Im Selbstversuch gegen den inneren Schweinehund
Winter-Bike-to-Work-Day: “Ich habe es an keinem Tag bereut“
| Foto: Sebastian Albert
12.02.2021 | Haben Sie's gewußt? Heute ist der internationale Winter-Bike-to-Work-Day. Ins Leben gerufen wurde er 2013 von den beiden finnischen Fahrrad-Aktivisten
Timo Perälä und Pekka Tahkola: Sie wollen auch im Winter mehr Leute für das Radfahren
begeistern. Inzwischen registrieren sich Teilnehmer/innen in über 40 Ländern für den "Welt-Winter-Fahrrad-Pendler-Tag".
Auch in
Deutschland wird das Fahrrad für den Weg zur Arbeit immer beliebter,
doch in den
kalten Wintermonaten bevorzugen doch viele das warme Auto. Wer aber in dieser
Jahreszeit über seinen Schatten springt, hat mit dem Fahrrad eine tolle Alternative. Das
dachte sich auch Sebastian ‚Basti‘ Albert, Autor eines Fahrrad-Blogs - und hat sich im Januar einem Selbstversuch
gestellt.
Auf unbefestigten Wegen über die Felder von Windehausen. Danach durch die Kreisstadt
Nordhausen und über den Taschenberg. Anschließend auf dem Harzrundweg nach Harztor. Das ist
der tägliche Arbeitsweg von Basti. Eigentlich eine idyllische Strecke, perfekt für
das Rad – wäre es nicht Winter.
Doch für den 43-jährigen sind Schnee und Eis
eher eine
Herausforderung. Basti arbeitet in einem Fahrrad-Geschäft und betreibt den
Fahrrad-Blog Ritzelzeit. Dort
schreibt er seine Gedanken zu allen möglichen Rad-Themen auf. Ein Radler durch und durch also.
„Gegenwind formt den Charakter“ ist das Motto von Ritzelzeit. Und dieses Motto schreibt Basti
nicht einfach nur so. Für den Januar hat er sich die persönliche Challenge gesetzt, jeden Tag
mit dem Rad zur Arbeit zu fahren – hin und zurück jeweils 15 Kilometer, egal bei welchem Wetter.
Seine Erlebnisse und Eindrücke hat er dann in täglichen Blog-Posts aufgeschrieben.
„Für die Artikel meines Blogs setze ich mich
mit
den verschiedensten Fahrrad-Themen auseinander“, sagt Basti über sein Experiment, „ich lebe in
einem kleinen Dorf mitten auf dem Land. In den Medien wird oft über Konzepte urbaner Mobilität
in den Großstädten geschrieben, doch was ist mit der Mobilität auf dem Land? Oder bei Leuten, die
kein Auto besitzen? Genau das wollte ich mit meinem Selbstversuch herausfinden.
Das Fahrrad in
Kombination mit 'Öffis', den öffentlöichen Verkehrsmitteln ist in ländlichen Gegenden wegen der spärlichen Anbindung oft keine Option
- oder nur mit erheblichem Zeitaufwand. Da bleibt häufig nur der direkte Weg mit dem Rad“, weiß Basti.
Radfahren liegt in Deutschland schon länger
im Trend, mit Corona hat es dann nochmal einen
Schub bekommen. Viele Menschen arbeiten im Homeoffice, die Fitness-Studios sind geschlossen.
Das Fahrrad bietet die Möglichkeit, auch nach Feierabend eine Runde zu drehen und sich so fit zu
halten.
