“Hai von Messina“ siegt mit Kopie seines Coups von 2015

Nibalis Blatt fällt am Comer See bei Il Lombardia am schnellsten

Von Felix Mattis

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Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) hat zum zweiten Mal Il Lombardia gewonnen. | Foto: Cor Vos

07.10.2017  |  (rsn) - Schon auf dem Schlusskilometer konnte Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) jubeln. Ganz allein erreichte er in Como die Zielgerade auf der Lungo Lario Trento und genoss seinen zweiten Triumph beim "Rennen der fallenden Blätter", Il Lombardia. Nach 2015 gewann Nibali erneut als Solist und kopierte dabei beinahe deckungsgleich seinen Sieg von vor zwei Jahren. 28 Sekunden hinter dem "Hai von Messina" kam der Franzose Julian Alaphilippe (Quick-Step Floors) als Zweiter ins Ziel, mit 38 Sekunden Rückstand entschied Nibalis Landsmann Gianni Moscon (Sky) den Sprint einer siebenköpfigen Gruppe um Rang drei für sich.

"Mein Plan war einfach ein großes Rennen zu fahren. Ich hatte viele gute Platzierungen dieses Jahr, aber ohne den großen Sieg, den ich mir gewünscht hatte. Jetzt ein Monument zu gewinnen ist toll", freute sich Nibali, der in dieser Saison je eine Etappe beim Giro d'Italia und der Vuelta a Espana gewann, sich in der Gesamtwertung als Dritter beziehungsweise Zweiter aber jeweils hatte geschlagen geben müssen.

"Ich hatte tolle Unterstützung vom Team und war physisch jetzt am Saisonende in einer großartigen Verfassung", so Nibali weiter. "Aber jeder hat auf mich als Favorit geguckt, so dass es nicht leicht war, zu gewinnen."

Also machte sich der 32-jährige Italiener seine herausragendste Fähigkeit zunutze: das Abfahren. Wie schon 2015, als Il Lombardia das exakt selbe Finale hatte, setzte er sich in der vorletzten Abfahrt des Tages von Civiglio rund 15 Kilometer vor dem Ziel mit großer Risikobereitschaft von der Konkurrenz ab und fuhr von da an alleine dem Sieg entgegen. Thibaut Pinot (FDJ) konnte nur staunen, als ihm Nibali auf der technisch schwierigen Abfahrt vom Vorderrad wegfuhr.

Am Ende der Abfahrt hatte Nibali zwar noch keine zehn Sekunden Vorsprung auf den Franzosen, doch nun kam die starke Form des Italieners zu tragen und er konnte sich bis zum letzten Anstieg von San Fermo di Battaglia Sekunde um Sekunde weiter absetzen. Dort fiel Pinot in die nächste Verfolgergruppe zurück, auf die Nibali seinen Vorsprung konstant bei rund 40 Sekunden hielt, und so konnte dem Italiener niemand mehr gefährlich werden - auch nicht Alaphilippe, der von San Fermo di Battaglia nach Como hinunter seine sieben Begleiter abhängte und ebenfalls als Solist zu Rang zwei fuhr.

In der Anfangsphase des 247 Kilometer langen letzten Monument des Jahres von Bergamo nach Como setzte sich zunächst eine sechsköpfige Gruppe um Jacques Janse van Rensburg (Dimension Data) vom Hauptfeld ab und fuhr zwischenzeitlich bis zu zwölf Minuten Vorsprung heraus. Der begann aber zu schmelzen, als das Peloton ab dem berüchtigten Anstieg zur Madonna del Ghisallo gut 65 Kilometer vor dem Ziel richtig Fahrt aufnahm.

