Brite kann bei Strade Bianche Pogacar Paroli bieten

Pidcock mit gemischten Gefühlen in Siena: “Bittersüß“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Pidcock mit gemischten Gefühlen in Siena: “Bittersüß“ "
Tom Pidcock (Q36.5, vorne) und Tadej Pogacar (UAE - Emirates - XRG) im Finale von Strade Bianche nach dem Sturz des Weltmeisters. | Foto: Cor Vos

08.03.2025  |  (rsn) – Als Tadej Pogacar 18,5 Kilometer vor dem Ziel der Strade Bianche im vorletzten Gravelsektor Colle Pinzuto den Turbo zündete, gab Tom Pidcock noch einmal alles. Der neue Star des Schweizer Q36.5-Teams biss sich einen Moment lang am Hinterrad des Weltmeisters fest. Doch dann musste der Brite den Slowenen doch ziehen lassen und die 19. Auflage des toskanischen Schotterklassikers war entschieden.

Der 26-jährige Pogacar (UAE – Emirates – XRG) schafffte die Titelverteidigung trotz seines Sturzes 50 Kilometer vor dem Ziel und Pidcock musste sich mit Platz zwei zufrieden geben – nach einem fünften (2021), einem vierten (2024) und einem ersten Platz (2023) bei seinen drei bisherigen Teilnahmen. Doch war er das auch, zufrieden?

"Ich bin ziemlich müde, ehrlich gesagt", lächelte Pidock, nachdem er im Ziel-Interview am Eurosport-Mikrofon auf die Frage nach seiner Zufriedenheit erstmal lange nachdenklich ins Leere geschaut hatte. "Ja, natürlich, ich wollte gewinnen und ich denke ich habe auch eine gute Leistung gezeigt, ehrlich gesagt. Ich kam recht nah dran (an den Sieg, Anm. d. Red.)."

"Nah" bedeutete auf dem Zielstrich auf dem Piazza del Campo de facto 1:24 Minuten Rückstand auf den Mann im Regenbogentrikot. Sicher: Nur am Zeitabstand sollte man Unterschiede bei am Ende eines Eintagesrennens einzeln ins Ziel fahrenden Radprofis nicht festmachen. Der eine rollt auf den letzten Metern etwas mehr aus, der andere weniger. Und natürlich war Pogacar in Siena einmal mehr der klar Stärkste.

Doch Pidcock wusste eben doch zu imponieren. Denn als Tim Wellens 80 Kilometer vor dem Ziel im Schotter-Sektor Monte Sante Marie, wo Pogacar im Vorjahr sein langes Solo zum Sieg startete und auch diesmal wieder angreifen wollte, Tempo machte, setzte sich der Brite zwischen den Belgier und den Slowenen an der Spitze der Favoriten. Und als Wellens dann ausscherte, gab Pidcock sofort Vollgas – im Wissen, was nun passieren würde: Pogacar startete seine Attacke und Pidcock ließ sich nicht überraschen, sondern fuhr sofort Seite an Seite mit dem Top-Favoriten mit.

Gianetti zieht den Hut: "Chapeau an Pidcock!"

Gemeinsam erreichten sie die Spitzengruppe und arbeiteten dann gut zusammen, um sich abgesehen von Connor Swift (Ineos Grenadiers), der aus jener frühen Ausreißergruppe noch mit ihnen mithalten konnte, von allen Kontrahenten abzusetzen. "Sonst ist Tadej dieses Jahr noch niemand gefolgt – okay, er ist auch erst ein Rennen gefahren, aber auch letztes Jahr, abgesehen von der Tour de France", ordnete Pidcock seine eigene Leistung im Ziel ein. "Darüber bin ich happy, das war ein guter Schritt. Aber auf der anderen Seite hat er am Ende trotzdem nochmal attackiert und ist mir weggefahren. Deshalb: bittersüß."

Bei Pogacars UAE-Team hatte man nach dem Rennen entsprechend auch großen Respekt vor dem Briten. Denn Pidcock versteckte sich nicht, verweigerte am Hinterrad von Pogacar nicht etwa die Führungsarbeit, sondern ging von Beginn an munter mit durch den Wind. "Chapeau an Pidcock, denn das war professionell, ehrlich, ein starker Charakter", sagte UAE-Manager Mauro Gianetti nach dem Rennen zu Eurosport. "Dass er den ganzen Tag mit Tadej zusammengearbeitet hat – Chapeau an ihn!"

Pogacars Sturz: "Hat mir natürlich eine größere Chance gegeben"

Respektvoller Umgang, das spielte auch für Pidcock selbst an diesem 8. März in der Toskana eine große Rolle, wie er meinte. Denn nachdem sich Pogacar 50 Kilometer vor dem Ziel in einer Linkskurve in der Anfahrt zur ersten Passage des Colle Pinzuto-Sektors verschätzt hatte und gestürzt war, habe er nicht voll durchgezogen. Zwar zog Pidcock, der zum Zeitpunkt des Sturzes hinter Pogacar fuhr und sich auch danach kurz nach ihm umdrehte, zunächst voll weiter durch. Doch als der Vorjahressieger dann wieder auf dem Rad war und von hinten näher kam, habe er gewartet, erzählte Pidcock.

