Erster deutscher Cyclassics-Sieg seit zwölf Jahren

Degenkolb bricht in Hamburg den Bann, Greipel erneut Zweiter

Von Matthias Seng aus Hamburg

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John Degenkolb (Argos-Shimano) gewinnt die 18. Hamburger Cyclassics. | Foto: ROTH

25.08.2013  |  (rsn) – Zwölf Jahre hat es gedauert, bis bei den Hamburger Cyclassics wieder ein Deutscher jubeln konnte. Nachdem Erik Zabel als letzter heimischer Fahrer zuletzt im Jahr 2001 das Rennen im hohen Norden für sich hatte entscheiden können, war bei der 18. Austragung des Cyclassics John Degenkolb (Argos-Shimano) der große Gewinner. Der 24 Jahre alte Frankfurter setzte sich über 246 Kilometer im Massensprint auf der Hamburger Mönckebergstraße nach einem langen Sprint souverän vor André Greipel durch und fügte seinen jetzt schon beeindruckenden Palmares einen weiteren großen Erfolg an.

Der Deutsche Meister machte zwar vor dem Norweger Alexander Kristoff (Katusha) den Doppelsieg der Gastgeber perfekt, musste sich aber wie im vergangenen Jahr mit Rang zwei begnügen. Damals hatte sich Greipel dem jungen Franzosen Arnaud Demare (FDJ) geschlagen geben müssen. Der Titelverteidiger landete diesmal bei erneut strahlendem Sonnenschein, aber wesentlich erträglicheren Temperaturen – 2012 waren beim einzigen deutschen WorldTour-Rennen noch 38 Grad Celsius gemessen worden – nur auf dem neunten Platz und war letztlich gegen die deutschen Sprinter chancenlos.

„Das ist mein erster großer Klassikersieg“, hob der strahlende Sieger auf der Pressekonferenz hervor. „Ich habe zwar schon das 1. Mai-Rennen in Frankfurt gewonnen und habe ja eine persönliche Bindung an die Stadt. Aber Hamburg ist noch mal einen Level höher anzusiedeln, weil es ein WorldTourRennen ist. Das macht mich glücklich“, so Degenkolb. „Ich wusste, dass Andre an meinem Hinterrad war, es war ein großes Risiko, so früh zu gehen. Aber meine Stärke ist es eben, lange Sprints nach langen Rennen zu gewinnen. André und ich können stolz über diesen Doppelsieg sein“, fügte der Argos-Kapitän an.

„Der Zweite ist immer der erste Verlierer, mir sind am Ende ein bisschen die Beine eingeschlafen“, kommentierte der trotz der Niederlage locker und gelöst wirkende Greipel das Rennen und nutzte die Gelegenheit, ein Plädoyer für den deutschen Radsport abzulegen.

„Wir sind Weltspitze, das hat man in den vergangenen drei, vier Jahren bei Tour, Giro, Vuelta und WM gesehen. Radsport ist ja eine internationale Sportart und ich bin froh, für mein Team Lotto Belisol zu fahren, aber es ist einfach nur traurig, dass es kein deutsches Team in der WorldTour gibt. Das hätte der deutsche Radsport sicher verdient und vielleicht findet sich ja ein großes Unternehmen, dass mal wieder als Sponsor einsteigt.“

Bevor Degenkolb und Greipel in Aktion traten, bestimmten zwei junge deutsche Fahrer bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen um die 25 Grad das einzige deutsche WorldTour-Rennen über weite Strecken mit: Julian Kern (Ag2R) und Michael Schwarzmann (NetApp-Endura) hatten sich schon zwei Kilometer nach dem scharfen Start gemeinsam mit dem Spanier Garikoitz Bravo (Euskaltel-Euskadi) und dem Dänen Jonas Aeen Jörgensen (Saxo-Tinkoff) aus dem Feld gelöst, das den Ausreißern auf der Schleife durch Niedersachsen einen Vorsprung von mehr als acht Minuten zugestand.

