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13.04.2020 | (rsn) - Judith Haudum ist selbstständige Sportwissenschaftlerin und Ernährungsberaterin. Am Olympiazentrum in Salzburg leitet die Österreicherin die Ernährungsbetreuung. Im Radsport arbeitet sie mit Fahrern und Fahrerinnen von World Tour / Women‘s World Tour und Pro Continental-Teams. Zuvor begleitete Haudum als Head of Nutrition das BMC-Racing-Team auf der World-Tour. Zudem lehrt sie an der Universität Salzburg sowie an der Fachhochschule in Bern.
Gestern veröffentlichten wir Teil 1 unseres Interviews mit ihr, hier kommt nun Teil 2:
Welche Rolle spielt in diesen Tagen der Punkt Motivation?
Haudum: Das ist ganz unterschiedlich. Ein von mir betreuter Fahrer hatte die Klassiker, den Giro und die Olympischen Spiele als Saisonhöhepunkte. Für den sind alle Ziele jetzt weggebrochen. Dann ist es sehr schwierig, sich neu zu motivieren. In Sachen Ernährung ist es wichtig, sich jetzt kleine Zwischenziele zu setzen, die nichts mit Rennen zu tun haben - etwa, wenn ein Fahrer Probleme mit bestimmten Lebensmitteln hat, die er nicht so gut verdaut. Dann können wir beispielweise sagen: Wir probieren jetzt mal statt Kichererbsen Bohnen aus. Oder man kann neue Rezepte oder neue Erholungsstrategien ausprobieren. Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse in der Sporternährung, die man jetzt austesten und gleich umsetzen kann. Das alles macht jetzt auch den Trainingsalltag interessanter.
Kalorienzählen, Tracking, Low-Carb-Ansätze: Welche Tipps geben Sie Ihren Fahrern dazu?
Haudum: Kalorienzählen versuche ich, so gut es geht, zu vermeiden. Ich mache es zum Teil bei Fahrern, mit denen ich die Zusammenarbeit beginne, aber auch da versuche ich es, auf ein Minimum zu reduzieren. Für mich kann man Essen nicht auf Zahlen reduzieren. Es gibt im Radsport ja viele, die ständig Kalorien zählen und Probleme bekommen, indem sie Lebensmittel und das Thema Essen extrem instrumentalisieren. Auch das Tracking sehe ich eher problematisch, zum einen, weil es bei diesen Plattformen, auf denen man einträgt, was man gegessen hat, sehr große Unterschiede gibt und falsche Ergebnisse herauskommen, sei es von den Nährstoffen oder von Kalorien her. Andererseits verleitet es wieder dazu, das Essen “zu zählen.“
Ich hatte auch Fahrer bei mir, die Tracking ausprobiert, es aber wieder aufgegeben haben, weil sie nur noch über diese Zahlen nachgedacht haben. Dann entsteht kein natürliches Essverhalten, sondern nur ein neuer Stressfaktor. Ähnliches gilt meiner Meinung nach für Low-Carb. Wo schon (und immer) mit Zahlen gearbeitet wird, ist die Renn- und Trainingsverpflegung. Das wird ganz detailliert abgestimmt. Was, wann, wieviel.
Legen Sie denn bei Ihren Empfehlungen auch Wert auf Bio?
Haudum: Natürlich, das ist schon wichtig, aber genauso wichtig ist der Faktor “regional“. Ich empfehle Fahrern, wenn sie nach einer langen Reise nach Hause kommen, abends ganz bewusst etwas für ihre Region Typisches zu essen und das auch zu genießen.
Stimmen Sie sich dabei auch mit den Teams ab?
Haudum: Ich habe nur wenige Kontakte zu den Teams, teilweise zu den Trainern der Fahrer. Eine wichtige Abstimmung, die ich mit den Teams habe, ist die, dass ich mit den Produkten arbeite, die das Team als Rennverpflegung anbietet. Manche Rennställe handhaben das relativ strikt, es muss also das verwendet werden, was der Sponsor anbietet. Bei den anderen wird das eher locker gesehen.
Tauschen Sie sich mit anderen Ernährungsberatern aus?
Haudum: Ja, man telefoniert oder trifft sich auch bei Rennen oder bei Konferenzen und tauscht sich dabei aus. Das ist auch gut und wichtig, weil es unterschiedliche Ideen oder Erfahrungen gibt. Wir gehen da sehr kollegial miteinander um, und es bringt ja beiden Seiten auch was.
Gibt es bei Ernährungsberatern unterschiedliche Meinungen darüber, wie dieser rennfreien Zeit ernährungstechnisch am besten zu begegnen ist?
Haudum: Im Kreis der Kollegen, mit denen ich Kontakt habe, gibt es keine. Andere Ansätze gibt es aber schon. Das bekomme ich schon mit.
Gibt es derzeit einen besonderen Unterschied für Vegetarier/Veganer oder für Fahrer mit Zöliakie (eine durch Glutenunverträglichkeit verursachte Erkrankung des Magen-Darm-Trakts, d. Red.)?
Haudum: Nein. Wichtig ist derzeit nur, dass man jetzt nicht beginnt, seine Ernährung umzustellen, also etwa: Ich ernähre mich für die nächsten Wochen vegetarisch oder ich lasse alles weg, was glutenhaltig ist. So etwas kann gefährlich sein, weil ein Großteil an Energielieferanten wegfällt oder die Ernährung sehr einseitig sein kann, wenn man es nicht gewissenhaft macht. Manche meiner Fahrer versuchen in diesen ruhigeren Zeiten aber schon bewusst, auf Fleisch zu verzichten oder den Fleischanteil an der Ernährung zu reduzieren. Wir versuchen dabei grundsätzlich, eine Balance zwischen pflanzlichen und tierischen Eiweißen zu finden. Die typischen “Fleischfresser“ sind im Radsport sowieso eher selten.
Was sollte für die Ernährung der Profisportler in dieser Ausnahmesituation an oberster Stelle stehen?
Haudum: Ganz wichtig ist meiner Meinung nach jetzt eine wirklich nährstoffreiche Ernährung mit hoher Qualität. Der Körper sollte jetzt alles bekommen, was er braucht, um stark zu sein, damit auch sein Abwehrsystem gegen alle Infektionen und Krankheiten gerüstet ist. Und man sollte auch extremes Ernährungsverhalten vermeiden, weil man so den Körper zusätzlich stresst und auch schwächt. Dadurch wird man auch anfälliger für Infektionen. Jetzt gilt: Keine Experimente, damit man problemlos durch diese Zeit kommt.
Rechnen Sie denn damit, dass die Profis in dieser Saison nochmals in den Rennmodus kommen?
Haudum: Ich hoffe es. Aber man weiß ja nicht, wie sich in den einzelnen Ländern die Situation entwickelt. In Österreich oder Deutschland etwa hat man das Problem schon relativ gut in den Griff bekommen. Aber es gibt viele Länder, in denen das - noch - nicht so ist. Ich bin eigentlich ganz zuversichtlich, dass wir zumindest für den August/September wieder mit Rennen rechnen können. Aber natürlich hängt es auch von der Disziplin jedes Einzelnen ab.
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