Van Aert 1:31 zurück, aber weiter Weltcup-Erster

Neun Runden im Solo: Van der Poel fliegt über den Deich

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Neun Runden im Solo: Van der Poel fliegt über den Deich"
Zum Genießen: Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) fuhr beim Weltcup in Hulst sein ganz eigenes Rennen. | Foto: Cor Vos

03.01.2021  |  (rsn) - Baal, Gullegem, Hulst - drei Crossrennen innerhalb von drei Tagen. Und dreimal hieß der Sieger Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix). Das war, so sagte er anschließend selbst, eine persönliche Premiere für den Weltmeister. Und was für ein Auftritt, dem dritten Sieg in 72 Stunden vorausgegangen war: Schon eingangs der zweiten Runde löste sich der Niederländer von seinem letzten Begleiter.

Den Dreikampf um den zweiten Platz entschied schließlich 1:31 Minuten hinter dem Weltmeister sein Dauerrivale Wout Van Aert (Jumbo – Visma) vor Tom Pidcock (Trinity) und Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen - Bingoal) für sich. Van Aert verteidigte damit das Trikot des Weltcupführenden.

Der Antiklimax war das von van der Poel gewählte Stilmittel des Tages. Mit einer Tempoverschärfung nach gut sieben Minuten entschied er das Rennen bereits früh für sich. "Ich hatte die besten Beine der bisherigen Saison. Ich hatte gleich ein gutes Gefühl auf dem Kurs. Ich habe gute Linien gefunden. Es war ein schöner Tag", erzählte der Sieger nach seiner Demonstration, nur zwei Tage nachdem er bei seinem Neujahrssieg in Baal noch von schlechten Beinen gesprochen hatte. "Vor dem Rennen hatte ich noch schwere Beine, aber ich merkte schnell, dass ich mich gut regeneriert habe", erklärte van der Poel, der selbst über seine gute Form im dritten Rennen innerhalb von drei Tagen überrascht war.

"Letzte Woche musste ich noch eine halbe Runde fahren, als Wout schon im Ziel war", antwortete der 25-Jährige, als er im Interview auf seinen großen Vorsprung auf Van Aert angesprochen wurde. Der Belgier kam diesmal gerade erst ins Ziel, als van der Poel bereits beim Sieger-Interview saß. Nur 17 Fahrer wurden nach der Glanzvorstellung des Niederländers in Hulst nicht aus dem Wettkampf genommen und beendeten das Rennen in der Siegerrunde.

Durch die Streichung der Niederländischen Meisterschaft steht van der Poel jetzt eine gezwungene Rennpause bevor. "Wir wissen selbst noch nicht, wohin ich ins Trainingslager fliege. Das hängt von den Quarantänebestimmungen ab. Wir haben noch keine Antwort bekommen, ob es für Sportler eine Ausnahme gibt. Wenn das klappt, dann will ich nach Spanien fliegen", sagte er mit Blick auf die kommenden drei Wochen bis zum Weltcup-Finale in Overijse und die eine Woche danach stattfindenden Weltmeisterschaften in Oostend.

Van Aert hatte vor allem in der Anfangsphase des Rennens Probleme. Mehrere Male rutschte der Belgier im Matsch weg. Trotzdem verlangte er nach Grifos. "Ich wollte andere Reifen haben. Durch den Wind ist der Parcours getrocknet. Darum wollte ich ein weniger grobes Profil", gab er zu Protokoll. Auch ein verpatzter Radwechsel kostete den dreifachen Weltmeister dann aber Zeit. "Irgendjemand hat unseren Wechsel gestört. Plötzlich war mein Fahrrad weg", beschrieb er die Szene, als er mit leeren Händen an seinem Mechaniker vorbeigelaufen war. Dieses Missgeschick sei allerdings nicht der Grund für den verpassten Sieg gewesen, gab er zu.