Nun bildeten sich Verfolgergruppen mit Mickael Cherel (Ag2r La Mondiale), Matthias Le Turnier (Cofidis), Laurens De Plus (Quick-Step Floors) und auch Zeitfahr-Vize-Weltmeister Primoz Roglic (LottoNL-Jumbo), die die ursprünglichen Ausreißer nacheinander ein- und überholten. An der gefürchteten Muro di Sormano (1,9km bei 15,8%) ließ Cherel seine Begleiter stehen und war fortan allein unterwegs, während auch De Plus und Le Turnier hinter ihm zu Solo-Verfolgern wurden.

In der Abfahrt versteuerte sich De Plus in einer Rechtskurve und prallte gegen die Leitplanke, woraufhin sein Rad hoch in die Luft und er über die Absperrung eine hohe Mauer hinunterfiel. Zunächst musste man sich große Sorgen um den 22-jährigen Belgier machen, doch sein Team gab nach bangen Minuten per Twitter Entwarnung: De Plus sei wohl nicht schwer verletzt, zu Untersuchungen aber auf dem Weg ins Krankenhaus. Auch sein Landsmann Jan Bakelants (Ag2r) kam in dieser Kurve schwer zu Fall.

Bis auf Cherel wurden in der Folge alle Ausreißer gestellt, bis am Ende der Sormano-Abfahrt Philippe Gilbert (Quick-Step Floors), Pello Bilbao (Astana) und Alessandro De Marchi (BMC) zum Franzosen nach vorne fuhren. Das Quartett erreichte 20 Kilometer vor dem Ziel den Anstieg von Civiglio (4,2km bei 9,7%) mit 30 Sekunden Vorsprung, doch weil im Feld FDJ aufs Tempo drückte, wurden alle vier bald endgültig zurückgeholt.

Im Civiglio-Anstieg begann schließlich das Rennen der Favoriten: Moscon und Sam Oomen (Sunweb) attackierten, kamen aber nicht weg, doch während Adam Yates (Orica-Scott) zwei Tage nach seinem zweiten Platz bei Mailand-Turin nun Probleme bekundete und abgehängt wurde, blies Pinot zum Angriff. Der Franzose setzte sich ab und hinter ihm attackierten Domenico Pozzovivo (Ag2r La Mondiale) sowie Nibali und Mailand-Turin-Sieger Rigoberto Uran (Cannondale-Drapac) das immer kleiner werdende Feld.

Einzig Nibali schaffte im Anstieg den Sprung nach vorne zu Pinot und stürzte sich in die winklige Abfahrt. Dort blieb Pinot zwar noch einige Zeit am Hinterrad des italienischen Abfahrtskönigs, doch nach einigen Kurven wurde die Lücke vor seinem Vorderrad immer größer und er konnte dem "Hai von Messina" nicht mehr folgen.

In Como angekommen zog Nibali alleine weiter durch, während Pinot hinter ihm an Boden verlor und sich eine erste größere Verfolgergruppe näherte. Als acht Kilometer vor Schluss der 2,7 Kilometer lange und im Schnitt 7,2 Prozent steile Anstieg von San Fermo della Battaglia begann, lag Pinot 17 Sekunden hinter Nibali und 23 Sekunden vor den Verfolgern, bei denen im Anstieg Alaphilippe attackierte und Pinot kurz vor dem Gipfel erreichte. Oben angekommen schlossen auch Moscon, Pozzovivo, Alexis Vuillermoz (Ag2r La Mondiale), Fabio Aru (Astana), Mikel Nieve (Sky) und Nairo Quintana (Movistar) zu den beiden auf, doch in der Abfahrt zum Ziel konnten sie alle nicht mehr folgen, als sich Alaphilippe aufs Oberrohr setzte und davonraste, um letztlich auf Rang zwei zu fahren.

Die Siebenergruppe sprintete zehn Sekunden nach ihm um den letzten Podestplatz. Moscon hatte dabei das bessere Ende für sich, auch wenn Vuillermoz hinter ihm gestikulierend als Vierter über den Strich rollte und sich wohl über die Fahrweise des Sky-Italieners beschwerte.

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