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23.01.2008 | Jörg Jaksche denkt über sein Leben und die Radsport-Welt nach. Im zweiten Teil des Gesprächs mit Christian Harth in Kitzbühel spricht er über seine Profi- und ehemaligen Team-Kollegen Jan Ullrich, Jens Voigt, Markus Fothen und andere.
Jens Voigt (Ex-Teamkollege, Sieger der Deutschland-Tour 2006/2007)
“Es geht mir nicht darum, über andere Radfahrer zu reden. Aber bei Jens Voigt muss ich eine große Ausnahme machen. Ich persönlich hatte mit Jens eigentlich nie ein Problem, ich habe ihn immer als ehrliche Haut eingeschätzt. Aber ich war beim Team CSC, ich weiß was dort passiert ist. Ich weiß, was in den Jahren passiert ist, als Epo nicht nachweisbar war. Und ich kenne auch die Unterhaltung, die ich bei der ‚Skandal-Tour’ 1998 mit ihm hatte - als er mich fragte „Was macht ihr denn mit eurem Zeugs, verbuddelt ihr’s? Wir (beim französischen Team GAN, Anm. d. Red.) haben überlegt, es zu verbuddeln.“ Insofern denke ich, dass er in sich gehen sollte, sich Gedanken über seine eigene Vergangenheit machen sollte. Und sich dann gut überlegen, ob er noch einmal dazu aufruft, einen Ivan Basso auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Da ich die Wahrheit kenne, ist Jens Voigt für mich menschlich ganz einfach inakzeptabel.“
Bjarne Riis (Ex-Profi-Kollege und Arbeitgeber Jaksches beim Team CSC)
“Im Großen und Ganzen war er in Ordnung. Einst feierte er Ivan Basso genau so wie jetzt sein angeblich weltbestes Anti-Doping-System. Als es gut lief, da war Basso wie ein Sohn für ihn, mit dem er angab, mehr Zeit zu verbringen als mit seiner Freundin. Als dann die ersten Sachen raus kamen, da waren sie plötzlich die ganze Zeit nur äußerst sporadisch in Kontakt. Ich hoffe, er lässt sein Anti-Doping-System irgendwann nicht ebenso - wie eine heiße Kartoffel - fallen.“
Jesus Manzano (Ex-Profi packte 2004 über Fuentes’ Blutdoping aus)
„Brauchst du eine Schlagzeile, nimmst du Manzano! Klar, es ist gut was er macht, aber er hilft der ganzen Anti-Doping-Diskussion insofern nicht weiter, weil er teilweise realitätsfremd argumentiert. In zehn Profijahren habe ich beispielsweise nie davon gehört, dass Kollegen nachts auf dem Hotelflur auf und ab gelaufen wären, weil ihr Blut zu dick war. Das ist eine Legende der 90er-Jahre, aber da war Manzano noch lange kein Profi! Sollte es bei Kelme in den Jahren danach noch so zugegangen sein, dann haben sie viel Risiko genommen. Manzano war in Radfahrerkreisen dafür bekannt, dass er über seine Grenzen geht. Ich persönlich wusste bei Fuentes ganz genau, was ich machen will und was nicht. Künstliches Hämoglobin aus Russland beispielsweise war tabu.“
Alberto Contador (Ex-Teamkollege, Sieger der Tour de France 2007)
„Kein Kommentar.“
Erik Zabel (Ex-Teamkollege, gestand „eine Woche“ EPO-Doping 1996)
„Hat auch etwas gemacht, was er nicht hätte machen müssen, seine Karriere hätte zu Ende sein können. Was er genau gesagt hat, ist für mich erstmal sekundär, wichtig ist, dass er es gemacht hat! Er steht dazu, er ist das Risiko eingegangen, in der Öffentlichkeit abgestempelt zu werden. Das ist ganz wichtig.“
Markus Fothen (Team Gerolsteiner, sprach sich öffentlich gegen eine Rückkehr in den Radsport von Jaksche und Sinkewitz aus)
„Da zitiere ich frei nach Dieter Nuhr: Einfach mal Fresse halten.“
Davide Rebellin (ehemaliger Teamkollege, Radprofi Team Gerolsteiner)
„Mit ihm persönlich habe ich kein Problem. Was bei ihm war oder nicht war, das weiß er selbst. Ich habe nur ein Problem mit Leuten wie Voigt oder Fothen und deren deutschen Einstellung à la ‚Bei mir ist ja fast nix passiert, also haue ich den Anderen mal eine rein, damit ich kurz vor Weihnachten noch mal in der Zeitung stehe."
