Interview mit dem Kardiologen und Sportarzt Prof. Martin Halle

"Bewegung bedeutet Jugend - Radfahren ist der Schlüssel"

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05.09.2014  |  [pd-f / GuF] Menschen werden nicht krank, weil sie älter geworden sind, sondern weil sie sich nicht genug bewegen.

„Zellen fahren gerne Fahrrad – Mit gesunden Gefäßen länger jung bleiben“, so lautet der Titel des neuen Buchs von Prof. Martin Halle (50), Ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin der TU München. Warum Fahrradfahren so gesund ist und was man dabei beachten sollte, hat Professor Halle dem "pressedienst-fahrrad" verraten.

Wir werden immer älter. Wie schaffen wir es dabei, biologisch jung zu bleiben?
Prof. Halle: Ein gesunder Lebensstil ist entscheidend: Die Kombination aus nicht Rauchen, viel Gemüse und Obst, wenig Alkohol und regelmäßigem Ausdauer-Sport senkt allein das Herzinfarkt-Risiko um 80 Prozent.

Alterungsfaktoren sind körperliche Inaktivität, Stress, Fehl-Ernährung, Übergewicht, Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes und erhöhte Blutfette. Schlechte Fitness und Rauchen sind dabei die gravierendsten Faktoren. Mehr Bewegung und ein erhöhter Energieverbrauch bringen die Verjüngungsmechanismen dagegen in Schwung: Trainierte Gefäße bleiben jung!

Sie propagieren in Ihrem Buch das Fahrrad fahren. Warum ist Radeln so gesund?
Radfahren ist das ideale Herz-Kreislauf-Training. Regelmäßiges Fahrrad fahren senkt den Blutdruck, und verringert das Herzinfarkt-Risiko. Drei- bis viermal wöchentlich 30 Minuten Radeln verlängert das Leben - in Gesundheit! - um etwa zehn Jahre.

Warum das?
Beim Radfahren pumpt das Herz zwei- bis dreimal soviel Blut durch das Gefäßsystem, und die Lunge wird mit bis zu doppelt so viel Sauerstoff durchflutet wie im Ruhezustand. Das fordert und reizt die Gefäße, sie werden mittrainiert und elastischer. Auch die Durchblutung in den kleinen Gefäßen, die jede Zelle mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgen, verbessert sich.

Gibt es weitere Effekte des Radfahrens?
Auf Dauer entstehen neue Gefäße, und die allgemeine Ausdauer verbessert sich. Mit Radfahren lässt sich auch der Rückgang an Knochenmasse und -dichte aufhalten, der etwa ab dem 25. Lebensjahr einsetzt. Auch für Cholesterin-Gefährdete lohnt dieser Ausdauersport: Das schlechte LDL-Cholesterin wird weniger, das gute HDL-Cholesterin dagegen erhöht sich – ein wichtiger Faktor gegen das Altern der Gefäße.

Zusätzlich ist Radfahren gut für die Psyche – wer regelmäßig in die Pedale tritt, ist zufriedener und ausgeglichener, auch beim Stress im Beruf. Zudem hilft Radfahren beim Abnehmen und ist gerade für Übergewichtige optimal: Etwa 75 Prozent des Körpergewichts werden durch den Sattel aufgefangen, und belasten die Gelenke an den Beinen nicht. Radeln ist daher eine perfekte Alternative zum Joggen.

Ist Radfahren auch geeignet für ältere Menschen und solche, die lange inaktiv waren?

Definitiv, denn Fahrradfahren bedeutet Mobilität mit größerem Aktionsradius. Es ist nie zu spät, um sportlich aktiv zu werden. Am besten auf dem Fahrrad. Unterstützung kann zu Beginn auch der Motor im E-Bike geben. Aber Achtung: Die Körper-Koordination muss stimmen, denn ein Sturz muss unbedingt verhindert werden.

Wie oft sollte ich Radfahren?
Um Körper und Geist langfristig jung und leistungsfähig zu halten, ist es wichtig, mehrfach pro Woche Sport zu treiben. Ausdauer-Sportarten wie Radfahren sind dafür ideal geeignet. Menschen werden nicht krank, weil sie älter geworden sind, sondern weil sie sich nicht genug bewegen.

