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09.03.2017 | Die E-Revolution auf deutschen Straßen findet bereits statt. Neueste Zahlen zeigen: Im vergangenen Jahr wurden 605 000 Elektrofahrräder in Deutschland verkauft, ein Plus von 13 Prozent zu 2015. Damit rollen nun über drei Millionen E-Bikes hierzulande auf den Straßen.
Zum Vergleich: Die Zahl der E-Autos liegt gerade mal bei rund 25 500. Der pressedienst-fahrrad zeigt, wie sich das E-Bike in diesem Jahr weiter wandeln wird, welche Trends auf den Markt kommen, und welche Innovationen zu erwarten sind.
[pd-f/ tg] Wer im Sommer 2017 mit einem „My Volta“ (3999 Euro) von My Boo fährt, fällt nicht wegen des E-Motors auf. Das E-Bike zieht durch seinen Rahmen aus Bambus die Blicke auf sich. Dieser wird aus dem natürlichen Rohstoff per Hand in einer Fabrik in Ghana gefertigt – sozial gerecht und ökologisch wertvoll.
Das weltweit erste Bambus-E-Rad steht sinnbildlich für den Imagewandel der elektrifizierten Räder, den auch Anja Knaus vom Elektrorad-Pionier Flyer sieht: „Die Zeiten, in denen E-Bikes als Reha-Mobile galten, sind lange vorbei. Heute sind sie praktische Alltagsfahrzeuge, Lifestyle-Objekte und Sportgeräte – und die Entwicklung steht nicht still.“ E-Bikes sind also mittlerweile weit mehr als Fahrräder mit angeschraubtem Motor und Akku.
Flyer als einstiger Pionier ist längst etabliert, und kommt 2017 ebenfalls mit einer Weltneuheit auf den Markt: In Zusammenarbeit mit dem langjährigen Antriebspartner Panasonic wurde das weltweit erste komplett im Motor integrierte Zwei-Gang-Getriebe entwickelt. Damit soll erreicht werden, dass der E-Biker die passende Tretunterstützung in jedem Terrain bekommt – egal ob im Gelände oder in der Stadt.
Die Entwicklung ist Teil der neuen „Flyer Intelligent Technology“ (FIT) und kommt z. B. beim E-MTB „Uproc 7“ (ab 4.699 Euro) oder der urbanen „U-Serie“ (ab 4.399 Euro) zum Einsatz. „Beim FIT-System sind die Komponenten Motor, Akku und Display harmonisch integriert und aufeinander abgestimmt. Durch ständige Kommunikation wird die für jede Fahrweise passende Einstellung gefunden“, beschreibt Knaus. Hinzu kommt ein „Remote“-Hebel, der die Steuerung des Systems per Daumen und Joystick erlaubt. „Die Hände bleiben deshalb ständig am Lenker“, so Knaus.
Alles wie beim Fahrrad – nur mit Strom
Der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) schätzt, dass rund drei Millionen E-Bikes in Deutschland unterwegs sind, Tendenz weiter steigend. Rund 98 Prozent aller verkauften Elektroräder sind sogenannte Pedelecs. Der Motor unterstützt dabei nur, wenn man in die Pedale tritt, und bis maximal 25 km/h. Die Räder sind mit einem 250-Watt-Motor ausgestattet und rechtlich Fahrrädern gleichgestellt. Das bedeutet: keine Helmpflicht und Fahren auf Radwegen ist erlaubt.
„Durch die höheren Geschwindigkeiten der Räder ist es jedoch ratsam, einen Helm zu tragen, und spezielle Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer zu nehmen“, rät Torsten Mendel vom Sicherheits-Experten Abus.
Die beliebtesten Radgruppen sind laut ZIV E-City-Räder mit einem Marktanteil von 45 Prozent und E-Trekkingräder mit einem Anteil von 35,5 Prozent. Doch kaum ein Fahrrad-Segment, dass noch ohne E-Unterstützung auskommt.
