ETW-Tagebuch von der Tour of Egypt

Unsere Betreuer hatten alle Hände und Füße voll zu tun

Von Matthias Plattner

Foto zu dem Text "Unsere Betreuer hatten alle Hände und Füße voll zu tun"
Heiko Homrighausen (Mitte, Embrace the World) gewann die vorletzte Etappe der Ägypten-Rundfahrt | Foto: Team

26.03.2019  |  (rsn) - Guten Tag, Radsportwelt, zur zweitletzten Etappe der Ägypten-Rundfahrt. Der Morgen begann mit einem 100 Kilometer langen Transport in die Wüste. Da der Platz für die Räder inklusive ganzem Gepäck unterschätzt wurde, musste zuerst ein weiterer Kleintransporter organisiert werden. Fast pünktlich, also mit einer Stunde Verspätung, fuhr der Konvoi los zu einem Torbogen mitten in der Wüste, der von einem Generator betrieben wurde. Gute 20 Minuten später fiel bereits der Startschuss.

Meine Erkältung hatte sich nach dem gestrigen Tag eher verschlechtert, und mir war schon auf dem ersten Kilometer bange, denn die heutige Etappe führte nur südlich runter in einen Vorort von Aswan. Ich entschied mich dann doch, der Startattacke zu folgen, um die Beine für die kommenden 140 Kilometer Windkante frei zu fahren. Die Gruppe war von Anfang an zum Scheitern verurteilt und so fand ich mich relativ bald im Feld wieder. Schon kamen Erinnerungen an den gestrigen Tag hoch, als Benny und Duffi wegen den scharfkantigen Steinen am Straßenrand einen Plattfuß in Kauf nehmen mussten.

Kaum zurück, erwischte es Benny ein zweites, gar ein drittes Mal. Unsere Betreuer hatten alle Hände und Füße voll zu tun, mussten unter engsten Bedingungen im Begleitfahrzeug die Schäden beheben. Selbst das heranfahren an das Feld wurde vehement verhindert, in dem ein Fahrzeug der Offiziellen unsere Begleitwagen mit Benny im Windschatten zu einem Bremsmanöver zwangen…

Vorne wurde Tempo gebolzt. Duffi, Heiko und ich waren soweit wach, doch ich musste, limitiert durch die Erkältung, schon bald reißen lassen. So versuchte ich die anderen, ebenfalls “geplatzten“ Fahrer zur Zusammenarbeit zu animieren, um den Abstand zu halten und Boden gut zu machen. Wenige Meter später traf es auch Heiko mit einem Defekt. Die Spitze war jederzeit in Sichtweite und so sahen wir, dass Duffi in der Gruppe nicht mehr mithalten konnte. Zu ihm aufgeschlossen, wurde die Verfolgung zur Spitzengruppe nochmals neu lanciert. Und aus heiterem Himmel begrüßte mich Heiko. Unglaublich wie der junge, sympathische Typ wieder den Anschluss herstellen konnte.

Wir kamen näher an die Spitzengruppe ran, in langsamen Schritten, aber wir kamen näher. Vorne schienen sich die Teams alles andere als einig zu sein, und so waren wir plötzlich wieder im Spiel. Die Attacke kam selbstverständlich direkt beim Zusammenschluss und Heiko tat das, was zu tun war. Ein Trio plus Heiko setzte sich leicht ab. Mittlerweile flog uns der Sand quer über die Straße ins Gesicht, so stark hatte der Wind zugenommen.

In der ehemaligen Spitzengruppe, die mittlerweile wieder Verfolgergruppe genannt werden durfte, wurde probiert aufzuschließen, aber es war um den “Rennfrieden“ geschehen. Die letzten zwei Kilometer waren Horror. Wir befanden uns auf einer sechsspurigen Schnellstraße, die nicht gesichert war. Uns kamen Autos, Reisebusse, Motorräder entgegen, eigentlich alles, was auf ägyptischen Straßen unterwegs ist. Ich fuhr mit Duffi in der ersten Verfolgergruppe über die Ziellinie, während Heiko seine sehr starke Form bewies, beim letzten kurzen Anstieg attackierte und so seinen ersten UCI-Sieg feiern durfte.