"Wenn Mathieu einen Top-Tag hat, muss man super sein, um in der Nähe bleiben zu können. Das war ich heute nicht", so Van Aert. Sein weiteres Programm ist für den werdenden Vater zurzeit kaum von Bedeutung. "Über die Nationale Meisterschaft habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich bin vor allem mit zu Hause beschäftigt", sagte er mit Blick auf die bevorstehende Geburt seines ersten Kindes.

Dass er in Hulst auf Sieg fahren wolle, hatte Pidcock am Vortag in Gullegem noch angekündigt. Dieses Vornehmen musste er aber schnell begraben. "Als ich sah wie Mathieu wegfuhr, wusste ich, dass ich nur um den zweiten Platz fahren würde. Dann muss man seinen Fokus verschieben. Ich bin zufrieden", so der Britische Meister, der sich mit Van Aert und Vanthourenhout einen packenden Kampf um Rang zwei lieferte. "Letztendlich war das Rennen eine Runde zu lang. Es war ein schwerer Kurs: sehr schnell, tiefer Schlamm. Es war schwer, einen Rhythmus zu finden", schilderte der 21-Jährige.

Europameister Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) gab den Wettkampf auf. Im Interview mit Sporza berichtete der Belgier noch während des Rennens von einem Knacken in der Schulter. "Ich habe schon in Baal gesagt, dass ich auf meinen Körper hören werde", erklärte der Europameister, der neue Untersuchungen für Montag ankündigte.

Im Weltcup-Gesamtklassement behauptete Van Aert seine Führung. Sein niederländischer Widersacher van der Poel übernahm allerdings die zweite Position und näherte sich ihm bis auf 15 Punkte. Das entscheidende Rennen der Serie findet am 24. Januar in Overijse statt.

So lief das Rennen:

Kurz vor Vollendung der ersten Runde löste van der Poel erstmals Toon Aerts (Baloise - Trek Lions) ab, der bis dahin für das Tempo gesorgt hatte. Das langgezogene Feld riss an mehreren Stellen und so überquerte Van Aert an vierter Position liegend bereits sieben Sekunden hinter dem Niederländer die Ziellinie.

Eine knappe Minute später verpatzte der dreifache Tour-de-France-Etappensieger einen Radwechsel, indem er an seinem neuen Arbeitsgerät vorbeilief, ohne es mitzunehmen, weil sein Mechaniker es fälschlicherweise wegzog. Aerts konnte indes dem Weltmeister nicht mehr folgen. Innerhalb kürzester Zeit baute dieser seinen Vorsprung auf den Belgier auf zehn Sekunden aus, auf der Zielgeraden lag das Verfolgertrio Aerts, Vanthourenhout, Van Aert bereits 20 Sekunden zurück.

Während van der Poel pro Runde etwa zehn Sekunden auf seine Verfolger gewann, verlor Van Aert nach mehreren technischen Fehlern den Anschluss. Diesen fand er aber später mit Pidcock zurück. Am gleichen Deich, den Betsema bei den Damen für ihre erfolgreiche Attacke nutzte, griff Vanthourenhout in der vierten von zehn Runden an.

Sein Intermezzo auf Rang zwei dauerte bis zum sechsten Umlauf, als dann Pidcock und van Aert den Belgier aber wieder erreichten. Zwei Runden später konnte das Duo den Belgier nach einer rabiaten Tempoverschärfung des Jumbo-Fahrers sogar abhängen.

Van der Poel zog von alledem unbeeindruckt seine Kreise. Er gewann das Rennen vor Van Aert, der den Briten in der Vorschlussrunde abschütteln konnte. Pidcock wurde Dritter vor Vanthourenhout und Aerts.