Wirken sich auch kurze Radtouren positiv auf meine Gesundheit aus?

Es ist besser, nur kurz Sport zu treiben als gar nicht. Auch ein zehnminütiges, tägliches Radtraining – im leichten Gang und kontinuierlich gefahren – verbessert den Kreislauf und die Herz-Gesundheit. Schon nach drei bis vier Wochen mit regelmäßiger Belastung steigt der Puls beim Sport weniger schnell an, und das Herz schlägt im Ruhezustand langsamer.

Auch die Gefäße profitieren bereits nach einigen Wochen: Ihr Durchmesser und damit der Blutdruck passt sich Belastungen besser an, und die Gefäßwände werden elastischer. Ablagerungen stabilisieren sich. Damit sinkt das Risiko, dass sie sich lösen, Gefäße verstopfen und so im Extremfall einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursachen. Weitere positive Effekte: der Blutzuckerspiegel sinkt, die Fettverwertung steigt.

Wie motivieren Sie Diabetiker und Hypertoniker zum Radfahren?
Sport ist Medizin: Regelmäßiges Fahrrad-Training plus eine Ernährungsumstellung kann dem Ausbruch der Typ-II-Diabetes (Alters-Diabetes) nachweislich besser vorbeugen als Medikamente. Hypertoniker können mit regelmäßigem Radfahren ihren Blutdruck durchschnittlich um zehn mm Hg senken.

Wie sieht das ideale Radtraining für Einsteiger aus?

Einsteiger sollten mit kurzen Einheiten anfangen – etwa 15 Minuten, drei bis vier Mal die Woche – und Intensität und Dauer allmählich steigern. Wer Vor-Erkrankungen hat, oder jahrelang nur Fernsehsportler war, sollte sich vor dem ersten Training von einem Sportmediziner untersuchen lassen.

Zur Ermittlung der individuellen Sport-Tauglichkeit wird unter anderem ein Belastungstest mit Laktat-Diagnostik durchgeführt. Basierend auf den Ergebnissen bekommt der Einsteiger einen Trainingsplan erstellt.

Was ist beim Fahrradkauf aus medizinisch-ergonomischer Sicht wichtig? Man sollte sich in einem Fachgeschäft kompetent beraten lassen. Das neue Fahrrad sollte auf die Art des Trainings und die körperlichen Voraussetzungen abgestimmt sein. Wer beispielsweise Rückenschmerzen hat, wird sich mit einem Rennrad keinen Gefallen tun, vielmehr mit einem Tief-Einsteiger.

Was sollten Rad-Einsteiger mit Rücken-Problemen beachten?
Wichtig bei der Fahrradwahl sind die richtige Größe und eine gute Federung. Die Stöße beim Überfahren von Bordsteinkanten, Schlaglöchern und Fahrbahn-Unebenheiten belasten die Wirbelsäule. Eine Vollfederung kann diese Belastungen um mehr als ein Drittel senken. Lenker und Sattel sollten vom Fachmann optimal eingestellt sein, um keine Schäden an Nacken, Rücken oder Gelenken zu riskieren.

Welchen Sport treiben Sie eigentlich?
Natürlich Radeln! Täglich fahre ich mit dem Rad in München zum Institut und zurück, auch wenn das nur zwei Mal zehn Minuten sind. Zusätzlich fahre ich zwei Mal pro Woche den Weg zum Klinikum rechts der Isar. Da kommen dann pro Tag 15 Kilometer zusammen.

Mein Faltrad nutze ich, wenn ich an mehreren Orten in der Stadt zu tun habe. Das geht schneller als mit dem Auto, ich vermeide den Stau auf dem Mittleren Ring und erfreue mich an der Stadt und den Leuten. Dann braucht es dann am Abend kein weiteres Training im Fitness-Studio, bzw. keinen Lauf um den Nymphenburger Kanal, wie ich es sonst tue. Da sind genug „Gesundheitspunkte“ gesammelt.

Buch-Tip:

Prof.Martin Halle, Zellen fahren gerne Fahrrad – Mit gesunden Gefäßen länger jung bleiben, 208 Seiten, circa 60 farbige Abbildungen, Mosaik Verlag, ISBN 978-3-442-39225-4, 19,99 Euro

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