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RSNplusFür Roubaix bleibt Top 10 aber das Ziel

Politt vor Ronde: “Vorne mitzufahren ist eigentlich unmöglich“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Politt vor Ronde: “Vorne mitzufahren ist eigentlich unmöglich“"
Nils Politt (Bora - hansgrohe) blickt wenig hoffnungsvoll auf die Flandern-Rundfahrt voraus. | Foto: Cor Vos

30.03.2022  |  (rsn) – Bei Nils Politt ist in dieser Saison bislang – wie bei so vielen Anderen auch – krankheitsbedingt der Wurm drin. Eigentlich steckt der 28-Jährige gerade in der wichtigsten Phase seiner Saison und nach dem Abschied von Peter Sagan sollte er bei Bora – hansgrohe für die Frühjahrsklassiker die imaginäre Kapitänsbinde am Arm tragen. Doch fünf Tage vor der Flandern-Rundfahrt erklärte er im Telefonat mit radsport-news.com am Dienstag:

"Wenn es am Sonntag besser laufen sollte als in Wevelgem, dann überrasche ich mich selbst. Ich denke, dass mir De Panne, E3 und Wevelgem schon auch gutgetan haben, aber ganz vorne mitzufahren, das ist eigentlich unmöglich."

Der Ronde-Fünfte und Roubaix-Zweite von 2019 war in den vergangenen zwei Monaten genauso viel krank wie gesund – etwas überspitzt ausgedrückt. "Ohne Algarve-Rundfahrt und mit nur einem halben Paris-Nizza sowie nur einer ordentlichen Trainingswoche, ansonsten ohne Intensitäten – das war meine Vorbereitung auf die Klassiker." So fasste Politt die Monate Februar und März rückblickend mit der nötigen Portion Galgenhumor zusammen.

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Dabei war der Kölner eigentlich gut durch die Saisonpause gekommen und machte schon bei der Mallorca Challenge Ende Januar einen starken Eindruck. "Ich war sehr optimistisch", erinnerte sich Politt nun zwei Monate danach.

Bei der Mallorca Challenge - hier die Trofeo Pollenca - präsentierte sich Nils Politt (Bora - hansgrohe) stark. | Foto: Cor Vos

Dann aber streckte ihn Anfang Februar eine Bronchitis nieder. Politt bestritt zwar trotzdem am 12. und 13. Februar die spanischen Eintagesrennen in Murcia sowie Almeria und reiste danach zur Algarve-Rundfahrt weiter. Die 1. Etappe beendete er dort in Lagos am 16. Februar sogar als Achter, doch tags darauf stand Politt nicht mehr am Start.

Rückschläge an der Algarve und bei Paris-Nizza

Er kränkelte noch immer und war in der Hoffnung nach Portugal gefahren, dass es bei wärmeren Temperaturen besser werden würde. "Das war aber leider nicht der Fall und deshalb haben wir dort entschieden, das Rennen zu verlassen", so Politt. Es folgten einige Tage ohne Rad und anschließend kaum intensives Training hin zum Openingsweekend. Beim Omloop Het Nieuwsblad konnte Politt daher natürlich nicht mit den Allerbesten mitfahren, musste sich 1:30 Minuten hinter Sieger Wout Van Aert (Jumbo – Visma) mit Rang 27 begnügen.

Kein schlechter Tag auf dem Rad: Nils Politt (Bora - hansgrohe) bei der Murcia-Rundfahrt in der Offensive - nach wohl noch nicht vollständig auskurierter Bronchitis. | Foto: Cor Vos

"Danach hatte ich endlich eine gute Trainingswoche vor Paris-Nizza", schnupperte Politt Anfang März Morgenluft. Doch der nächste Dämpfer ließ nicht lange auf sich warten: Nach dem Einzelzeitfahren der 4. Etappe bekam er Fieber. "Der Körper hat mit seiner Reaktion gezeigt, dass es zu viel war. Also mussten wir wieder rausnehmen", erklärte der zweifache Vater. Anstatt eine Woche später die 300 Kilometer von Mailand-Sanremo in die Beine zu bekommen, gab es erneut eine komplette Woche nur "ganz, ganz ruhiges Training – eigentlich Spazierfahrten", so Politt, der nun im Rückblick zugeben musste:

"Wahrscheinlich kamen im Februar die Rennen etwas zu früh nach der Bronchitis. Aber das ist schwer zu sagen, und man will es sich natürlich auch als Fahrer in der Situation nicht eingestehen, weil man ja weiß, wie wichtig diese Rennen für die Klassiker sind."