Ergebnis:
1. Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) 1:05:27 Stunden
2. Wout Van Aert (Jumbo - Visma) + 1:31 Minuten
3. Tom Pidcock (Trinity) + 1:49
4. Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen - Bingoal) + 2:41
5. Toon Aerts (Baloise - Trek Lions) + 3:07
6. Lars van der Haar (Baloise - Trek Lions) + 3:19
7. Quinten Hermans (Tormans Cycling Team) + 3:32
8. Laurens Sweeck (Pauwels Sauzen - Bingoal) + 3:37
9. Ryan Kamp (Pauwels Sauzen - Bingoal) + 4:12
10. Corne van Kessel (Tormans Cycling Team) + 4:46

Weltcup-Gesamtwertung nach 4 von 5 Rennen:
1. Wout Van Aert (Jumbo - Visma) 125 Punkte
2. Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) 110
3. Michael Vanthourenhout (Pauwels Sauzen - Bingoal) 106
4. Toon Aerts (Baloise - Trek Lions) 87
5. Quinten Hermans (Tormans Cycling Team) 78

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.04.2024UCI veröffentlicht kompakten Cyclocross-Weltcup-Kalender

(rsn) – Der vom Radsportweltverband UCI präsentierte Cross-Weltcup-Kalender 2024/25 weist einige bemerkenswerte Änderungen auf. So wurde die Anzahl der Rennen von 14 auf 12 reduziert, die zudem al

02.03.2024Neue Regeln sollen Crossstars zur Weltcup-Teilnahme zwingen

(rsn) – Die vielen Absagen von Topfahrern für die Cyclocross-Weltcups waren sowohl der UCI als auch Veranstalter Flanders Classics in diesem Winter ein Dorn im Auge. Schon während der Saison rausc

19.02.2024Iserbyt feiert beim X2O-Finale in Brüssel seinen 50. Sieg

(rsn) – Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) hat in Brüssel den finalen Lauf der X2O Badkamers Trofee 2023/24 gewonnen und den Zielstrich dabei 3:15 Minuten vor Lars van der Haar (Baloise – T

19.02.2024Brand verabschiedet sich mit zwei Siegen aus dem Cross-Winter

(rsn) – Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) hat ihre Cross-Saison bis zum Schluss durchgezogen und sich am letzten Wochenende des Querfeldein-Winters noch zwei Siege gesichert: Am Samstag gewann

11.02.2024Sprachloser Vandeputte gewinnt in Lille erstmals einen Topcross

(rsn) - Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) hat in Lille den größten Erfolg seiner Karriere gefeiert. Der 23-Jährige gewann beim siebten und vorletzten Lauf der X2O Trofee erstmals einen Cros

10.02.2024Iserbyt triumphiert nach Wiederauferstehung in Middelkerke

(rsn) – Trotz einer zwischenzeitlichen Schwächephase hat Eli Iserbyt (Pauwels Sauzen – Bingoal) in Middelkerke das Superprestige-Finale gewonnen und sich wie bereits im Vorjahr das Klassement der

10.02.2024Alvarado sichert sich ihren dritten Superprestige-Titel

(rsn) - Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) hat das Superprestige-Finale in Middelkerke gewonnen. 1:15 Minuten hinter ihr wurde Laura Verdonschot (De Ceuster – Bonache) Zweite. Den dritten Rang s

04.02.2024Van der Poel: “Das härteste Rennen, das ich je hier gefahren bin“

(rsn) – Das lateinische Zitat "veni, vidi, vici", welches Julius Cäsar zugeschrieben wird, passte auch perfekt zum Auftritt von Mathieu van der Poel bei den Cross-Weltmeisterschaften 2024 in Tabor

04.02.2024Emotionales WM-Finale! Stybar tritt unter Tränen ab

(rsn) – Als Mathieu van der Poel schon seine ersten Siegerinterviews gab, folgte das wohl emotionale Highlight des WM-Wochenendes im tschechischen Tabor, als der dreifache Weltmeister Zdenek Stybar

04.02.2024Backstedt: “Es hat sich alles wie in Zeitlupe angefühlt“

(rsn) - Sie war die große Favoritin im U23-Rennen der Frauen bei den Cyclocross-Weltmeisterschaften im tschechischen Tabor und am Ende setzte sich die Britin Zoe Backstedt überlegen durch. Doch was