Angeführt von den Sprintermannschaften wie Lotto-Belisol, Argos-Shimano und FDJ reduzierten die Verfolger den Abstand planmäßig bis auf 1:30 Minuten bei der zweiten von insgesamt vier Überquerungen des 15 Prozent steilen Stichs über den Waseberg knapp 70 Kilometer vor dem Ziel.

Schwarzmann sprengte hier mit seinem Antritt das Quartett, Jörgensen setzte die Konterattacke, wurde aber ebenso wie alle anderen Ausreißer kurz darauf von einer rund zwölfköpfigen Verfolgergruppe gestellt, die sich im Waseberg aus dem Feld abgesetzt hatte Die neue Spitze um Michal Kwiatkowski, Bert Grabsch (Omega Pharma-Quick-Step), Michel Koch (Cannondale) und die ehemaligen Ausreißer hatte aber nur einige Kilometer Bestand.

Im aufmerksamen Feld wurde schnell von BMC und Lotto Belisol die Jagd organisiert und bei der zweiten Zieldurchfahrt 54 Kilometer vor Ende des Rennens betrug der Abstand ganze 20 Sekunden. Als die Gruppe 50 Kilometer vor dem Ziel wieder Geschichte war, setzte der Italiener Manuele Boaro (Saxo-Tinkoff) sofort die Gegenattacke. Sieben Kilometer später schloss der Niederländer Rick Flens (Belkin) zu dem 25-jährigen Zeitfahrspezialisten auf.

Im Feld tobten derweil schon vor den beiden letzten Überquerungen des Wasebergs die ersten Positionskämpfe, und prompt gingen bei einem Sturz Frederik Willems (Lotto Belisol), Nelson Oliveira (RadioShack-Leopard) und Koen de Kort (Argos-Shimano) zu Boden – wodurch Greipel, dem Vorjahresdritten Giacomo Nizzolo und Degenkolb jeweils ein Helfer für das Finale fehlten.

Noch vor der dritten Waseberg-Passage waren Boaro und Flens gestellt – und wieder bildete sich in der einzigen topografischen Schwierigkeit des Rennens eine neue Gruppe. Diesmal waren es Ian Stannard (Sky), Niki Terpstra (Omega Pharma-Quick-Step), Sep Vanmarcke (Belkin), Wouter Mol (Vacansoleil-DCM) und Manuel Quinziato (BMC), der allerdings nach einem Defekt schnell wieder zurückfiel.

Hinter dem Quartett etablierte sich eine erste Verfolgergruppe mit Ion Izagirre (Euskaltel-Euskadi), Michael Albasini (BMC), Tim Wellens (Lotto Belisol), Cesare Benedetti (NetApp-Endura) und Daniele Pietropolli (Lampre-Merida), die noch vor der finalen Waseberg-Passage die Lücke zur Spitze geschlossen hatten. 25 Sekunden dahinter folgte das von Argos-Shimano und Lotto Belisol angeführte Feld.

Terpstra attackierte im Waseberg und nahm rund 20 Sekunden Vorsprung mit auf die letzten zehn Kilometer. Alle anderen Ausreißer waren zu diesem Zeitpunkt bereits wieder im Feld verschwunden – und knapp acht Kilometer vor dem Ziel war es auch um den Niederländer geschehen.

Auf den letzten fünf Kilometern positionierten sich bei hohem Tempo die Sprintermannschaften. Katusha formierte sich auf den letzten zwei Kilometern vor dem Feld, Greipel reihte sich in den Sprintzug ein, kurz dahinter fuhr Degenkolb, der nach der letzten Kurve schon früh nach vorne fuhr und den Sprint von der Spitze weg anzog. Greipel schien in der besseren Position, doch der 31-Jährige kam gegen den kraftvollen Antritt seines sieben Jahre jüngeren Landsmanns nicht an und landete erneut auf Rang zwei.

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