Elektro-Power auch für Falt- und Liegeräder
„Bei uns kommen die Leute mit einem Doppelgrinsen von der Testfahrt zurück: Zum Überraschungsfaktor Liegerad kommt der Aha-Effekt der Motorunterstützung“, sagt Alexander Kraft von HP Velotechnik. Der Liegeradhersteller bietet seine Modelle optional mit E-Unterstützung an – und erarbeitet dabei spezielle Lösungen wie eine vollautomatische Gangschaltung und bei Trikes einen E-Rückwärtsgang.
Auch Rennräder oder Kinder-Mountainbikes sind mit Motor zu haben. Und selbst das elektrifizierte Faltrad steht in den Startlöchern. „Unser Partner Brompton arbeitet gerade an einer Lösung, wie das Antriebssystem sinnvoll mit dem Faltmechanismus kombiniert werden kann“, verrät Henning Voss vom deutschen Brompton-Vertrieb Voss Spezial-Rad. Mit einer Vorstellung des E-Faltrads aus England wird Mitte des Jahres gerechnet, die Markteinführung in Deutschland ist später geplant.
Mit dem E-Bike pendelt es sich leichter
Im Alltag nutzen Pendler liebend gerne die Vorzüge der elektrischen Unterstützung. „E-Bikes stehen exemplarisch für den Mobilitäts-Wandel in den großen deutschen Städten. Sie ermöglichen schnelles Vorankommen von A nach B, ohne sich dabei Gedanken um Stau machen zu müssen“, beobachtet Susanne Puello, Geschäftsführerin der Winora Group.
Der Schweinfurter Hersteller hat sein Angebot an Elektrorädern in den letzten Jahren deutlich erweitert und setzt zur neuen Saison bei seinen City-Rädern verstärkt auf System-Integration. Bei einigen Modellen (z. B. „Manto M8 disc“, 1999 Euro) sind Akku und Motor komplett verbaut, und auf die Optik des Rades abgestimmt.
„Bei manchen Rädern fällt es gar nicht mehr auf, ob mit Antrieb gefahren wird oder ohne. Der E-Bike-Käufer sollte vorab überlegen, welches Rad zu seinem alltäglichen Nutzungsverhalten am besten passt. Gerne hier auch vorab intensiv testen“, gibt Marijke van Dijk von Koga als Tip für den Fahrradkauf. Der niederländische Hersteller nutzt bei seinem Tiefeinsteiger „E-Tour“ (3198 Euro) einen herausnehmbaren, im Unterrohr integrierten Akku sowie einen kleinen, unauffälligen Hinterradnabenmotor.
Der Zweitwagen für die Stadt
Große Ladeflächen, die selbst für den Transport von Waschmaschinen oder Kühlschränken Platz bieten: E-Lastenräder werden als Transporthelfer im Alltag immer beliebter. Der Marktanteil dieser Modellgruppe hat im letzten Jahr laut ZIV ca. 2,5 Prozent des E-Bike-Marktes ausgemacht.
„Gerade bei jungen Familien ersetzt das E–Lastenrad auch gerne einmal den Zweitwagen“, weiß Markus Riese von Riese & Müller. Cargo-Bikes wie das „Packster“ (ab 3999 Euro) bieten auf ihrer Ladefläche Platz für eine Kinderbank oder den Großeinkauf – inklusive Getränkekisten. Dabei sind sie günstiger in Anschaffung und Unterhalt als ein vergleichbarer Kleinwagen. Kombiniert mit einem Carbon-Riemen statt einer Kette (z. B. „CDX“-Antrieb von Gates) hat man ein sorgloses, wartungsfreies Paket für den Alltag.
Hotspots abseits des Mainstreams finden
Der Wochenendausflug führt mit E-Bikes nicht mehr nur am Fluss entlang, oder ist nach 20 Kilometern erledigt. Die Räder laden ein, andere Wege und Sehenswürdigkeiten zu erkunden – was die Hotspot-Jagd neu eröffnet.
