Paris-Brüssel: Ausreißer blieben vor dem Feld

Van der Hoorn gewinnt mit Riesenmühle

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Van der Hoorn gewinnt mit Riesenmühle"
Taco van der Hoorn (Intermarché – Wanty – Gobert) war der Stärkste der Ausreißer. | Foto: Cor Vos

05.06.2022  |  Ausreißerkönig Taco van der Hoorn (Intermarché – Wanty – Gobert) hat bei der 102. Austragung von Paris – Brüssel (1.Pro) erneut zugeschlagen. Nach 203 Kilometern war er auf der ansteigenden Zielgerade schneller als Thimo Willems (Minerva) und Tobias Bayer (Alpecin – Fenix). Das Feld kam 23 Sekunden zu spät und konnte nur noch um Platz neun sprinten.

Letzte Saison sicherte sich van der Hoorn als Ausreißer je eine Etappe im Giro d’Italia und bei der Benelux Tour. Heuer feierte er seinen ersten Saisonsieg, um den er hart kämpfen musste. “Zu Beginn fühlte ich mich noch ganz gut, aber das änderte sich schnell“, gab er im Zielinterview zu. “Der Funk hat nicht funktioniert. Ich wollte meinem Team mitteilen, dass sie es hinten probieren sollen“, erzählte er weiter. Doch als er Kontakt mit seiner Mannschaftsleitung bekam, folgte die Ernüchterung: “Meine Teamkollegen fühlten sich auch nicht super, also musste ich es doch selbst machen.“

So ging er mit noch sieben Begleitern und schlechten Beinen auf den letzten Kilometer. “‘Alles oder nichts‘, lautete meine Devise. Die letzte Kurve habe ich voll genommen und ich hoffte die Anderen würden vorsichtiger sein. Das war auch so und so haben wir ein Loch gerissen“, sagte der Niederländer, der sich auf regennasser Fahrbahn mit Bayer etwas absetzte und daraufhin voll durchzog.

Von hinten schaffte nur noch Willems den Sprung zum Duo. Der attackierte direkt und konnte sich auf der ansteigenden Zielgerade etwas absetzen. Bayer, hinter dem der Sieger saß, konnte die Lücke nicht schließen. Darum musste van der Hoorn selbst ansetzen. Und das tat er mit einer riesigen Übersetzung. “Ich habe mich gequält, ich musste von weit hinten kommen. Es war schwer, denn Thimo war schnell“, blickte er zurück. Natürlich wurde er auch auf die für ihn typische, enorme Mühle angesprochen. “Ich fahre immer große Gänge. Das ist nicht für jeden gut, aber bei mir funktioniert es“, antwortete der 28-Jährige.

Die Überraschung unter den Ausreißern war Willems, der den Sieg nur knapp verfehlte. “Thimo war stark, letztes Jahr bei der BinckBank waren wir auch zusammen in einer Gruppe, da war er deutlich schwächer“, zeigte sich van der Hoorn beeindruckt. Der Tageszweite war 2021 noch Profi bei Sport Vlaanderen, wo er für diese Saison keinen neuen Vertrag bekam. “Ich habe diesen Winter lange gezweifelt, ob ich überhaupt weiter mache“, so der 26-Jährige, der letztendlich einen Vertrag bei einem Drittligisten unterzeichnete. “Bei Minerva läuft es jetzt sehr gut und ich hoffe nochmal den Schritt zu den Profis machen zu können.

Vor drei Wochen hatte der Bahnspezialist bereits eines der wichtigsten Kirmesrennen in Belgien gewonnen. Dieser Erfolg sollte den Blaudruck für das Finale am Sonntag liefern. “Den GP Vermarc habe ich auf die gleiche Art und Weise gewonnen. Ich habe mich nicht getraut umzugucken. Aber ich habe gespürt, dass Taco kommt“, blickte er zurück.

Danny van Poppel war der einzige Bora-Fahrer im stark dezimierten Hauptfeld. Deutsche Fahrer hatten den Sprung dorthin nicht geschafft. Kim Heiduk (Ineos Grenadiers) stürzte in diesem Peloton liegend im Finale und schied verletzt aus. Bester Deutscher wurde Luis-Joe Lührs (Bora – hansgrohe) auf Position 58.

So lief das Rennen:

Zehn Ausreißer um Tobias Bayer (Alpecin – Fenix), Taco van der Hoorn (Intermarché – Wanty – Gobert), Arjen Livyns (Bingoal – Pauwels Sauzen), Jelle Walleys (Cofidis) und Rune Herregodts (Sport Vlaanderen – Baloise) suchten nach 17 Kilometern ihr Heil in der Flucht. Bei regnerischem Wetter bekamen sie maximal 8:40 Minuten Vorsprung vom Feld.

Mit noch 85 zu fahrenden Kilometern hatte das Peloton seinen Rückstand bei der ersten Passage an der Muur van Geraardsbergen auf 6:20 Minuten reduziert. Auf nassem Kopfsteinpflaster rutschte Loic Vliegen (Intermarché – Wanty – Gobert) kurz vor dem steilsten Stück das Vorderrad weg. Er stürzte an dritter Position liegend und versperrte den hinter ihm fahrenden Athleten so den Weg.

Mehrere Fahrer setzten sich ab, nach dem Bosberg schlossen sich aber rund 60 von ihnen wieder zusammen, sodass die geordnete Verfolgung fortgesetzt werden konnte. Zwanzig Kilometer nach der ersten Überquerung, stand die zweite Passage der Muur auf dem Programm. Kurz davor sorgte allerdings ein erneuter Sturz in Geraardsbergern für Probleme im Feld. Rund zehn Fahrer blieben liegen, während der Rest den Anstieg in Angriff nahm.

Tim Wellens (Lotto Soudal) und Magnus Sheffield (Ineos Grenadiers) setzten sich dort ab und bekamen kurz vor dem Bosberg Verstärkung von Florian Vermeersch (Lotto Soudal), Ben Turner (Ineos Grenadiers), Michael Matthews (BikeExchange – Jayco), Piet Allegaert, Axel Zingle (beide Cofidis) und Gianni Vermeersch (Alpecin – Fenix). 50 Kilometer vor dem Ziel hatte dieses Oktett zwei Minuten Rückstand auf die Spitzenreiter.

Mit noch 35 zu fahrenden Kilometern schloss ein rund 35-köpfiges Feld unter Leitung von Arkea – Samsic die Lücke zu den acht Verfolgern. Nach einer Phase von Uneinigkeit, in der der Rückstand dieses Pelotons wieder um 20 Sekunden auf 1:55 Minuten anstieg, übernahm Lotto Soudal die Verantwortung. 20 Kilometer vor dem Ziel hatten die Belgier ihren Rückstand auf eine Minuten reduziert.

Als die Ausreißer – an die Axel Laurance (B&B Hotels – KTM) und Jelle Wallays (Cofidis) den Anschluss verloren hatten - auf den nächsten zehn Kilometer nur zehn Sekunden einbüßten, wurde deutlich, dass sie den Sieg unter sich ausmachen würden. Im letzten Kilometer attackierte van der Hoorn. Bayer zog mit und auch Willems schloss wenige Meter später auf und griff sofort an. Bayer konnte nicht folgen und van der Hoorn reagierte spät, wodurch er auf den letzten ansteigenden Metern mit einer Riesenmühle zum Belgier und an ihm vorbeifuhr.

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