03.02.2024Van Empel: “Ich habe mein Ding gemacht“

(rsn) – Der Frauen-Crosssport bleibt fest in niederländischer Hand. Das unterstrich der vierfache Triumph der Oranje-Fahrerinnen am Samstag bei den Weltmeisterschaften im tschechischen Tabor. Wie s

03.02.2024Brandau hatte in Tabor die Beine für Platz fünf

(rsn) – Vor 14 Jahren stand Elisabeth Brandau das erste Mal bei Cross-Weltmeisterschaften am Start. 2018 holte sie als Fünfte ihr bestes Ergebnis und dieses hätte sie im zarten Alter von 38 Jahren

Weitere Radsportnachrichten

25.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

25.04.2024Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

25.04.2024Teutenberg jubelt zum Auftakt der Tour de Bretagne

(rsn) - Nachdem er in seinen ersten drei U23-Jahren vergeblich einem UCI-Sieg hinterhergejagt war, eilt Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) in dieser Saison von Erfolg zu Erfolg. Nach sei

25.04.2024Lechner sorgt für den ersten UCI-Saisonsieg einer Deutschen

(rsn) – Corinna Lechner vom Bundesliga-Team Wheel Divas aus Berlin hat für den ersten Saisonsieg einer deutschen Frau auf UCI-Niveau gesorgt. Die 29-Jährige, die am 14. April bereits Dritte beim e

25.04.2024Romandie-Prologsieger Zijlaard bricht sich Ellenbogen

(rsn) – Nur zwei Tage nach seinem Triumph im Prolog der Tour de Romandie (2.UWT) hat Maikel Zijlaard (Tudor) einen heftigen Rückschlag hinnehmen müssen. Wie der 24-jährige Niederländer gegenüb

25.04.2024Bike-Aid: Dorn hat in der Türkei das Bergtrikot “ziemlich save“

(rsn) – Das deutsche Kontinental-Team Bike Aid ist weiterhin der Aktivposten der Türkei-Rundfahrt (2.Pro). Am fünften Tag in Folge war die saarländische Equipe in der Ausreißergruppe vertreten

25.04.2024Nys krönt ersten Ausreißversuch der Karriere, Lipowitz Vierter

(rsn) – Ein 21-Jähriger Crossspezialist aus Belgien hat bei der Tour de Romandie (2.UWT) für die nächste Überraschung gesorgt. Thibau Nys (Lidl - Trek) entschied auf der 2. Etappe die erste Berg

25.04.2024Jakobsen gibt Andresen Grünes Licht für den zweiten Etappensieg

(rsn) – Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL) hat mit dem zweiten Tagessieg in Folge seine Führung in der Gesamtwertung der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) ausgebaut. Der 21-jährige Däne

25.04.2024Drei Bergankünfte, Sprints, Windkantengefahr & Teamzeitfahren

(rsn) – Nachdem die Spanien-Rundfahrt im vergangenen Jahr von Torrevieja an der Costa Blanca vorbei an Madrid in den Norden nach Asturien an den Atlantik und zur abschließenden Bergankunft an den L

25.04.2024Zwölf deutsche Profis auf vorläufiger Startliste des Giro d´Italia

(rsn) – Insgesamt zwölf deutsche Profis werden nach aktuellem Stand am 4. Mai den 107. Giro d’Italia in Angriff nehmen, wie aus der vom Veranstalter RCS Sport veröffentlichten vorläufigen Start

25.04.202422 Teams am Start der 3. Tour de France Femmes

(rsn) – Mit insgesamt 22 Teams wird am 12. August im niederländischen Rotterdam die 3. Tour de France Femmes (2.WWT) gestartet. Beim Grand Départ dabei sein werden auch die beiden deutschen Frauen

24.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Der Franzose Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat sich die 1. Etappe der Tour de Romandie gesichert. Nach 165,7 Kilometern vom Château-d´Oex nach Fribourg, wobei sechs Bergwer

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)