Giro: Guarnier nutzt Van der Breggens Schwäche

Bronzini klettert zum Sprintsieg, Lichtenberg vorne dabei

Von Felix Mattis aus San Fior

Foto zu dem Text "Bronzini klettert zum Sprintsieg, Lichtenberg vorne dabei"
Giorgia Bronzini (Wiggle-High5) war im Sprint der Spitzengruppe nicht zu bezwingen. | Foto: Cor Vos

03.07.2016  |  (rsn) - Der Unterschied zwischen italienischen Streckenprofilen und der Realität ist manchmal sehr groß. Das war die Lehre, die das Peloton beim Giro Rosa aus der 1. Etappe von Gaiarine nach San Fior gezogen hat. Was auf den ersten Blick wie eine Flachetappe aussah, entpuppte sich als erstes Kräftemessen der Favoritinnen.

Den Etappensieg aber holte sich die für Olympia aufs Bergfahren getrimmte Sprinterin Giorgia Bronzini (Wiggle-High5). "Auf den Flachetappen will ich hier kein Risiko eingehen, aber auf den hügeligeren will ich dem Nationalcoach beweisen, dass ich in Rio eine gute Karte im Ärmel bin", sagte die zweimalige Weltmeisterin aus Italien.

Bronzini gewann in San Fior nach 104 Kilometern den Sprint einer zehnköpfigen Spitzengruppe, in der bis auf Titelverteidigerin Anna Van der Breggen (Rabo-Liv) alle Kandidatinnen auf den Gesamtsieg saßen. "Ich dachte, dass es eine kleine Gruppe schaffen könnte, und so war es auch. Ich hätte etwas mehr Fahrerinnen erwartet, aber der Anstieg war härter als gedacht", erzählte Bronzini im Ziel, wo sie Megan Guarnier (Boels-Dolmans) aus den USA und die Litauerin Rasa Leleivyte (Aromitalia-Vaiano) auf die Plätze zwei und drei verdrängt hatte.

18 Kilometer vor dem Ziel hatte in Sarmede eine 1,9 Kilometer lange, steile Rampe der 2. Kategorie gewartet, die letztlich schwerer war als das Streckenprofil erahnen ließ. Dort bildete sich eine vierköpfige Spitzengruppe mit Guarnier, ihrer Teamkollegin Evelyn Stevens, der Italienerin Elisa Longo Borghini (Wiggle-High5) und der Polin Katarzyna Niewiadoma (Rabo-Liv). Bronzini kam fünf Kilometer vor dem Ziel mit einer Sechsergruppe, zu der auch die Deutsche Claudia Lichtenberg (Lotto-Soudal) gehörte, an die Kletterspezialistinnen heran und im Sprint war die zweimalige Weltmeisterin schließlich nicht zu schlagen.

Doch auch Guarnier durfte sich in San Fior freuen. An selber Stelle, wo sie im Vorjahr die 2. Etappe gewann und das Rosa Trikot überstreifte, das sie erst am vorletzten Tag im Einzelzeitfahren von Nebbiuno abgeben sollte, übernahm die 31-Jährige erneut die Gesamtführung der zehntägigen Rundfahrt. "Es war ein harter Tag, aber das Team ist toll gefahren und wir haben jetzt schon Rosa geholt", freute sie sich, bremste dann aber die Euphorie: "Wir müssen von Tag zu Tag schauen, denn es ist erneut sehr früh im Rennen."

Einen Tiefschlag musste hingegen Van der Breggen einstecken, die 41 Sekunden nach Bronzini im Hauptfeld als 13. über den Zielstrich fuhr. Hatte ihr Team Rabo-Liv beim Prolog in Gaiarine noch vier Fahrerinnen in die Top 7 gebracht, so war heute niemand mehr in der Lage, der Titelverteidigerin zu helfen, als sie an der einzigen Bergwertung des Tages in Sarmede 19 Kilometer vor dem Ziel nicht mehr mithalten konnte.

"Wir sind sehr hart in den Anstieg reingefahren und dort wurde die Selektion gemacht", erklärte Guarnier. Die 1,9 Kilometer lange, steile Rampe von Sarmede tat dem gesamten Peloton weh, und als Stevens dort attackierte, konnten nur noch Longo Borghini und Rabo-Livs "Plan B" Niewiadoma folgen. Die Polnische Meisterin war 2014 Giro-Dritte und gewann im vergangenen Jahr als Van der Breggens Edelhelferin das Weiße Trikot. Nun könnte sie zum Kapitän werden.

"Unser großer Name ist Anna, und auch wenn sie heute keinen guten Tag hatte, sind immer noch acht Etappen zu fahren. Alles kann passieren, wie man mit Nibali beim Giro gesehen hat", schob Niewiadoma einen Rollentausch von sich weg, erklärte auf genauere Nachfrage aber auch, dass sie den Kampf um Rosa annehmen werde, wenn sich der Trend fortsetzt: "Ich bin auch da, um meine Chancen zu bekommen. Wir werden in den nächsten Tagen sehen, wie sich das Rennen entwickelt."