„Auch ich fahre seit Beginn der Pandemie tatsächlich noch mehr Rad“, sagt Basti,
„einerseits um unnötige Kontakte zu vermeiden, aber auch, weil es durch den zunehmenden
Verkehr auf den Straßen einfach angenehmer ist, individuell unterwegs zu sein.“
Aber auch erfahrene Radler wie Basti sollten
im Winter nicht einfach auf ihr Rad steigen und
losfahren. Er rät zu einer vernünftigen Vorbereitung: „Mit guter Bekleidung und einem persönlich
zugeschnittenen Fahrrad hält einen nichts auf. Und wer komplett auf das Auto verzichtet, hat die
Kosten für die sichere Ausstattung schnell wieder drin.“
Nur mit dem inneren Schweinehund muss
jeder selbst fertig werden: „Bei Regen, Blitzeis oder Schnee-Chaos ist die Gefahr groß, weich zu
werden und ins Auto zu steigen. Aber ich habe es an keinem Tag bereut, mit dem Rad gefahren zu
sein! Im Gegenteil! Wer seinem eigenen Können, dem Material und der Kleidung vertraut, für den
gibt es keinen Grund, nicht zu fahren.“
Basti war bei seinem Selbstversuch
mit verschiedenen Rädern unterwegs. In den ersten Tagen war
das Wetter mild und die Strecke gut zu schaffen. Als Sturm, Schnee und Eis einsetzten, wurde die
Sache komplizierter. Er musste schnell eine Lösung finden, damit das Projekt nicht scheiterte: „An
meinem Beach-Cruiser hatte ich einen Pendix-E-Antrieb verbaut, der musste dann herhalten.
Eigentlich wollte ich es nur einen Tag damit probieren, am Ende wurden es dann aber 550
Kilometer damit.
Der elektrische Antrieb hat mich einfach infiziert und egal bei welchem
Wetter nicht im Stich gelassen. Später habe ich an meinem Beach-Cruiser noch Spikes
angebracht. Ich weiß, eigentlich völlig irre, aber es funktioniert perfekt.“
Räder mit nachgerüstetem Antrieb
werden in Deutschland immer beliebter. Besonders
im Winter kann ein E-Antrieb helfen, Schnee und Gegenwind zu bewältigen. Angst vor technischen Problemen müssen die Fahrer/innen dabei nicht haben, weiß Christian Hennig, Technik-Chef bei Pendix:
„Die sogenannten IP-Schutzklassen sind ein hilfreicher Indikator, um zu
erkennen, in welcher Form elektrische Bauteile vor Umwelteinflüssen geschützt sind. Der Pendix
eDrive ist in die Schutzart IP65 eingeordnet. Die Zahl 6 steht dabei für einen vollständigen
Berührungs- und Verschmutzungsschutz und wird auch als ‚staubdicht‘ bezeichnet, die Zahl 5 steht
für Schutz gegen Strahlwasser von allen Seiten. Auf Hochdruck-Reiniger sollte aber trotzdem verzichtet
werden.“
Eine Social-Media-Umfrage von Pendix hat ergeben,
dass 55 Prozent ihrer Kunden auch bei
Schnee ihr nachgerüstetes Fahrrad verwenden. Zwar machen die kalten Temperaturen dem Motor nichts aus, doch sollte man im Winter
öfter einen Blick auf den Akku werfen.
Genau wie bei Handy-Akkus macht sich die Kälte durchaus
bei der Nutzungsdauer bemerkbar. Dies liegt am Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus: Der Grund für den Energieschwund bei Kälte ist das Elektrolyt. Bei kalten
Temperaturen wird die dickflüssige Substanz immer zähflüssiger und schränkt die
Bewegungsfreiheit der Ionen ein.
"Die ideale Betriebstemperatur für Lithium-Ionen-Akkus
liegt bei
etwa 22 Grad Celsius. Um die Trägheit der Ionen im Winter zu vermeiden, hilft ein
Akku-Cover. Wer seinen Akku bei Zimmertemperatur lagert und ihn in einen Neopren-Mantel einpackt,
bevor er ihn Minustemperaturen aussetzt, der kommt weiter, weil der Akku länger seine
Idealtemperatur halten kann", rät Christian Hennig.
Für Basti Albert ist das Experiment gelungen. Er hat den kompletten Januar durchgehalten,
ist jeden Tag mit dem Rad gefahren und hat seinen Schweinehund besiegt: „Ich fühle mich
gesünder und komme definitiv frischer bei der Arbeit an. Der Geist und die Gedanken sind frei,
auch wenn der Arbeitsalltag eher trist sein mag. Kein Stau, kein festgeschriebener Weg. Viele netten Menschen kreuzen meinen täglichen Weg zur Arbeit, und jeder Tag ist
ein kleines Abenteuer - mit viel positiver Energie.“