging es zum Sprint. Wir hatten uns gut gefunden, aber leider hatte Jürgen Roelandts einen Defekt und war nicht zur Stelle. Dadurch versuchte ich André soweit wie möglich vorzubringen und an einem guten Hinterrad abzusetzen. Als er freie Fahrt hatte startetet er auch direkt, eigentlich etwas früh, aber er wollte nicht wieder eingebaut werden. Man hat gesehen, mit was für einem Antritt er los fuhr. Er riss direkt ein Loch, aber leider war er zu früh dran. So blieb nur Rang drei. Mit dem Sprint hat André aber eindeutig gezeigt, dass er das Zeug hat, eine Tour-Etappe zu gewinnen.

Die 8. und 9 Etappe wurden bergiger. Es ging ins Zentralmassiv. Phil und auch VDB waren gut drauf, wir haben beide aus dem Wind gehalten und vorne rein gefahren. Phil sicherte mit guten Zwischensprints sowie guten Ergebnissen bei den Zielankünften das Grüne mit einem komfortablen Vorsprung.

Der Tiefpunkt fürs ganze Team war aber die 9.Etappe. Wir fuhren nach 110 Kilometern eine Abfahrt herunter. Alle von uns waren vorne dabei, als auf einmal eine Kurve richtig steil wurde. Es war kein Motorrad, keine Sicherung oder ähnliches zu sehen. Ich konnte als Zweiter noch gerade so mein Rad unter Kontrolle bekommen. Ich habe keine Ahnung, wie ich das geschafft habe. Der liebe Gott war mit mir. Ich hatte mich schon über die Leitplanke fliegen sehen.

Die Fahrer hinter mir hatten weniger Glück. Sie flogen über die Leitplanke. Ich hatte nur gehört, dass VDB und Frederik Willems von uns dabei waren. Wir neutralisierten das Rennen, aber als wir nach zehn Kilometern übers Radio erfuhren, dass beide raus waren, standen wir alle unter Schock. Ab da ging bei mir nicht mehr viel.

VDB war echt in super, super Form und wir haben ihm alle einen Podiumsplatz zugetraut. Für alle von uns ist es erst einmal schwer, wieder ins Rennen rein zu kommen. Der Ruhetag gestern Tag war nötig, wir haben uns gesammelt und hoffen, unsere Ziele auch mit sechs Mann erfüllen zu können. Das wird natürlich nicht einfach. Ich hoffe das nächsts Mal kann ich nur Gutes berichten.

Euer
Sibi

Weitere Radsportnachrichten

18.11.2025Almeida bleibt bei UAE - Gaviria vor Wechsel zu Caja Rural?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

18.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

18.11.2025Zwischen Abitur, DM-Medaillen und WorldTour-Einsätzen

(rsn) - In der Juniorenklasse gehörte Paul Fietzke zu den weltweit besten Fahrern. Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften, der Deutsche Meistertitel auf der Straße sowie Siege bei internati

17.11.2025Lipowitz will nicht zum Giro und hofft auf Tour-Doppelspitze

(rsn) – Mit Blick auf ihre Meriten bei der Tour de France befinden sich Florian Lipowitz und Remco Evenepoel in ähnlichen Sphären. Doch was ihren Charakter angeht, könnte das Duo, das im Sommer n

17.11.2025Nach Platz 1 und 3 im Prolog gibt´s schon den ersten Ruhetag

(rsn) - Robert Müller ist wieder auf Achse. Wer seine Berichte aus den unterschiedlichsten Ecken der Radsport-Welt – von Südamerika bis Asien – kennt, weiß: Wenn "Radbert" unterwegs ist, wird e

17.11.2025ASO spricht sich gegen Ticket-Einnahmen aus

(rsn) – In der Debatte um die zukünftige Finanzierung des Radsports hat die Großmacht ASO, die neben der Tour de France weitere entscheidende Rennen im WorldTour-Kalender und den ebenen darunter o

17.11.2025Road Captain will auch “persönliche Freiheiten“

(rsn) – Von den noch aktiven Profis ist Kim Heiduk der letzte Deutsche, der aus einem einheimischen KT-Team, nämlich Lotto – Kern Haus, den Wechsel ins Lager der Berufsradfahrer geschafft hat. Ei

17.11.2025Ferrand-Prévot plant zwei Saisonhöhepunkte

(rsn) – Mit dem Tour-de-France-Sieg in der Tasche und einer Knöchel-OP, die noch ein paar Wochen Pause mit sich bringen wird, geht Pauline Ferrand-Prévot in den Winter und ins neue Jahr. Und damit

17.11.2025Chancen genutzt, doch für den Sieg hat es nicht gereicht

(rsn) – Vor seinem letzten U23-Jahr entschied sich der junge Österreicher Sebastian Putz für einen Wechsel. Er schloss sich dem Team Red Bull - Bora – hansgrohe Rookies an, um sich dort für zuk

17.11.2025Prag buhlt um den Grand Depart

(rsn) – Die Liste an kommenden potenziellen Tour-Starts in den kommenden Jahren wird immer länger. Auch Tschechien hat sich jetzt mit Prag in Stellung gebracht und ASO-Chef Christian Prudhomme bei

16.11.2025Kein Highlight, aber einige Male nah dran am Sieg

(rsn) – Die erste Saison, in der sich Alexandre Balmer (Solution Tech – Vini Fantini) komplett auf die Straße fokussierte, begann für den 25-Jährigen denkbar unglücklich. Bei der Trofeo Laigue

16.11.2025Oertzen fährt bei Garneks Überraschungssieg nächstes Podium ein

(rsn) – Einen Tag nach seinem zweiten Platz in Owocowy Przelaj (C2) hat Max Heiner Oertzen (Radsport Nagel) in Wladyslawowo-Cetniewo (C2) den nächsten Podiumplatz eingefahren. Beim Überraschungser

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)