Bei Rabo-Liv wusste man vorher, dass Niewiadoma ähnlich gute Gesamtsiegschancen wie Van der Breggen hat. Deshalb musste die Polin auch nicht auf ihre Teamkollegin warten, obwohl die im Peloton ohne Helferin war und sich auf die Arbeit der Konkurrenz von Liv-Plantur verlassen musste, die das Rosa Trikot von Prolog-Siegerin Leah Kirchmann zu verteidigen versuchten.

Nachdem Guarnier, Stevens, Longo Borghini und Niewiadoma dem Peloton im Anstieg davongefahren waren, arbeiteten an der Spitze nur noch die beiden Boels-Dolmans-Fahrerinnen. Denn wie Niewiadoma so hatte auch Longo Borghini ihre Chefin hinten - jedoch nicht im Hauptfeld, sondern in der zunächst fünfköpfigen Verfolgergruppe um Bronzini und Lichtenberg. Doch die zweimalige Giro-Siegerin Mara Abbott (Wiggle-High5) durfte sich glücklich schätzen, dass in ihrer Gruppe Einigkeit herrschte und alle zusammenarbeiteten.

"Wir wollten sie alle einholen und natürlich habe ich da nicht nur für mich, sondern auch für Mara gearbeitet, damit sie keine Zeit verliert", erklärte Bronzini. Das Quintett schloss fünf Kilometer vor dem Ziel zur Spitze auf und sofort wechselte die Rolle von Longo Borghini, die nun nicht mehr nur mitrollte, sondern von da an den Mammutanteil der Führungsarbeit verrichtete. "Sie war großartig", so Bronzini. "Ich habe sie gebeten, im Finale das Tempo zu machen, weil ich eine weitere Attacke von Boels-Dolmans fürchtete."

Das verhinderte Longo Borghini mit ihrem hohen Tempo lange, und als Stevens auf dem Schlusskilometer angriff, war Bronzini sofort am Hinterrad. Die Italienerin schien im Sprint alles unter Kontrolle zu haben und sprang von Stevens an Guarniers Hinterrad, als die 250 Meter vor dem Ziel den Sprint lancierte. Aus dem Windschatten heraus zog Bronzini schließlich auf den letzten 100 Metern vorbei und gewann souverän vor der neuen Gesamtführenden sowie der von 2012 bis 2014 wegen EPO-Dopings gesperrten Leleivyte.

Niewiadoma, Lichtenberg und Tatiana Guderzo (Hitec Products) folgten ohne Zeitverlust auf den Plätzen vier bis sechs, während Stevens, Lizzie Armitstead, Abbott und Longo Borghini ausrollend einige Sekunden einbüßten. Den Sprint des Hauptfeldes um Rang elf entschied 41 Sekunden dahinter Tiffany Cromwell (Canyon-SRAM) vor Kirchmann und Van der Breggen für sich.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.05.2024Henttala fängt in Burgos Schrempf kurz vor dem Ziel noch ab

(rsn) – Nur um wenige Meter hat Carina Schrempf (Fenix – Deceuninck) zum Auftakt der Vuelta a Burgos Feminas (2.WWT) ihren zweiten Profisieg verpasst. Die Österreichische Meisterin hatte gut zwei

15.05.2024Eine Wienerin beim Debüt im Bergtrikot: Valentina Cavallar

(rsn) - Um gerade einmal drei Punkte verpasste Valentina Cavallar (Arkea – B&B Hotels) am vergangenen Wochenende den Gewinn der Bergwertung bei der Itzulia Women (2.WWT) im Baskenland, da Demi Volle

14.05.2024Kerbaol lässt Muzic und Co. bergab stehen und siegt in Durango

(rsn) – Das deutsche Women´s WorldTeam Ceratizit – WNT hat mit der Französin Cédrine Kerbaol seinen fünften Saisonsieg eingefahren. Die 22-jährige Bretonin gewann am Dienstag das baskische Ei

12.05.2024Vollering stürmt mit 30-km-Solo am letzten Tag ins Gelbe Trikot

(rsn) – Mit einem Solo über gut 30 Kilometer hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) am letzten Tag der 3. Itzulia Women (2.WWT) ihrer Teamkollegin Mischa Bredewold das Gelbe Trikot noch abgenomme

11.05.2024Bredewold verteidigt Gelb mit Stil und holt zweiten Itzulia-Sieg

(rsn) – Mischa Bredewold (SD Worx – Protime) hat ihr auf der 1. Etappe erobertes Führungstrikot am zweiten Tag der Itzulia Women (2.WWT) nicht nur verteidigt, sondern sich nach 104 Kilometern vor

10.05.2024Bredewold baut makellose Itzulia-Serie von SD Worx aus

(rsn) – Mischa Bredewold hat ihrem Team SD Worx – Protime einen grandiosen Auftakt zur 3. Itzulia Women (2.WWT) beschert. Die Europameisterin aus den Niederländerin entschied die 1. Etappe über

09.05.2024Ludwig: “Dachte so oft, dass ich nie einen Profisieg hole“

(rsn) – Hannah Ludwig hat geschafft, woran sie selbst nicht geglaubt hat. Die 24-Jährige aus Traben-Trarbach machte am Mittwoch den Tag für ihr Team Cofidis perfekt. Nachdem kurz zuvor Benjamin Th

08.05.202424,5-Kilometer-Solo! Ludwig feiert ersten Profisieg

(rsn) – Je länger die Wartezeit, desto explosiver die Freude am großen Jubeltag: Fast zeitgleich mit dem Sieg von Teamkollege Benjamin Thomas auf der 5. Etappe des Giro d´Italia in Lucca, dem ers

07.05.2024Ab 2025 auch ein Frauenrennen Mailand-Sanremo?

