Das Graue Trikot 2011 – Teil 6

Die Grauen müssen endlich aus dem Schatten

Von Guido Scholl

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Das Graue Trikot | Foto: ROTH

24.07.2011  |  (rsn) - Keine Veränderungen mehr nach Zeitfahren und Schlussetappe im Ãœ 35-Klassement der 98. Tour de France. Christian Vande Velde nimmt das Graue Trikot des besten Radsport-Senioren mit auf den Heimweg. Und auch mit dem ersten und einzigen Etappensieg bei dieser Großen Schleife hat es für einen der Altgedienten nicht mehr geklappt: Weder Alessandro Petacchi heute im Massenspurt noch Vande Velde oder Levi Leipheimer im Zeitfahren spielten eine größere Rolle.

Dasselbe Bild im Gesamtklassement, da liegt der beste Altfuchs auf Position 17. Vergleichen wir dies mal mit der Endplatzierung des Bengels im Weißen Trikot, Pierre Rolland: Der junge Mann ist Elfter geworden. Und noch `was: Vor zwei Jahren mischte Tour-Opa Lance Armstrong weit vorn mit, wurde Gesamtdritter. Weil er die Doping-Kontrolleure in jener Tour austrickste, wurde er aber im Altersklassement mit einer Zeitstrafe von einer Stunde belegt. Alte Menschen mögen keine Tricksereien.

Heuer fehlt der mausgrauen Tour-Sonderwertung der Angestaubten etwas Glanz. Das ändert sich aller Voraussicht nach im kommenden Jahr. Dann bewirbt sich nämlich auch der diesjährige Gelbe um das Graue Trikot, denn Cadel Evans wird am 24. Februar 2012 stolze 35 Jahre alt und wechselt damit ins Senioren-Lager. Es ist davon auszugehen, dass der Australier bei der nächsten Tour erneut um das Maillot Jaune buhlen will. Da dürfte es im Ü 35-Klassement rauer zugehen als in diesem Jahr.

Ob Leipheimer und Vande Velde nochmal an alte Glanzleistungen anknüpfen können? Dann wäre Evans nicht ganz so einsam an der Spitze der Wertung Grau. Und aus Sicht des deutschen Seniorenbeirats ist unbedingt zu hoffen, dass Andreas Klöden nochmal in Topform zur Großen Schleife erscheint und dann nicht so eine magische Bindung zum Straßenbelag entwickelt.

Man stelle sich vor: Klöden und Evans balgen im Zeitfahren (nächstes Jahr probiert es die Tour-Organisation mal mit einem einzigen Kampf gegen die Uhr über 30 Kilometer) um den Gesamtsieg, weil sie zuvor an den Hinterrädern der Schlecks und Contadors hingen wie Teenie-Schwärme an Justin Mader. Ähh, Justin Bieber. Wäre gar nicht so unwahrscheinlich. Mit nachlassendem Gedächtnis im Alter vergessen die Tour-Opas vielleicht, dass ihnen bei zehn Prozent Steigung die Beine brennen wie ungekühlte Reaktorkerne.

Wenn die beiden alten Knochen dann wie gesagt ums Gelbe kämpfen, dann machten sie damit auch gleich untereinander aus, wer das Graue Trikot gewinnt. Das wäre sicher der Durchbruch der Seniorenwertung, der komischerweise noch immer keine größere Aufmerksamkeit zuteil geworden ist.

Typisch für den Jugendwahn unserer Gesellschaft: Immer wird ständig über Bildung und Jugendförderung palavert. Nur die Alten fristen ein Schattendasein. Sieht man ja am Ballermann: Während knackige Leiber in der Sonne braten, werden die mit dem schütterem Haar unter die Sonnenschirme gedrängt. Levi Leipheimer kann ein Lied davon singen. Wenn auch ein schiefes.

Aber manchmal sind die Alten auch selbst schuld, dass sie ständig in den Schatten gestellt werden. Als ich beim letzten Balearen-Urlaub mit dem Ziel, Gerechtigkeit walten zu lassen, eine muntere Senioren-Truppe entschirmte und den Sonnenschutz stattdessen zwei blondbraunen Schwedinnen über die Astralkörper stellte, erntete ich mehr Gezeter als Contador von dem OP-Fan in Alpe d’Huez und bekam als Krönung eine Tube Anti-Faltencreme an die Stirn und eine gefakte Gucci-Tasche an den Hinterkopf geschmissen.

In dem Sinne: Ich bin trotzdem locker geblieben!

Finale Ü35-Gesamtwertung:


1. (1.) Chrischi Vande Velde (GRM)
2. (2.) Levi Leipheimer (RSH) +36:46
3. (3.) David Moncoutie (COF) +58:13
4. (4.) Schorse Hincapie (BMC) +1:18:04
5. (5.) Voigte (LEO) +1:32:44
6. (6.) Grischa Niermann (RAB) +1:40:14
7. (7.) Stu O'Grady (LEO) +1:50:46
8. (8.) Nicki Sörensen (SAX) +2:09:14
9. (9.) Alessandro Petacchi (LAM) +2:27:08
10. (10.) Danilo Hondo (LAM) +2:32:48
11. (11.) Sébastien Hinault (ALM) +2:33:32
12. (12.) Matteo Tosatto (SAX) +2:43:24
13. (13.) Julian Dean (GRM) +3:00:48
DNF: Klödi, Horner, Wino, Garate

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