Gelingt die Aufholjagd?

Ullrich will den Coup gegen Armstrong

Von Pit Weber

16.07.2005  |  Die Tour de France strebt der Entscheidung entgegen. Die beiden Tage in den Berge versprechen eine atemlose Dramatik.

Jan Ullrich will endlich zeigen, dass er in guter Form an den Start gegangen ist. Ein Sturz vor dem Einzelzeitfahren am ersten Tag und einer vor den Alpen haben seine wahre Leistungsfähigkeit bisher überdeckt. Hätte er wirklich Armstrong gefährden können? Die Blutergüsse am Oberkörper vom Sturz in der letzten Woche sind fast nicht mehr zu sehen. „Jan wird aber noch Einschränkungen haben“, glaubt T-Mobile-Arzt Dr. Lothar Heinrich. Schafft Ullrich es trotzdem, den Abstand zum sechsmaligen Toursieger zu verkürzen?

Auch Ullrichs Team-Kollege Alexander Winokurow hat noch nicht fertig. Sein schwerer Einbruch auf der Fahrt nach Courchevel raubte ihm alle Chancen auf den Gesamtsieg. Mit dem Erfolg am folgenden Tag in Briancon bewies der Kasache, was er wirklich drauf hat. Im Zusammenspiel mit Andreas Klöden plant T-Mobile den großen Angriff. „Wir sind mit dem jetzigen Ergebnis noch nicht zufrieden“, kündigt der kommende Team-Chef Olaf Ludwig Attacken an.

Nicht nur T-Mobile versucht, in die Offensive zu gehen.

Mickael "Chicken“ Rasmussen schickt sich an, Armstrong zu rupfen. "Ich bin zurzeit der einzige echte Herausforderer. Ich werde in den Pyrenäen versuchen, ihn anzugreifen", sagt der 1,75 m große und nur 58 kg schwere Bergkönig. Der Däne vom niederländischen Rabobank-Team liegt als Zweiter im Gesamtklassement nur 38 Sekunden hinter dem Spitzenreiter aus den USA. Gerade die steilen Berge in den Pyrenäen kommen seinem explosiven Fahrstil entgegen.

Auf den kommenden Pässe kann er sich austoben. Sie sind an Höchstschwierigkeiten kaum zu überbieten und sehr viel schwerer als diejenigen, die in den Alpen zu bewältigen waren. Zwölf Berge mit einer Gesamthöhe von 13 974 Metern liegen an den beiden kommenden Tagen vor den Fahrer. Die härtesten Anstiege sind durchschnittlich zwischen 6,9 und 8,4 Prozent steil. Heute geht es ungefähr 100 Kilometer bergauf, morgen rund 120 von 205 Kilometern. „Die Etappe nach St. Lary Soulan am Sonntag ist die Königsetappe dieser Tour“, sagt Spitzenreiter Lance Armstrong.

In den heimischen Bergen wird auch der bisher enttäuschende Spanier Roberto Heras seine Chance suchen. Auch Ivan Basso ist noch seine wahre Klasse schuldig. Seinem Team-Chef Bjarne Riis wird bestimmt noch der eine oder andere Schachzug einfallen.

Gibt es den Zusammenschluss aller Geger gegen Armstrong, die Radsport aktiv-Kolumnist Heiko Salzwedel fordert, die Allianz der Enttäuschten?

Lance Armstrong scheint wieder unbesiegbar. „Ich hoffe, ich kann in den Pyrenäen mithalten. Ich glaube aber schon, dass es mir gelingen wird“, kokettiert des Chef des Discovery Channels mit einer Niederlage. Wie in allen Jahren zuvor überließ er nichts dem Zufall. Sogar auf die zu erwartende Hitze von über 35 Grad hat er sich extra vorbereitet. „Der Fehler von 2003 passiert mir nicht noch mal“, verspricht der US-Star, der beim superheißen Zeitfahren 2003 in Cap Decouverte eine empfindliche Niederlage gegen Ullrich einstecken musste. Armstrong: „Ich habe das trainiert und werde bestimmt mehr trinken!“

Kann er am Sonntag schon den Champagner für den siebten Sieg in Folge kosten?

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