US-Amerikanerin klettert ins Gelbe Trikot

Hall durchbricht am Lake Tahoe die Boels-Dominanz

Von Felix Mattis aus South Lake Tahoe

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Katie Hall (UnitedHealthcare / rechts) rang Olympiasiegerin Anna van der Breggen (Boels-Dolmans / links) nieder. | Foto: Cor Vos

13.05.2017  |  (rsn) - Damit hatten die Wenigsten gerechnet: Nur einen Tag nach dem Doppelsieg von Megan Guarnier und Anna van der Breggen zur Eröffnung der Kalifornien-Rundfahrt, ist die niederländische Boel-Dolmans-Mannschaft das Gelbe Trikot wieder los. Die US-Amerikanerin Katie Hall (UnitedHealthcare) entzauberte Olympiasiegerin van der Breggen und Titelverteidigerin Guarnier auf der schweren 2. Etappe über 108 Kilometer und zwei schwere Berge der 2. und 1. Kategorie, um sich neben dem Tagessieg auch die Gesamtführung zu krallen.

"Ich bin etwas überrascht", gab Hall im Ziel zu. "Ich wusste nicht, was ich hier erwarten konnte. Aber ich mag lange Anstiege und wir wollten einfach versuchen, was geht. Boels-Dolmans ist das beste Team der Welt, aber man muss es eben probieren."

Hall attackierte im 12,6 Kilometer langen und 6 Prozent steilen Anstieg zum Daggett Summit, dessen Gipfel zehn Kilometer vor dem Ziel erreicht wurde, drei Kilometer vor dem Gipfel so hart, dass Guarnier nicht mehr folgen konnte und nur van der Breggen am Hinterrad blieb. Zunächst versuchte auch Coryn Rivera (Sunweb) mitzugehen, doch die Siegerin der Flandern-Rundfahrt musste bald einsehen, dass die beiden Ketter-Asse eine Spur zu stark für sie waren.

Nach der fünf Kilometer langen Abfahrt in den Zielort South Lake Tahoe ließ van der Breggen Hall zwar stehen. Doch die US-Amerikanerin gab nicht auf und holte die Niederländerin in der 1,7 Kilometer langen und knapp 6 Prozent steilen Schlussrampe zum Heavenly Ski Resort (3. Kategorie) wieder ein. "Ich habe gedacht, dass es jetzt vielleicht vorbei ist. Aber ich hatte meine Teamkollegen per Funk im Ohr und die schrien: Go! Go! Go! Das hat mir geholfen, Anna zurückzuholen", erklärte Hall zu dem Moment, als sie zwar hinten lag, aber nicht aufgab.

Van der Breggen ging zwar mit knapp 15 Sekunden Vorsprung auf die letzten zwei Kilometer, büßte dann aber Meter um Meter ein und konnte schließlich nicht mehr folgen, als Hall 800 Meter vor dem Ziel zum Gegenangriff bließ. "Ich habe keine Ahnung, was sie vor dem Schlussanstieg gegessen hat", scherzte Van der Breggen im Ziel. "Ich habe mein Bestes gegeben, aber Katie war einfach zu stark."

Hall machte dafür auch die Höhe von rund 2.000 Metern verantwortlich, auf der die ersten zwei Etappen der Kalifornien-Rundfahrt am Lake Tahoe ausgetragen wurden. "Ich bin hier in der Höhe schon ein paar Mal gefahren und wusste nicht, wie sie damit zurechtkommt. Wenn man hier zu tief geht, kann man komplett explodieren. Und als ich sah, dass sie langsamer wird, wusste ich: Jetzt muss ich gehen", sagte sie.

