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Brandau: Spagat zwischen Familie, Business und Spitzensport

Von Kevin Kempf

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Elisabeth Brandau | Foto: Cor Vos

17.11.2024  |  (rsn) – Die deutsche Cross-Meisterin Elisabeth Brandau ist kürzlich in der Weltrangliste an Judith Krahl (Heizomat – Herrmann) vorbeigezogen und nun auf Platz 34 dort die beste Fahrerin aus Deutschland. Von ihren bisher fünf Saisoneinsätzen hat sie drei gewonnen, die anderen beiden Rennen beendete sie jeweils als Zweite. Es läuft also alles nach Plan bei der 38-Jährigen - sollte man meinen.

Doch geplant war nichts davon. “Ich hatte eigentlich diesen Winter gar nichts vor, bekam dann aber die Einladung in die Schweiz. Im Sommer hatte ich nicht viel trainiert, da es in den Ferien mit dem Training nicht so hingehauen hatte. Deshalb hatte ich mir für den Winter nichts vorgenommen“, sagte Brandau gegenüber RSN. Im Oktober hatte sie bei jenen C2-Rennen in der Schweiz gleich zweimal die Nase vorn – gegen überschaubare Konkurrenz. “Mir fehlt komplett die Basis und ich merke auch, dass ich mich nach den Wettkämpfen länger erholen muss“, erzählte sie weiter.

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Das sind überraschende Töne nach einem sehr erfolgreichen Saisonauftakt. Letzten Winter bestritt Brandau nur acht Wettkämpfe, der Sieg bei der DM in Radevormwald blieb ihr einziger. Nach der schlechten Vorbereitung ging sie diese Cross-Saison entsprechend vorsichtig an. “Nachdem ich aber drei Rennen gewonnen hatte und Italien und das andere Rennen nicht so schlecht waren, überlege ich gerade, ob ich nicht doch vielleicht einen Weltcup fahre“, kündigte sie jetzt aber an. Doch solche Überlegungen bringen für die dreifache Mutter automatisch Probleme mit sich. “Wie ich das organisatorisch mit der Familie über Weihnachten und Neujahr machen würde, weiß ich aber noch gar nicht. Da müsste ich noch irgendjemanden finden. Lust hätte ich aber schon.“

Auch der Tag von Tausendsassas hat nur 24 Stunden

Familie, ein Fahrradgeschäft, Arbeit als Gesundheitsexpertin, Willenskraft-Motivatorin, Trainerin, Therapeutin - und Topsport. Wie ist es überhaupt möglich, das alles unter einen Hut zu bekommen? “Wir haben alle nur 24 Stunden, deswegen ist mein Training nicht so auf Stunden ausgelegt, da habe ich wirklich maximal nur sechs oder sieben pro Woche. Fürs Cross langt es noch mit meiner Basisleistung auf diesem Niveau, im Weltcup wird es wohl aber wieder anders aussehen“, vermutete Brandau. <

Bei der Cross-WM 2018 im niederländischen Valkenburg bejubelte Elisabeth Brandau ihren fünften Platz – es war ihr bisher bestes Ergebnis bei Welttitelkämpfen im Gelände. | Foto: Cor Vos

“Ich habe bestimmte Dinge, die mir vom Talent her taugen – und andere eben nicht. Deswegen muss ich mich entscheiden, in welche Richtung ich trainiere. Letztendlich habe ich aber alles gut organisiert. Mein Mann arbeitet bei mir und ich kann je nach Aufgabe meine Zeiten ziemlich flexibel legen. Wenn man unternehmerisch arbeitet, ist es auch so, dass man manche Aufgaben abgeben sollte“, erklärte sie.

Doch trotz ihrer Vielseitigkeit setzt Brandau deutliche Prioritäten: “Der Fokus liegt natürlich auf den Kindern und ich bin jetzt gerade dabei, den Fahrradladen auszubauen und meine Praxis geht quasi von selbst: Wenn etwas kommt, dann kommt es. Beim Schreiben der Trainingspläne kann ich Sportler supporten und muss dafür nicht immer zu Hause sein“, berichtete sie.