"Ich bin natürlich erstmal weitergefahren, denn ich wusste ja nicht, was passiert", sagte der 25-Jährige. "Aber als er dann zurück auf dem Rad war und wieder aufgeholt hat, habe ich natürlich gewartet. Er ist ein Gegner, aber da hat man Respekt und wartet. Da ist es auch egal, ob er Weltmeister ist oder nicht. Er hat einfach einen Fehler gemacht und so will man keinen Vorteil bekommen in einem Rennen. Und natürlich war es auch noch weit bis ins Ziel. So weit wollte ich nicht ganz allein fahren", so Pidcock grinsend.

Wechsel zu Q36.5 offenbar der richtige Schritt

Einen Vorteil hatte er nach dem Sturz dennoch. Denn auch wenn Pogacar im Ziel sagte, dass er die wahren Schmerzen erst nach dem Abfall des Adrenalinlevels auf der Piazza del Campo gespürt habe, so schwächten ihn die Verletzungen sicher auch im Rennen etwas – und: Er musste eben die 20 verlorenen Sekunden erstmal wieder aufholen, Warten hin oder her. "Lasst uns ehrlich sein: Natürlich hat mir das eine etwas größere Chance gegeben", sagte Pidcock. "Aber seine letzte Attacke war trotzdem noch zu stark für mich."

Auf Augenhöhe mit dem aktuellen Dominator des Radsports ist Pidcock also trotz des starken Auftritts bei Strade Bianche noch längst nicht. Glücklich mit seiner Entwicklung seit dem Wechsel von Ineos zu Q36.5 darf er aber wohl trotzdem sein. "Wenn man sieht, was ich im Vergleich zum letzten Jahr für einen Schritt gemacht habe, dann geht es definitiv in die richtige Richtung. Ich bin in ein neues Team gekommen, mit einem neuen Trainer und Ernährungswissenschaftler. Wir machen die Basics, so gut es geht, seit Dezember. Das sind also erst drei Monate", betonte er. 

Man darf gespannt sein, was Pidcock in der kommenden Woche bei Tirreno-Adriatico und vor allem danach am 22. März bei Mailand-Sanremo zeigen kann.

Mehr Informationen zu diesem Thema

09.03.2025Strade-Sturz als Abmahnung für Pogacars Roubaix-Träume

(rsn) – Die Begeisterung über die möglichen Startabsichten von Tadej Pogacar (UAE Emirates- XRG) beim WorldTour-Klassiker Paris-Roubaix hält sich zumindest bei seinem Teammanagement im Grenzen.

09.03.2025Auch Mitfavoriten Vacek und Scaroni gaben bei Strade Bianche auf

(rsn) – Sieger Tadej Pogacar war bei der 19. Strade Bianche (1.UWT) nicht der einzige Fahrer, der Bodenkontakt aufgenommen hatte. Wie so oft bei Rennen über unbefestigte Straßen kam es auch in der

09.03.2025Großschartner: “Geschenkt wird uns nichts“

(rsn) – Als 2016 Fabian Cancellara zum dritten Mal in seiner Karriere Strade Bianche gewann, war Felix Großschartner (UAE - Emirates – XRG) schon mit dabei. Seitdem ist der Österreicher das Renn

08.03.2025Niewiadoma gibt Entwarnung: “Mir geht es gut“

(rsn) – Für das deutsche Team Canyon – SRAM – zondacrypto ist der toskanische Schotterklassiker Strade Bianche (1.WWT) am Samstag zur großen Enttäuschung geworden. Anstatt mit Tour-de-France-

08.03.2025“Lichter aus“, aber Adria rettet in der Toskana die Red-Bull-Bilanz

(rsn) – Der Vorjahresdritte Maxim van Gils war bei Red Bull – Bora – hansgrohe  als Kapitän für die 19. Strade Bianche vorgesehen. Doch der Belgier musste wegen Krankheit passen. Für ihn in

08.03.2025Bilbao: “Es ist ein Überlebenskampf“

(rsn) - Die 19. Strade Bianche wurde zu einem Duell zwischen Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und Tom Pidcock (Q36.5), das der Weltmeister, obwohl er zuvor schwer gestürzt war, zu seinen Guns

08.03.2025Pogacars schwerer Sturz bei Strade Bianche im Video

(rsn) – Mit Beulen und Rissen im Regenbogentrikot sowie großen Wunden ist Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) bei der Strade Bianche zu seinem dritten Sieg gefahren. Grund dafür war ein schwe

08.03.2025Schweinberger bei Strade-Sturz mit Glück im Unglück

(rsn) – In den letzten beiden Jahren zählte Christina Schweinberger (Fenix – Deceuninck) bei Strade Bianche zu den besten Fahrerinnen ihres Teams, doch diesmal verhinderte ein Unfall, dass die Ti

