Improvisierte Zeremonie für Vuelta-Helden

Zwischen Stolz und Unvollendung: Vingegaards seltsamer Triumph

Von Christoph Niederkofler

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Jonas Vingegaard hat die Vuelta a España gewonnen. | Foto: Cor Vos

15.09.2025  |  (rsn) – Jonas Vingegaard (Team Visma – Lease a Bike) hat die 80. Ausgabe der Vuelta a España und damit die dritte Grand Tour seiner Karriere gewonnen. Vor João Almeida (UAE - Emirates – XRG/+1:16 Minuten) und Thomas Pidcock (Q36.5 Pro Cycling Team/+3:11) nahm der Däne das Maillot Rojo mit nach Hause. Doch es war alles andere als ein gewöhnlicher Gesamtsieg – vielmehr wandelte Vingegaard zwischen Stolz und Unvollendung.

"Um ehrlich zu sein: Ja, es war das seltsamste Rennen meiner Karriere", blickte Vingegaard in einem Interview mit der spanischen AS auf die Vuelta zurück. Drei Etappen mussten vorzeitig beendet, das Zeitfahren drastisch eingedampft werden. Der Grund: die massiven Proteste der pro-palästinensischen Demonstranten, welche auch einen Abbruch des letzten Teilstücks der Spanien-Rundfahrt erzwangen. "Es war definitiv eine besondere Vuelta. Aber ich bin glücklich, dass ich das Rote Trikot holen konnte."

Hinsichtlich der Vorfälle findet sich Vingegaard in einem Zwiespalt wieder. "Jeder hat das Recht zu protestieren. Die Menschen demonstrieren für Gaza und sie haben ihre Gründe. Sie suchen mehr Sichtbarkeit, und das kann ich verstehen", unterstrich er. Dennoch drückte er auch eine gewisse Wehmut aus – vor allem wegen der ausgebliebenen Siegerzeremonie in Madrid. "Es ist schade, dass uns dieser Moment für die Ewigkeit genommen wurde", wurde der 28-Jährige in einer Pressemitteilung von Visma zitiert. "Ich hatte mich darauf gefreut, diesen Gesamtsieg mit meinem Team und den Fans zu feiern. Schade, dass die Proteste hier geschehen mussten und uns daran hinderten, das Rennen zu beenden."

Komplett aufhalten ließen sich Vingegaard und Co. von diesen Umständen aber nicht. Nachdem die Feierlichkeiten in der spanischen Hauptstadt ins Wasser gefallen waren, reagierten Fahrer und Mannschaften prompt und inszenierten auf dem Parkplatz eines Teamhotels eine eigene Zeremonie.

Vingegaard auf Podest aus Kühlboxen

Auf einem aus Kühlboxen zusammengestellten Podest wurden Vingegaard, Almeida und Pidcock für ihren Erfolg im Gesamtklassement geehrt, auch Mads Pedersen (Lidl – Trek/Punktetrikot), Jay Vine (UAE/Bergtrikot), Matthew Riccitello (Israel – Premier Tech/Weißes Trikot) und UAE als beste Equipe der Vuelta standen auf dem improvisierten Treppchen. Als die dänische Nationalhymne erklang, huschte trotz aller Umstände auch Vingegaard ein Lächeln über die Lippen.

"Die Vuelta zu gewinnen, darauf kann man stolz sein", hob der Visma-Kapitän hervor. Es seien drei harte Wochen gewesen. "In der ersten fühlte ich mich sehr stark und konnte zweimal gewinnen. Danach hatte ich eine schwierigere Phase", so Vingegaard. Nach seinen Tagessiegen auf der 2. und 9. Etappe schränkte ihn eine Erkältung in seinen Möglichkeiten ein. "Jonas hat jeden Tag gelitten. Er war krank, er hustete, und es sah nicht immer so aus, als ob er durchkommen würde", schilderte Edelhelfer Sepp Kuss. "Erst in der dritten Woche hat er alles gedreht."

Vingegaard verwaltete seinen Vorsprung in der finalen Woche und versetzte Almeida schließlich am Dach der Vuelta den entscheidenden Schlag. "Glücklicherweise kam ich am letzten Wochenende zurück", meinte er. "Mein Etappensieg auf dem Bola del Mundo hat mir große Freude bereitet. Es war ein schöner Abschluss dieser Vuelta."

Vingegaard: Das Hauptziel war die Tour de France

Ob er in naher Zukunft erneut bei der Spanien-Rundfahrt an den Start gehen wird, kann Vingegaard noch nicht abschätzen. Sein Hunger auf Grand Tours ist jedoch bei weitem noch nicht gestillt. "Mein Hauptziel war natürlich der Sieg bei der Tour de France", antwortete er auf die Frage, wie er seine Saison bewerten würde. "Ich kann nicht sagen, dass es eine 10 von 10 war, aber es war trotzdem eine gute Saison. Wahrscheinlich eine Sieben oder Acht."

Die Grande Boucle bleibt sein Sehnsuchtsziel, seinen Triumphen in den Jahren 2022 und 2023 eifert er nach. "Die Tour de France ist das wichtigste Rennen der Welt, daher wäre es für mich großartig, die Tour noch einmal zu gewinnen", unterstrich er. Dafür muss er jedoch seinen Erzfeind schlagen. "Es sind nun schon fünf Jahre, in denen wir beim Tour de France die ersten beiden Plätze belegen. Deshalb würde ich sagen, ja, es ist eine große Rivalität – wahrscheinlich eine der größten in der Geschichte der Tour." Nach seinem Triumph bei der Vuelta geht Vingegaard jedenfalls mit breiter Brust in den Showdown im kommenden Jahr.

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