(rsn) - Nach der Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix und Lüttich-Bastogne-Lüttich wird mit Mailand-Sanremo auch das vierte der fünfte Monumente künftig wohl auch mit einem Frauenrennen aufwarten kö

06.05.2024Bauernfeind beendet Vuelta besser als erwartet

(rsn) – Wer weiß, was alles möglich gewesen wäre. Wenn Ricarda Bauernfeind nicht zu Beginn der Vuelta Feminina (2.WWT) etwas gekränkelt hätte. Und wenn sie von Beginn an als Kapitänin von Cany

05.05.2024Vollering nutzt Rückenwind-Passage zum Vuelta-Triumph

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) die 10. Vuelta Femenina (2.UWT) souverän für sich entschieden. Die 27-jährige Niederländerin schüttelt

04.05.2024Rund 260.000 Euro fehlen: Tour of Scandinavia abgesagt

(rsn) – Die Women´s WorldTour-Rundfahrt Tour of Scandinavia wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Das gaben die Veranstalter des für 27. August bis 1. September geplanten Rennens am Freitag via P

Weitere Radsportnachrichten

16.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

16.05.2024Ohne Hindernisse durch die Po-Ebene

(rsn / ProCycling) – Vor etwa 15 Jahren gab es bei den großen Rundfahrten noch eine Handvoll Etappen, die kaum sehenswert waren – lange und langweilige Sprintetappen, die scheinbar kein Ende nahm

16.05.2024Algerien: Sarnowski hätte “das Ding auch holen können“

(rsn) - Tillman Sarnowski (Embrace The World) hat wie am Vortag, so auch auf der 5. Etappe der Algerien-Rundfahrt (2.2) den zweiten Rang herausgefahren. Im Sprint nach 129 Kilometern in Bouira musste

16.05.2024Van Bondt: “Unglaublich, was Julian gemacht hat“

(rsn) – Die 12. Giro-Etappe entwickelte sich zum erwarteten Tag der Ausreißer und speziell der des Julian Alaphilippe (Soudal – Quick Step). Nach einem Tagessieg bei der Vuelta a Espana sowie sec

16.05.2024Balsamo mit Gehirnerschütterung und Frakturen

(rsn) – Elisa Balsamo (Lidl – Trek) hat sich bei ihrem schweren Sturz auf der 1. Etappe der Vuelta a Burgos Feminas (2.WWT) Frakturen und eine Gehirnerschütterung zugezogen. Das gab ihr Team am A

16.05.2024Hellas: Ritzinger erst ganz hinten und dann mit Doppelschlag

(rsn) – Beim zweigeteilten Auftakt der Tour of Hellas (2.1) war Felix Ritzinger (Felt - Felbermayr) als Vierter des Einzelzeitfahrens und mit dem auf der zweiten Halbetappe hauchdünn verpassten Ber

16.05.2024Bennet bejubelt zweiten Sieg in Folge, Ackermann Fünfter

(rsn) – Mit seinem zweiten Sieg in Folge hat Sam Bennett (Decathlon – AG2R La Mondiale) seine Führung bei der 4 Tagen von Dünkirchen (2.Pro) ausgebaut. Der 33-jährige Ire entschied die 3. Etapp

16.05.2024Orlen-Bergankunft für Deutsches U23-Nationalteam zu schwer

(rsn) - Auf der schweren 2. Etappe des Orlen Nations GP /2.NC), die nach 110 Kilometern mit einer Bergankunft in Kohutka zu Ende ging, hatte die Deutsche U23-Nationalmannschaft nichts mit dem Ausgang

16.05.2024Highlight-Video der 12. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Giro-Debütant Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) hat auf der 12. Giro-Etappe triumphiert. Der 31-jährige Franzose holte sich nach 193 Kilometer von Martinsicuro nach Fano als Solis

16.05.2024Alaphilippe triumphiert nach langer Flucht als Solist in Fano

(rsn) – Einen grandiosen Comeback-Sieg feierte Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) auf der welligen 12. Etappe des Giro d’Italia zwischen Martinsicuro und Fano. Nach schwierigen Jahren mit

16.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 12. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

16.05.2024Henttala fängt in Burgos Schrempf kurz vor dem Ziel noch ab

(rsn) – Nur um wenige Meter hat Carina Schrempf (Fenix – Deceuninck) zum Auftakt der Vuelta a Burgos Feminas (2.WWT) ihren zweiten Profisieg verpasst. Die Österreichische Meisterin hatte gut zwei

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)