Mehr als die Hälfte der Deutschen bewegt sich kaum oder gar nicht
Regelmäßige körperliche Aktivität senkt Sterbe-Risiko um 30 %
Von Stephanie Balz
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| Foto: benScruton.com
30.10.2018 |
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, pro Woche mindestens 2,5 Stunden mäßig anstrengende Ausdauer-Aktivitäten und an mindestens zwei Tagen muskelkräftigende Aktivitäten durchzuführen. Nach Daten des Robert Koch-Instituts erreicht aber nur etwa ein Fünftel der Frauen (20,5 Prozent) und ein Viertel der Männer (24,7 Prozent) in Deutschland beide Empfehlungen. Mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung bewegt sich weniger als 2,5 Stunden pro Woche.
Doch regelmäßige Bewegung schützt nicht nur vor Übergewicht und Typ-2-Diabetes, sondern senkt auch die Sterblichkeit
und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Jede zweite Frau und zwei von drei Männern in Deutschland sind von Übergewicht betroffen, ein Viertel der Bevölkerung hat starkes Übergewicht (Adipositas).
Die Gefahr, eine Typ-2-Diabetes zu entwickeln, ist in dieser Gruppe besonders hoch. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck sowie Herz- und Gefäßerkrankungen. „Wird weniger Energie verbraucht als dem Körper zugeführt wird, so steigt das Körpergewicht“, erklärt Professor Christine Graf vom Institut für Bewegungs- und Neuro-Wissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln.
Um mehr Energie zu verbrauchen und sein Gewicht
zu halten beziehungsweise zu reduzieren, empfiehlt die Expertin ausreichend körperliche Aktivität, sowohl im Alltag als auch in der Freizeit. „Wer präventiv etwas für seine Gesundheit tun möchte, sollte täglich 10 000 Schritte absolvieren, das entspricht etwa 100 Minuten zügigem Gehen“, so Graf: „Zusätzlich sind circa 150 Minuten, also zweieinhalb Stunden Bewegungszeit pro Woche mit moderater körperlicher Aktivität in Form etwa von Radfahren oder Schwimmen notwendig, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren.“
Diese Empfehlungen gelten auch für Menschen mit Diabetes. Regelmäßige körperliche Aktivität trägt bei Patienten mit Typ-2-Diabetes dazu bei, die Blutzucker-, Blutdruck- und Blutfettwerte zu verbessern. „Je besser der Diabetes eingestellt ist, umso höher ist die Lebensqualität und -erwartung der Patienten“, betont Graf: „Bei Menschen mit Prä-Diabetes halbiert sich das Risiko, tatsächlich zu erkranken, wenn sie regelmäßig Sport treiben und sich gesund und ausgewogen ernähren.“ Dieser Effekt ist unabhängig vom Gewicht, sondern hängt vielmehr von der Steigerung der körperlichen Fitness ab.
„Körperliche Fitness ist einer der wichtigsten Parameter
für den Gesunderhalt, eine geringere Erkrankungs- und Sterblichkeitsrate“, weiß Christine Graf. Gerade Neu- und Wiedereinsteiger erreichen zu Beginn des Trainings eine hohe Leistungssteigerung, von der ihre Gesundheit enorm profitiert.
Wie viel Sport der Einzelne treiben sollte, hängt unter anderem von der Intensität der Aktivität ab. „Wer moderate körperliche Aktivitäten wie Radfahren betreibt, bei denen man leicht schwitzt und etwas aus der Puste gerät, sollte mindestens 2,5 Stunden Bewegungszeit pro Woche einplanen“, sagt Graf. Sie empfiehlt Trainingseinheiten von 30 Minuten an mindestens fünf Tagen in der Woche.
Graf weiter: „Sport in höheren Intensitäten wie schnelles
Rennradfahren, Tennis oder Dauerlauf erfordern geringere Umfänge von 75 Minuten pro Woche, also Trainingseinheiten von einer halben Stunde an mindestens drei Tagen in der Woche.“ Um tatsächlich Gewicht zu verlieren, sollte man 13 000 Schritte pro Tag anstreben und mindestens fünf Stunden pro Woche moderat aktiv sein.
„Allerdings fehlt vielen Menschen unter der Woche die Zeit für ausreichend Bewegung. Deshalb wäre es eine erste Maßnahme, den Weg zur Arbeit und zurück aktiv zu gestalten“, sagt Professor Martin Wabitsch, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG).
Außerdem gilt: Wenig Sport ist besser als gar kein Sport.
Wabitsch: „Wer am Wochenende nachholt, was in den fünf Tagen zuvor versäumt wurde, kann seine Leistung zwar nicht langfristig steigern, tut aber trotzdem effektiv etwas für seine Gesundheit“, sagt der Leiter der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Ulm.
Laut einer Studie der Loughborough University in Großbritannien, bei der Daten von rund 64 000 Erwachsenen analysiert wurden, senken die sogenannten „Weekend Warriors“ ihr allgemeines Sterbe-Risiko im Vergleich zu Personen, die gänzlich auf Sport verzichten, um immerhin 30 Prozent. Auch das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung ist um 40 Prozent niedriger als bei Menschen, die sich nicht körperlich betätigen.
Damit ist das Sport-Programm am Wochenende
vergleichsweise effektiv, birgt jedoch auch Gefahren. „Da es sich um ein sehr intensives Training handelt, ist das Risiko für Verletzungen und Überlastungen größer“, warnt Sportärztin Graf: „Wir empfehlen dieses Vorgehen daher eher trainierten und jüngeren Menschen. Und zumindest sollte eine entsprechende Vorsorgeuntersuchung erfolgen.“
Stephanie Balz ist Pressesprecherin der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG)in Stuttgart.