RSNplus“Zum Glück ist denen das bewusster als uns“

Zum Siegen verdammt? Was sich durch Red Bull ändert

Von Sebastian Lindner

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Seit der Tour de France 2024 ist Red Bull auf dem Trikot zu sehen. Doch das Gros der Neuerungen wird sich erst in Zukunft wirklich bemerkbar machen. | Foto: Cor Vos

30.12.2024  |  (rsn) – “Red Bull verleiht Flügel – aber die müssen auch erst wachsen.“ So hatte es Rolf Aldag Mitte Dezember gegenüber RSN ausgedrückt, als er darüber sprach, wie groß der Einfluss des neuen Hauptsponsors von Red Bull – Bora – hansgrohe denn bereits sei. Seit der Tour de France 2024 ist der österreichische Getränkehersteller sichtbar mit Deutschlands einzigem WorldTeam verbunden, fix ist der Deal schon ein paar Monate länger. Doch die echten Auswirkungen machen sich erst jetzt so langsam bemerkbar.

Ein Punkt, an dem sich der Einstieg von Red Bull richtig deutlich ablesen lasse, ist das Personal. Die Spitzenkräfte und Experten in allen Bereichen, die neu zum Staff gestoßen sind, sind dabei aber nur die Spitze des Eisbergs. “Wenn ich an unser erstes Teammeeting in diesem Jahr im Oktober zurückdenke, waren da 155 Leute dabei“, so Aldag, der gleich noch den Vergleich zum Vorjahr lieferte: “Das waren ungefähr 30 Prozent mehr als im Jahr davor.“ ___STEADY_PAYWALL___

Änderungen nicht von heute auf morgen spürbar

Weniger offensichtlich, aber dennoch nicht von der Hand zu weisen, ist auch das Wachstum im Budget. Dem Vernehmen nach hat das Team durch Red Bull zum Krösus des Radsports, dem UAE Team Emirates, aufgeschlossen, demnach stehen nun rund 55 Millionen Euro zur Verfügung. Zahlen wollte Teamchef Ralph Denk nicht kommentieren. Dennoch sagte er: “Natürlich ist jetzt mehr Geld am Spiel, aber das macht es nicht zwingend einfacher. In erster Linie bedeutet das mehr Druck.“

Druck einerseits von innen – und Erwartungen von außen. “Es wird immer an einen herangetragen: Mit dem Logo kommt der Erfolg“, so Aldag. Er könne auch nicht von der Hand weisen, dass im Grunde alles, was Red Bull im Sport anpacke, eher mehr als weniger von Erfolg gekrönt sei. “Aber im Fußball haben sie bisher auch noch nicht die Champions League gewonnen. Und Weltmeister in der Formel 1 waren sie auch nicht gleich im ersten Jahr.“

Was Aldag meint: “Es braucht Zeit. Auch 2025 wird noch nicht alles smooth und easygoing. Die Integrationen und die Umstellungen brauchen Zeit. Es geht nicht von null auf hundert, weil man damit Strukturen und Menschen überladen würde.“ Konkret bezieht sich Aldag dabei vor allem auch auf die technischen Aspekte der Zusammenarbeit. “Es gibt Überlappungen mit der Formel 1 oder Segeln. Jetzt fangen wir langsam an, zu schauen, was die anderen machen. Wir haben jetzt einen Ingenieur, das gab es hier vorher so nicht. Der muss sich jetzt mit denen aus den anderen Sportarten vernetzen und dann gucken, was wir aus den anderen Sportarten lernen können. Und andersherum.“ Red Bull Advanced Technologies, das High-Tech-Entwicklungszentrum des Konzerns, gilt hier als Schlüssel. Für die motorsportlastige Technologieschmiede sind Fahrräder aber auch kein Neuland. Seit 2018 arbeitete Red Bull mit BMC zusammen, um 2022 ein Aero-Rad auf den Markt zu bringen.

Noch mehr Zusammenarbeit mit Athlete Performance Center

Wo in Sachen Technologie nicht sofort Erfolge erzielt werden können, dürfte auf Verwaltungsseite schneller mit Änderungen zu rechnen sein. “Wir haben jetzt Konzernanschluss, was es für mich als CEO mittelfristig einfacher machen wird“, so Denk. So gebe es nun einen Finanzmanager, eine Personalabteilung und auch ein Rechtswesen, die allesamt über Red Bull laufen. “Das sind alles Sachen, die ich nach Feierabend mitgemacht habe. In der Umstellungsphase macht das sicher etwas mehr Arbeit, aber langfristig wird es eine Erleichterung für mich, damit ich mich dann wirklich um die übergeordneten Sachen kümmern kann.“

Dann wäre da noch die sportliche Seite. Die lässt sich aus Red-Bull-Sicht über Neuverpflichtungen steuern – aber auch über das Training. Und das noch viel direkter. In erster Linie über das Athlete Performance Center (APC) in Thalgau bei Salzburg, den “Goldstandard unter den Sportinstituten“, wie es Denk ausdrückte. Auch bisher gab es lose Verbindungen zwischen dem Radteam und dem APC, die sich nun aber weiter intensivieren werden. “Wir gehen dahin, machen Tests, analysieren, hinterfragen und diskutieren. Aber die Leute von dort kommen auch zum Team. Die haben sehr viel Expertise“, so Denk.

Aldag: “Die Erwartungen zu managen ist brutal schwer für uns“

Was für Denk die Arbeit mit dem neuen Großsponsor, der sich in das Team eingekauft hat, bisher angenehm macht: “Sie bieten sich an und drängen sich nicht auf. Sie wollen eher helfen. Das ist sehr schön bis jetzt.“ Vom allem in den Punkten Mental Performance und Ernährung, die Denk für entscheidend bei der Entwicklung der Mannschaft erklärt hatte, sei das erkennbar. “Da funktioniert es nach dem Motto: Wollt ihr das? Seid ehrlich. Wenn es hilft, dann bekommt ihr es. Und wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm.“

Geld, Knowhow und Strukturen sind aber allesamt letztlich noch keine Erfolgsgaranten. Allein schon, weil sich Erfolg, zumindest im Sport, wo Menschen im Spiel sind, nicht garantieren lässt. Das weiß vor allem Aldag, der selbst lange Jahre Profi war. Im Team Telekom, das seinerzeit einer der Big Player war, was die Finanzen im Radsport anging. Doch trotz Geld und “Jahrhunderttalent“ Jan Ullrich blieben Grand-Tour-Siege in Serie aus.

Nun steckt Aldag in anderer Rolle in einer ähnlichen Situation. “Die Erwartungen zu managen ist brutal schwer für uns.“ Dabei geht es sowohl um eigene als auch die von außen. “Es lässt sich zwar einfach sagen, wir haben jetzt Red Bull und gewinnen alles. Aber die Umsetzung ist ein anderes Ding. Zum Glück ist das Red Bull bewusster als uns.“

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