Ich war froh, dass ich mich trotz merklich geschwächtem Körper irgendwie vorne durchbeißen konnte. Trotzdem war ich enttäuscht, weil ein geschwächter Körper einfach nicht das abrufen kann, wozu er fähig ist.

Morgen (Mittwoch) geht’s weiter mit der letzten Etappe, die in Aswan ausgefahren wird.

Es grüßt der Schweizer
Morgen (Mittwoch) geht’s weiter mit der letzten Etappe, die in Aswan ausgefahren wird.

Es grüßt der Schweizer
Matthias Plattner

Weitere Radsportnachrichten

04.05.2024Bénin: Zeitbonifikation kostet Bike Aid den Gesamtsieg

(rsn) - Große Enttäuschung beim Team Bike Aid zum Finale der Tour du Bénin (2.2). Der marokkanische Nationalfahrer Achraf Ed Doghmy gewann die 154 Kilometer lange Schlussetappe nach Cotonou im Spr

04.05.2024Vos vollendet auf Windkantenetappe die Vorarbeit ihres Teams

(rsn) – Marianne Vos (Jumbo – Visma) hat sich bei der 10. Vuelta Femenina ihren zweiten Tagessieg gesichert. Die 36-jährige Niederländerin entschied die 7. Etappe über 138,6 Kilometer von San E

04.05.2024Tiberi verlängert bei Bahrain Victorious

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

04.05.2024Bardet will jeden Giro-Tag wie einen Klassiker angehen

(rsn) – Romain Bardet (dsm-firmenich – PostNL) kommt in Top-Form zum 107. Giro d´Italia. Daran besteht spätestens seit seinem zweiten Platz hinter Überflieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirates)

04.05.2024Giro d`Italia: Die letzten zehn Jahre im Ãœberblick

(rsn) - Der Giro d`Italia ist traditionell die erste dreiwöchige Landesrundfahrt im Rennkalender, bei der sich immer wieder auch die Deutschen als Etappenjäger hervortaten. Im Jahr 2022 konnte das

04.05.2024Großes Vorschau-Paket: Die Strecke des Giro d´Italia 2024

(rsn) – Sechs Bergankünfte, zwei Einzelzeitfahren, toskanischer Schotter, der Mortirolo, der Stelvio und zum krönenden Abschluss zwei Mal der Monte Grappa – das ist der 107. Giro d´Italia (4. -

04.05.2024Uijtdebroeks: Jetzt muss er sich beweisen, oder doch nicht?

(rsn) – Selten dürfte der Auftritt eines jungen Belgiers bei seinem Giro-Debüt von den deutschen Fans so interessiert verfolgt werden, wie in diesem Jahr der  von Cian Uijtdebroeks. Klar, als Rem

04.05.2024Rund 260.000 Euro fehlen: Tour of Scandinavia abgesagt

(rsn) – Die Women´s WorldTour-Rundfahrt Tour of Scandinavia wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Das gaben die Veranstalter des für 27. August bis 1. September geplanten Rennens am Freitag via P

04.05.2024Alfonsina Strada: Die erste Frau beim Giro

(rsn) – Wenn am Samstag in Venaria Reale der 107. Giro d´Italia der Männer beginnt, ist das auch für den Frauen-Radsport ein wichtiger Termin. Denn noch bevor im Juli der nächste Giro der Frauen

04.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

03.05.2024Anspruchsvoller Auftakt im Piemont

(rsn / ProCycling) – 13 Jahre nach ihrer Premiere ist die Stadt Venaria Reale erneut Schauplatz des Grande Partenza. Als Ouvertüre gibt es eine anspruchsvolle Etappe, die nördlich von Turin starte

03.05.2024Geschke von 2500 Metern in Freiburg zum Giro d´Italia

(rsn) – Vor dem letzten Giro d’Italia seiner Karriere strahlt Simon Geschke viel Optimismus aus. “Meine Form ist sehr gut, ich konnte mich so gut wie noch nie auf einen Giro vorbereiten“, sagt

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)