Sebastian Lang (Radprofi Team Gerolsteiner)
„Er soll einfach mal bei sich in der Mannschaft schauen – sozusagen vor der eigenen Haustüre kehren.“
Daniel Becke (Radprofi Thüringer Energie, der in einer Petition an den Deutschen Bundestag ein Anti-Doping-Gesetz forderte)
„Daniel hat sicherlich Recht. Hätte ich, als ich 1997 Radprofi wurde, keine Medikamente genommen, dann hätte ich meinen Beruf nicht ausüben können. Ich weiß nur nicht, wie weit er mit seiner Petition gekommen ist. Es wäre sehr gut, wenn es ein Gesetz gegen Sportbetrug gäbe, dann hätte der Gesetzgeber eine ganz andere Handhabe. Ich gehe so weit zu sagen: Ich sehe nicht den Unterschied zwischen Doping und dem Schinden einer Schwalbe im Fußball. Klar, bei Doping gibt es Hintermänner, da ist ein ganz anderes Arsenal dahinter. Aber in der Quintessenz liegt beiden Fällen die Absicht zugrunde, sich unlauter einen sportlichen Vorteil zu verschaffen!“
Patrik Sinkewitz (Kronzeuge, wegen Doping bis Juli gesperrt)
„Er ist ähnlich wie ich im Radsport-Milieu aufgewachsen, seine Geschichte hat er recht gut dargelegt. Eben weil er diesem Milieu entstammt, hat er Bob Stapleton nicht abgenommen, dass dieser es wirklich ernst mit seinem neuen Anti-Doping-System meint. In der Vergangenheit lief es immer nach dem Schema: ‚Wir erzählen denen mal was Schönes, aber wenn du keine Leistung bringst, dann wirst du abgesägt!’ Er dachte wohl, dass es wieder einmal nur eine Inszenierung für außen sei. Das ist sein größter, eigentlich sein einziger Fehler. Patrik Sinkewitz ist nicht dafür verantwortlich zu machen, dass der Radsport, vor allem in Deutschland, im Sumpf steckt. Keineswegs! “
Jan Ullrich (Ex-elekom-Teamkollege, erster deutscher Tour-Sieger)
„Das Doping-Problem wird an Ulle festgemacht. Was er getan oder nicht getan hat, ist nicht an mir zu sagen - ich bin nicht der Richter über Jan Ullrich. Ich denke dass es ein Problem der Medien allgemein ist, dass sie ihn als den großen Betrüger darstellen.“
Ivan Basso (ehemaliger CSC-Teamkollege, Fuentes-Kunde)
„Ivan Basso, ich und noch einige andere, inklusive Manolo Saiz, wir bezahlen auch für sehr viele Leute. Für Leute, die die Fahrer zu Fuentes gebracht haben, die verlangt haben, dass die Fahrer zu Fuentes gehen. Die von der ersten Stunde an mit ihm zusammen gearbeitet haben – denen ist bisher nichts passiert. Basso hätte ebenso wie ich nichts zugeben müssen; DNA-Tests können in Italien erst erzwungen werden bei Vergehen, die mehr als drei Jahre Haft bedeuten würden.“
Floyd Landis (ehemaliger Profikollege, zeitweiliger Erster der Tour de France 2006, Verfahren wegen Testosteron-Doping läuft nach wie vor)
“Sein Fall ist grundsätzlich erstmal eigenartig. Ich habe mich da ein bisschen reingelesen. Scheinbar ist es so, dass sein Fall in anderen Labors negativ ausgefallen wäre. Das Problem ist folgendes, um mit Professor Franke zu sprechen: Sie glauben ja wohl nicht, dass die wissenschaftliche Elite bei anderen Leuten im Urin rumstochert! Selbst Frankes Assistenten kriegen das Grausen, wenn sie sehen, wie in anderen Labors gearbeitet wird. Es geht um die Existenz eines Athleten, und man hat es unter Umständen mit Stümpern zu tun. Mein Urin sollte am besten immer nur in Köln oder Kreischa analysiert werden! Hätten sie Landis dagegen auf etwas anderes getestet; Bluttransfusion oder ähnliches … Es gibt mindestens zwanzig andere Mittel, die den gleichen Effekt haben und nicht nachweisbar sind – aber Testosteron?! Deswegen glaube ich, dass irgendetwas nicht stimmen kann.“
Alexander Winokurow (ehemaliger Teamkollege, der meinte, Jaksche hätte vieles Erfunden, weil er vom ‚Spiegel’ viel Geld bekommen habe)
“Wino war mir gegenüber sehr barsch, aber er wurde sehr schnell von seiner Vergangenheit eingeholt. Mit aller Macht wollte er die Tour gewinnen und ist letztendlich daran gescheitert."
Was sagen Sie einem ungedopten Fahrer, der gegen Sie nie gewinnen konnte, weil Sie dopten?
„Ich habe meine eigene Geschichte erzählt. Über andere kann ich nicht sprechen, weil ich einfach nicht weiß, ob es stimmt oder nicht. Grundsätzlich ist es so, dass wir irgendwann mal an einen Punkt kommen müssen, an dem wir sagen: ‚Okay, alles was in der Vergangenheit war, ist vergessen! Wir fangen alle bei Null an.’ Sonst kommen wir im Radsport nicht weiter. Dafür bedarf es klarer Worte von denen, die im Radsport herrschen. Mit einem Schlingerkurs kommen wir nicht mehr weiter. Wir sehen ja, was in Deutschland passiert!“
Der dritte und letzte Teil folgt Donnerstag
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