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06.06.2011 | (Bruck, 5.6.; Ra) - Am Sonntag war es wieder soweit. Mein Heimrennen, der 16. "Glocknerkönig" stand an: 1695 Höhenmeter und 27 Kilometer auf der Glocknerstraße. Und "Heimrennen" darf ich hier wirklich sagen,
denn ich bin auf einem Bauernhof im Startort Bruck aufgewachsen.
Das Feld war heuer noch größer als 2010: Fast 2800 Radlerinnen und Radler waren
gemeldet, darunter auch einige bekanntere Radsportler - so der
Glocknerkönig von 2010, Andreas Ortner, der frühere österreichischer Bergmeister Hans Peter Obwaller, und die sechsmalige Glocknerkönigin Karin Gruber.
Bereits weit vor der Startzeit zog sich das Feld vom
Dorfplatz Richtung Bahnhof hinauf. Pünktlich um 7 Uhr startete dann unser "Hochamt" des Radsports -
mit einer klingenden Mischung aus den Kirchenglocken, welche vom Brucker Pfarrer Weihrauch
persönlich geläutet wurden, und den „Hell's Bells“ von AC/DC aus den Lautsprecherboxen am Start.
Wie bei Jedermann-Rennen üblich, und vermutlich noch von AC/DC angestachelt, ballerte das Feld mit einem Höllen-Tempo los, wellig Richtung Fusch. Ich habe erstmal auf
meine altbewährte Taktik gesetzt: Immer gemütlich los, und schauen, was geht.
So hatte ich mich im Startblock 3 relativ weit hinten aufgestellt, um nicht als fahrende
Schikane zu fungieren. Trotzdem wurde ich auf der Fahrt nach Fusch hinein von vielen eifrigen Radlern überholt...
Naja, ich ließ mich nicht beirren, fuhr weiter mein Tempo, und konnte mit einem Bekannten noch gemütlich plaudern. Bei der nächsten Station unserer
„Messe“, an der Embach-Kapelle, wünschte ich meinem Kumpel weiter viel Spaß; er ist am Berg doch ein wenig stärker als ich. In der Steigung fand ich schnell meinen Rhythmus, und die Mautstelle Ferleiten war
bald erreicht.
Nun ging's also richtig los, auf die lange, gerade Steigung zur Kehre 1. Da merkte ich schon, das würde nicht mein
Tag werden. Ich konnte zwar meinen Stiefel hochkurbeln, aber dieser Stiefel war
zäher als sonst. Ausreden hätte ich zwar mindestens drei parat gehabt, aber das zählt hier ja
nicht. Also versuchte ich, ein annehmbares Tempo zu finden.
An der Verpflegungsstelle
Piffkar stoppte ich kurz, um mich zu erfrischen und meine Wasservorräte aufzufüllen. Denn
ich bin schlimmer als ein Auto: Ich brauche acht Liter auf 100 Kilometer. Und hier erwischte
mich erstmals der Wind - aber immerhin von hinten. Mit ein bisschen "himmlischer" Unterstützung fuhr ich
munter weiter. Aber der Wind sollte sich bald als harter Gegner erweisen.
Kehre 8 war erreicht, und dann geschah es: Der Wind kam plötzlich stark von
vorne; fast schon ein Sturm.
Auch das noch, dachte ich mir, jetzt geht’s eh schon bergauf, und dann der Südwind. Es
dürften wohl 30 oder 40 Sachen gewesen sein, mit der uns der Wind ins Gesicht blies; bei mir waren es gefühlt 80 km/h.
Was soll man machen? Aufgeben ist
natürlich keine Option, obwohl mir das „Lüftchen“ doch die Körner aus den Beinen
saugte, und zwar ordentlich. Mir ging ein Spruch aus meinen Fußballer-Zeiten durch den Kopf: „Immer weiter
machen, immer weiter machen.“ Daran hielt ich mich.
Die lange Gerade mit gut zehn Prozent Steigung vor Kehre 9 geriet
schon fast zur Qual. Der Wind war hier ausgesprochen spärlich - klar, jetzt wäre er
auch von hinten gekommen.
Hinter Kehre 11, unterhalb der Edelweiß-Wand, kam dann endlich mit der Kapelle am Fuscher Törl das Ziel in den Blick. Das gibt wieder Motivation. Noch kurz was zum Kauen aus der Trikottasche, während der
Fahrt gegessen, keine Frage.
Mit der Zeit wurde der Gegenverkehr stärker: Die Finisher kamen immer zahlreicher die Strecke runter. Aber deren Anfeuerungsrufe motivierten zusätzlich. Endlich, die letzte Kehre war
erreicht. Nur noch ein paar hundert Meter.
Da meine Zeit ziemlich mies war, musste ich mir
nun doch noch was beweisen. Raufschalten, aus dem Sattel, und schon legte ich einen gepflegten Zielsprint hin. Ich
hatte zwar keine Körner mehr, aber egal, dachte ich mir: „Hängt mir dann halt die Zunge so
raus, dass ich die Ziellinie ablecken kann.“
So konnte ich auf den letzten 300
Metern noch fünf oder sechs Radler überholen. Dann, endlich: Ziel erreicht. Mein
Blick ging nach rechts, zur Gedenk-Kapelle. Die "Messe", die bei der Brucker Kirche begonnen hatte, fand hier also ihr Ende.
Vielleicht hätte ich in der Kapelle ja noch eine Kerze anzünden sollen - dann wäre das "Hochamt" wohl perfekt gewesen. Bis auf meine Zeit... So schwor ich dem Berg für nächstes Jahr gleich mal Revanche.
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