UAE visiert Zeit unter neun Minuten an

Die Cipressa-Attacke: Wagt Pogacar den ganz großen Coup?

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Die Cipressa-Attacke: Wagt Pogacar den ganz großen Coup?"
Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) | Foto: Cor Vos

16.03.2024  |  (rsn) – Schon vor einem Jahr war sie das größte Gesprächsthema in den Tagen vor Mailand-Sanremo – und das wiederholt sich auch vor der 115. Auflage der Primavera nun wieder: die sagenumwobene Cipressa-Attacke. Seitdem Gabriele Colombo im Jahr 1996 für das italienische Team Gewiss aus einer vierköpfigen Spitzengruppe heraus das erste Monument der Saison gewann, hat dort kein Fahrer mehr triumphiert, der sich bereits vor dem finalen Anstieg zum Poggio di Sanremo aus dem Hauptfeld löste.

Der Erfolg mit einem Angriff bereits an der Cipressa, dem vorletzten Hügel des Tages, der 22 Kilometer vor dem Zielstrich überquert wird, er ist einer dieser feuchten Träume der Radsport-Romantiker. Immer wieder wird daüber philosophiert, wenn ein Liebling der Tifosi zu Mailand-Sanremo anreist, der nicht als schnell genug für den Sprint bei einer Gruppenankunft gilt.

Vincenzo Nibali war so ein Beispiel, den die Italiener jahrelang gerne auf diese Weise in San Remo hätten triumphieren sehen, bis er es 2018 schließlich auf den üblicheren Weg tat: mit einer Attacke am Poggio.

Zuletzt 2023 war es zwar kein Italiener, aber mit dem Slowenen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) immerhin doch ein in Italien sehr beliebter Fahrer, dem man den Husarenritt von der Cipressa bis ins Ziel auf der Via Roma zutraute. Viele Fans hofften darauf, die Konkurrenz fürchtete sich davor – und am Ende hielt Pogacar doch bis zum Poggio die Füße still. Erst dort versuchte er sich abzusetzen, beschleunigte und konnte schließlich über die letzte Kuppe des Tages hinweg dem entscheidenden Konter von Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) nicht mehr folgen.

Die Windrichtung passt, die Windgeschwindigkeit eher nicht

Ein Jahr später nun ist das Thema zurück. Das 81-Kilometer-Solo von Pogacar bei Strade Bianche vor zwei Wochen war beeindruckend, regelrecht angsteinflößend. Kein Wunder, dass Gedankenspiele in Richtung Cipressa-Vorstoß nun wieder in die Köpfe rücken. Völlig unmöglich scheint ein solches Szenario auch nicht zu sein. Nicht umsonst wird es auch von Experten in der Szene immer wieder auf den Tisch gebracht.

Das Höhenprofil der Cipressa. | Grafik: RCS Sport

Klassischerweise, sagt man, wäre Ostwind für ein solches Unterfangen hilfreich, weil der für Rückenwind auf den zehn flachen Kilometern zwischen Cipressa und dem Fuß des Poggio sorgt. Das kann Solisten helfen, ihren Nachteil gegenüber einem jagenden Feld im Flachen zu verringern. Und Ostwind soll es am Samstag tatsächlich auch geben, doch die Vorhersagen versprechen eher ein laues Lüftchen bei Geschwindigkeiten von rund 10 km/h, als echten Wind.

Wirklich perfekt sind die Erfolgsaussichten für einen Angriff an der Cipressa also nicht – das weiß man auch in Pogacars Lager. "Es ist sehr kompliziert, denn danach sind es noch 22 Kilometer", sagte Pogacars Sportdirektor Matxin Joxean Fernandez dieser Tage gegenüber GCN. "Ob er (Pogacar) das schaffen kann, hängt nicht nur von Tadej ab, sondern auch von seinen Gegnern."

Duell mit van der Poel in San Remo ist zu vermeiden

Für den Spanier ist Titelverteidiger Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck), der am Samstag sein Saisondebüt gibt, der Top-Favorit. Der Weltmeister aus den Niederlanden hat Pogacar schließlich im vergangenen Jahr gezeigt, dass er nicht zu schwer ist, um dem Slowenen am Poggio Paroli zu bieten. Und in einer möglichen Sprintankunft einer Kleingruppe gilt er ebenfalls als schneller. 

Auch deshalb gibt es die Gedankenspiele in Richtung Cipressa und Pogacar überhaupt. Doch wie gut van der Poel bei seinem ersten Saisonrennen sind wird, das kann niemand wirklich vorhersagen. Von Pogacar dagegen weiß man seit seinem Sieg in Siena vor zwei Wochen, dass er bereits in bärenstarker Form ist.

Das Streckenprofil von Mailand-Sanremo. | Grafik: RCS Sport

Fernandez warnte aber: "Dieses Rennen hier wird nicht immer durch die beste Form entschieden. In den letzten Jahren kam es auf explosive fünf Minuten im Finale an. Es geht um gutes Positionieren mit guten Beinen und es gibt viele neuralgische Punkte, an denen man keinen Fehler machen darf. Wenn man an der Cipressa und am Poggio keine gute Position hat, verschwendet man sehr viel Energie. Meiner Meinung nach ist das das komplzierteste und taktischste Rennen des Jahres. Bei den anderen Monumenten geht es um Power und bei Mailand-Sanremo immer um die jeweilige Rennsituation."

Cipressa unter 9 Minuten? "Das können nicht mehr als 20 Fahrer"

Die richtige Rennsituation, die braucht es eben auch für eine Cipressa-Attacke. Und Fernandez deutete an, dass man bei UAE zumindest überlegt, wie man sie am besten kreiert. "Für mich ist das Geheimnis, die Cipressa in unter neun Minuten zu fahren", meinte der Spanier gegenüber GCN. "Vor zwei Jahren ist Davide Formolo den Anstieg in 9:30 gefahren und nur 27 Mann waren in der Spitzengruppe übrig. Letztes Jahr bei 9:50 waren es fast 70 Fahrer. Dieses Jahr ist es möglich, unter neun Minuten zu bleiben. Meiner Meinung nach können das nicht mehr als 20 Fahrer."

Je kleiner die Favoritengruppe ist, die gemeinsam über die Cipressa kommt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sofort eine organisierte Verfolgung eines möglichen Angreifers stattfindet. Mit einer Offensive an der Cipressa zumindest in Form von Höllentempo durch das UAE-Team mit Marc Hirschi, Tim Wellens, Isaac Del Toro und Co. ist also fest zu rechnen. Ob es dann auch zum Solo-Angriff von Pogacar kommt? Dafür muss aber wohl wirklich alles passen!

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