Bei der Algarve-Rundfahrt wurde Politt auf der 1. Etappe Achter, trat zur 2. Etappe aber nicht mehr an. | Foto: Cor Vos

Die Vorbereitung auf seine ersten großen Saisonziele hätte für Politt also schlechter kaum sein können. Und so war es auch kein schwerer Tiefschlag in den vergangenen Tagen mehr, beim E3 Classic und bei Gent-Wevelgem nicht vorne mithalten zu können.

"Mir fehlen Rennkilometer und harte Trainingskilometer

"Es tut natürlich immer weh, abgehängt zu werden. Aber eigentlich war mir klar, dass ich nicht auf dem nötigen Level bin. Mir fehlen Rennkilometer und auch sonst harte Trainingskilometer. Das merkt man einfach und da muss ich jetzt durch. Ich schaue, dass es von Rennen zu Rennen besser wird und deshalb bin ich auch hinter dem Feld meine eigenen Rennen voll weitergefahren, um diese Härte wieder in die Beine zu bekommen", erklärte der 28-Jährige.

Sowohl beim E3 Classic als auch bei Gent-Wevelgem führte Politt seine Gruppen schließlich sogar über den Zielstrich – in Harelbeke 12:28 Minuten hinter dem Jumbo-Duo Van Aert und Christophe Laporte, in Wevelgem 9:56 Minuten hinter Sieger Biniam Girmay (Intermarché – Wanty – Gobert). Nicht nur in Sachen Rückstand auf die Spitze, sondern auch vom Körpergefühl her spürte Politt bei seinen letzten Einsätzen aber immerhin bereits einen Aufwärtstrend.

Nils Politt (Bora - hansgrohe) am vergangenen Sonntag bei Gent-Wevelgem, wo er nach einem Defekt am Kemmelberg als 79. ins Ziel kam. | Foto: Cor Vos

"Bei Gent-Wevelgem hatte ich am Kemmelberg einen Defekt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich sonst auch in der großen Gruppe dabei gewesen wäre", meinte er mit Blick auf das rund 45 Mann starke erste Feld acht Sekunden hinter Girmay, in dem von Bora – hansgrohe nur noch Jonas Koch ins Ziel kam.

Charakter von Paris-Roubaix "kommt mir aktuell sicher entgegen"

Deshalb hat Politt auch noch keinen Haken hinter die Klassikersaison gesetzt. Noch hofft der Kölner auf einen Leistungssprung in den kommenden zwei Wochen bis zum diesmal wegen französischer Wahlen um eine Woche nach hinten verschobenen Paris-Roubaix. "Da kann sich mit den harten Rennen jetzt in den Beinen noch ein bisschen was ändern", sagte er hoffnungsvoll und erläuterte:

"Vom Charakter her ist Roubaix ja etwas anders. Bei den flämischen Klassikern muss man oft tiefgehen, oft Spitzen setzen. Dagegen kann man bei Roubaix eher wie ein Traktor übers Pavé fahren, mit eher konstanterer Leistung. Das kommt mir in meiner aktuellen Situation sicher entgegen. Das, was ich im Winter an Grundlagen gelegt habe, ist ja nicht verloren", meinte er. "Deshalb ist es schon mein Ziel, da noch in die Top Ten zu fahren."

Volles Programm bis Roubaix

Auf dem Weg zur Königin der Klassiker liegen für Politt am Mittwoch Dwars door Vlaanderen, am Sonntag die Flandern-Rundfahrt und kommenden Mittwoch der Scheldeprijs sowie eine Woche danach der Pfeil von Brabant. Von den WorldTour- und ProSeries-Rennen lässt Politt auf der Suche nach Rennhärte in den kommenden drei Wochen also nur das Amstel Gold Race aus.

Und selbst wenn er im Velodrome von Roubaix dann am Ostersonntag kein goldenes Ei finden sollte, bleibt Politt optimistisch für den Rest des Jahres. Über Eschborn-Frankfurt am 1. und Rund um Köln am 22. Mai geht es für ihn in Richtung Critérium du Dauphiné und wahrscheinlich zur Tour de France, wo Politt 2021 immerhin für den einzigen deutschen Etappensieg sorgte.

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