Hall spurtete davon und gewann schließlich mit 20 Sekunden Vorsprung auf die Olympiasiegerin, was ihr auch das Gelbe Trikot einbrachte. Die 30-Jährige hat vor den zwei flachen Schlussetappen um die Staats-Hauptstadt Sacramento drei Sekunden Vorsprung auf van der Breggen und 29 auf Guarnier, die auf der 2. Etappe als Tagesfünfte 49 Sekunden einbüßte. Bei zwei Zwischensprints und zwei Zielankünften liegen allerdings auch noch zwei Mal drei und zwei Mal zehn Bonussekunden auf den kalifornischen Straßen. Unter Umständen könnte die Sprintstärke der beiden Klettererinnen am Wochenende also über den Gesamtsieg entscheiden. "Wir werden heute Abend besprechen, wie. Aber wir werden auf jeden Fall alles geben, um Gelb zurückzuholen", versprach van der Breggen.

Bevor Hall drei Kilometer vor dem Daggett-Gipfel zur Attacke bließ, war es lange Zeit nach Plan für Guarnier und das Boels-Dolmans-Team gelaufen. Nach einem Solo der französischen WM-Dritten der Juniorinnen von 2016, Juliette Labous (Sunweb), in der Anfangsphase, blieb das Peloton abgesehen von einigen kurzen Turbulenzen im windigen Carson Valley in Nevada weitgehend geschlossen, bis 23 Kilometer vor dem Ziel der Daggett-Anstieg begann. Dort schlug Boels-Dolmans-Helferin Karol-Ann Canuel ein hohes Tempo an, das Attacken unmöglich machte und dafür sorgte, dass das Peloton schnell auf rund 30 Frauen zusammenschrumpfte. Die Kanadierin fuhr sechs der zwölf Kilometer am Berg an der Spitze.

Als Canuel ausscherte, übernahm van der Breggen das Zepter und halbierte die Favoritengruppe schnell. Doch ihr Tempo brachte fünf Kilometer vor dem Gipfel auch Kapitänin Guarnier erstmals in Schwierigkeiten und so nahm die Niederländerin zwischenzeitlich noch einmal heraus. Halls UnitedHealthcare-Team roch nun aber seine Chance, setzte sich an die Spitze und bereitete den Angriff der 30-Jährigen vor, dem drei Kilometer vor dem Gipfel nur noch van der Breggen und Rivera folgen konnten.

Rivera musste bald abreißen lassen und van der Breggen berief sich auf die in der Verfolgergruppe sitzende Guarnier, um keinen Meter Führungsarbeit leisten zu müssen. Hall aber ließ sich davon nicht irritieren, fuhr an der Spitze bis zum Bergpreis der 1. Kategorie, was ihr auch den Gewinn in der Bergwertung der Kalifornien-Rundfahrt sicherte, und blieb dann auch noch ruhig, als van der Breggen ihr im Tal kurzzeitig davonfuhr.

In der siebenköpfigen ersten Verfolgergruppe um Guarnier schlug sich auch die Österreicherin Martina Ritter (Drops) am Daggett-Anstieg stark. Sie kam schließlich als Tageselfte 1:08 Minuten nach Hall ins Ziel und schob sich somit auf den zehnten Gesamtrang vor. Beste Deutsche war auf der Königsetappe die 19-jährige Liane Lippert (Sunweb) auf Rang 30 mit 3:50 Minuten Rückstand auf die Siegerin.

Tagesergebnis:
1. Katie Hall (UnitedHealthcare)
2. Anna van der Breggen (Boels-Dolmans) + 0:21 Minuten
3. Kristabel Doebel-Hickok (Cylance) + 0:37
4. Ruth Winder (UnitedHealthcare) + 0:37
5. Megan Guarnier (Boels-Dolmans) + 0:49
6. Arlenis Sierra (Astana) + 0:49
7. Coryn Rivera (Sunweb) + 0:49
8. Lauren Stepehens (Tibco-SVB) + 0:49
9. Tayler Wiles (UnitedHealthcare) + 0:58
10. Alena Amialiusik (Canyon-SRAM) + 1:05

Gesamtwertung:
1. Katie Hall (UnitedHealthcare)
2. Anna van der Breggen (Boels-Dolmans) + 0:03
3. Megan Guarnier (Boels-Dolmans) + 0:29
4. Kristabel Doebel-Hickok (Cylance) + 0:33
5. Ruth Winder (UnitedHealthcare) + 0:37

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