„Auf Reisen ergeben sich komplett neue Eindrücke von der Region, wenn man etwas abseits der gängigen, stark frequentierten Radwege fahren kann. Selbst wenn ein bisschen Kondition fehlt, kann die Tour dank E-Motor verlängert werden“, erklärt Stefan Stiener vom Reiserad-Anbieter Velotraum. Der auf Custom-made-Räder spezialisierte Hersteller beweist mit dem „E-Finder“ (ab 4500 Euro), dass auch kleine Produzenten mit ihrem Wissen, ihrer Kundennähe und ihrer Expertise im E-Bereich punkten können.
Die Zusatz-Power für den Berg
Ein buntes Beispiel für den Image-Wandel ist die wachsende Gruppe von E-Mountainbikern. Der ZIV gibt für deren Marktanteil 2015 rund 15 Prozent an. „Bergauf können sie komplett neue Wege und Trails erkunden. Die Räder machen also nicht nur Lust auf Downhill, sondern auch auf Uphill – und die Zielgruppen werden jünger“, stellt Ingo Beutner vom Hersteller Haibike fest.
Mit E-Mountainbiken wird das Geländefahren neu definiert, und zu einem eigenen Sport. Rennserien, Kräftemessen bei Events oder auch erste spezialisierte E-MTB-Strecken in Bikeparks sind im Entstehen.
Komponenten werden E-tauglich
Gleichzeitig werden extra auf das Nutzerverhalten abgestimmte Zubehör-Produkte entwickelt. Der amerikanische Komponenten-Hersteller Sram stellte im Frühjahr mit der „Guide RE“ (ab 145 Euro) eine spezielle E-Bike-Bremse vor. Ideen aus dem Downhill-Mountainbike-Sport flossen bei der Entwicklung mit ein.
„Beim E-Bike, speziell beim E-MTB, wirken höhere Geschwindigkeiten und größere Kräfte als bei normalen Rädern“, begründet Tobias Erhard den Schritt.
Und Licht-Spezialist Busch & Müller bringt 2017 den Scheinwerfer „Lumotec IQ-X E“ (149,90 Euro) auf den Markt. Er wird durch den E-Bike-Akku gespeist, und erreicht so die enorme Beleuchtungsstärke von 150 Lux. „Bei der baugleichen Version für Naben-Dynamos liegen wir bei 100 Lux“, erläutert Marketing-Manager Sebastian Göttling.
Für den Schutz der Antriebskomponenten bietet Fahrer Berlin die nötigen Accessoires: Das „Akku Cover Summer“ (44 Euro) schützt Akku und Unterrohr vor Schlägen und Verschmutzung, die Schutzblechverlängerung „E-Bike Latz“ (12,90 Euro) dient als zusätzlicher Spritzschutz.
Zukunftsmusik liegt in der Luft
Das E-Bike steht auch vor den Herausforderungen der digitalen Welt, und muss hier seinen Platz finden. Die Idee, Schnittstellen zwischen E-Bike-Display und Smartphone zu nutzen, ist schon weit verbreitet. E-MTB-Hersteller Haibike arbeitet zusammen mit der Deutschen Telekom an einer Konnektivitäts-Lösung. Das System nennt sich „E-Connect“.
Der Austausch von Trainingsdaten via Apps, oder ein automatischer Notruf bei einem Unfall sollen dabei realisiert werden. „Das E-Bike wird so zum Teil eines digitalen Netzwerks“, erklärt Ingo Beutner.
Auch beim Thema Akku entwickelt sich die Technologie rasant, zum Nutzen der Verbraucher. Die verbreitete Lithium-Ionen-Technologie liefert schon heute die nötige Unterstützung für Reichweiten bis ca. 120 Kilometer. Für 2018 wurden vom Batterie-Produzenten BMZ bereits neue Zellen angekündigt, die mehr Energie bereitstellen sollen, und auch schnellere Vollladungen ermöglichen.
Die Aussicht auf Ladezeiten von rund einer Stunde lässt die Augen von E-Bikern leuchten. Auch Lithium-Schwefel-Batterien als leichtere Alternativen werden für die Zukunft gehandelt. Antriebe mit Wasserstoff oder einer Brennstoffzelle sind hingegen in nächster Zeit zumindest flächendeckend nicht zu erwarten – obwohl es auch hier schon Prototypen gibt.
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