08.03.2025Pogacar gewinnt Strade Bianche trotz Sturz im Rekordtempo

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) hat zum dritten Mal das Schotter-Spektakel Strade Bianche gewonnen. Ein Angriff seines stärksten Kontrahenten Tom Pidcock (Q36.5) läutete bereits 78

08.03.2025Highlight-Video des 11. Strade Bianche Donne

(rsn) – Nachdem sie sich beim Omloop Nieuwsblad noch mit Rang drei hatte begnügen müssen, war Demi Vollering (FDJ – Suez) bei der 11. Strade Bianche Donne (1.WWT) nicht zu stoppen. Die 28 Jahre

08.03.2025Vollering triumphiert im Duell gegen ihre frühere Sportdirektorin

(rsn) – Demi Vollering (FDJ – Suez) hat zum zweiten Mal nach 2023 die Strade Bianche Donne (1.WWT) für sich entschieden. Die 28 Jahre alte Niederländerin setzte sich bei der 11. Ausgabe des ital

08.03.2025Bardet muss auf Paris-Nizza verzichten

(rsn) – Romain Bardet (Picnic – PostNL) wird nicht wie geplant beim 83. Paris-Nizza (9. – 16. März) starten können. Wie sein Team mitteilte, laboriere der 34-jährige Franzose noch immer an de

Weitere Radsport-Markt-Nachrichten

16.03.2025Lipowitz imponiert bei seinem ersten Einsatz als Leader

(rsn) – Auf der Königsetappe von Paris-Nizza hatte Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) dem Gesamtführenden Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) noch drei Sekunden abgenommen. B

16.03.2025Bennett sprintet beim Tirreno-Finale in die Weltelite zurück

(rsn) - Jonathan Milan (Lidl – Trek) sah schon wie der sichere Sieger der Abschlussetappe des Tirreno Adriatico in San Benedetto del Tronto aus, da flog auf der rechten Bahn noch ein Mann in der bla

16.03.2025Jorgenson gelingt Titelverteidigung mit Ansage, Lipowitz Zweiter

(rsn) – Er hatte es von Anfang keinen Zweifel an seinen Ambitionen gelassen. “Ich will Paris-Nizza gewinnen“, kündigte Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) vor dem 80. Paris-Nizza (2. UWT)

16.03.2025Balsamo sprintet in Cittiglio zu ihrem dritten Sieg

(rsn) - Elisa Balsamo (Lidl - Trek) hat zum dritten Mal binnen vier Jahren die Trofeo Alfredo Binda für sich entscheiden können. Bei der 26. Ausgabe des italienischen Eintagesrennens setzte sich die

16.03.2025Bei Kälte und Regen: Ayuso holt sich den Dreizack vor Ganna

(rsn) – Juan Ayuso (UAE – Emirates – XRG) hat sich nach der Baskenland-Rundfahrt im letzten Jahr bei Tirreno-Adriatico seinen zweiten Gesamtsieg in der WorldTour gesichert. Auf den abschließend

16.03.2025Pogacar: Entscheidung über Roubaix-Debüt nach Mailand-Sanremo?

(rsn) – Spätestens nach dem schweren Sturz bei Strade Bianche schien es ausgeschlossen, dass Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) schon in dieser Saison sein Debüt auf dem Kopfsteinpflaster v

16.03.2025Uijtdebroeks: Taubheitsgefühle in den Beinen sind wieder zurück

(rsn) – Zu Beginn der Saison schien es, als ob Cian Uijtdebroeks seine gesundheitlichen Probleme des vergangenen Jahres überwunden hätte. Der Belgier musste im vergangenen Herbst die Vuelta a Esp

16.03.2025Viel investiert, nicht gewonnen und trotzdem zufrieden

(rsn) - Nein, Red Bull – Bora - hansgrohe besteht bei Tirreno – Adriatico nicht nur aus Roger Adria. Der Spanier steuerte bei der 60. Ausgabe der Fernfahrt bisher die Etappenplatzierungen 3, 5 und

16.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

15.03.2025Bräutigam und Teutenberg holen im Madison Silber

(rsn) – Mit einem zweiten Platz überraschten Messane Bräutigam und Lea Lin Teutenberg im Madison-Wettbewerb der Frauen beim einzigen UCI Track Nations Cup in dieser Saison. In Konya in der Türkei

15.03.2025Highlight-Video der 6. Etappe von Tirreno-Adriatico

(rsn) – Nachdem er sich bei Tirreno-Adriatico im vergangenen Jahr Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) geschlagen geben musste, ist Juan Ayuso (UAE Team Emirates – XRG) auf bestem Weg, sich b

15.03.2025Pedersen präsentiert sich bei Paris-Nizza in Sanremo-Form

(rsn) – Den Sprint der Favoritengruppe an der Skistation Auron gewann ein Fahrer aus der Lidl-Trek-Mannschaft. Leider nicht Mattias Skjelmose, den man am ehesten bei den anderen Klassement-Fahrern

JEDERMANN-RENNEN DIESE WOCHE
  • Keine Termine