Cross oder MTB?

Trotz des ausgezeichneten Starts in die Querfeldein-Saison weiß Brandau noch nicht genau, wo es diesen Winter hingehen soll. “Ob ich bei der Cross-WM 18. oder 19. werde ist mir langsam auch egal. Ich habe auch ein Angebot für das Cape Epic. Vielleicht wäre es eine coole Idee, darauf hinzuarbeiten und die Cross-Saison diesbezüglich mitzunehmen. Wenn ich keine Ziele habe, trainiere ich auch nicht ordentlich“, sagte sie. Beim südafrikanischen Cape Epic, das vom 17. bis zum 23. März 2025 ausgetragen wird, müssen Mountainbiker in Zweierteams 608 Kilometer und 16.500 Höhenmeter absolvieren. Neben dem sportlichen Wert, der seit der Premiere des Events 2004 stetig steigt, bietet das Cape Epic einen hohen Abenteuergehalt.

Brandau gehört sowohl auf dem Mountainbike als auch auf dem Crossrad seit Jahren zu den besten Deutschen und konnte in beiden Disziplinen mehrmals das Meistertrikot erringen. Auf den breiten Reifen wurde sie 2021 zur Olympionikin, viele Male schaffte sie es im Weltcup unter die ersten Zehn. Rückblickend aber hätte sie es lieber anders gemacht. “Cross liegt mir, das wäre vermutlich die Sportart gewesen, auf die ich 100 Prozent hätte legen sollen“, lautete ihr überraschendes Fazit.

Auch auf dem Mountainbike ist Brandau erfolgreich: 2021 nahm sie an den Olympischen Spielen in Tokio teil und belegte beim Sieg der Schweizerin Jolanda Neff Rang 32. | Foto: Privat

“Der Gedanke dieses Jahr war auch, im Sommer gut zu trainieren und dann Cross zu fahren, aber das Training hat nicht hingehauen und deswegen bin ich unsicher, wie es international klappen wird. Es gibt aber vermutlich keinen Sportler, der immer selbstsicher ist und bei dem immer alles gerade läuft. Da muss man auch mal Stärke zeigen. Deswegen wäre die WM nochmal ein Ziel, um ohne Defekt durchzukommen und ein gutes Ergebnis zu erzielen“, so Brandau, die in diesem Jahr Materialpech hatte und nach Rang fünf 2018, Platz neun 2021 und Rang zwölf im Jahr 2022 nur 21. von 33 WM-Starterinnen wurde.

Bundesliga-Starts wären "finanziell totaler Nonsens"

Die Wettkämpfe in der Heimat lässt Brandau dabei – mit Ausnahme der DM – komplett aus. “Bundesliga-Rennen werde ich nicht fahren, das wäre finanziell totaler Nonsens. Da müssten sich die Deutschen etwas anderes überlegen, wenn sie hochkarätige Sportler wollen“, äußerte sie sich kritisch und fügte an: “Auch das Niveau der Rennkurse und der Fahrer ist in Deutschland echt niedrig. Das ist superschade, denn ich würde da gern mehr supporten.“

Während sie ihre Wettkämpfe dieser Saison in der Schweiz und in Italien abspulte, werden die Bundesligaläuft oft im Norden Deutschlands ausgetragen. “Nach Hamburg zu fahren und gefühlt fünf Tage Reisezeit zu haben, Startgeld zu zahlen und eigentlich nichts rauszukriegen – das ist nur ein Drauflegegeschäft. Und das ist der Sport sowieso, vor allem in Deutschland, weil der Stellenwert zu niedrig ist. Und dann muss ich sehen, inwieweit ich Bock habe, mein Privatgeld da reinzustecken“, erläuterte die Süddeutsche.

So wird Brandau auch diesen Winter vor allem im Ausland zu sehen sein. “Bei den großen Rennen gibt es noch den mentalen Anreiz, um mich zu steigern und etwas zu erreichen, was ich noch nicht erreicht habe. Eine Senioren-Lizenz darf ich noch nicht nehmen, aber wenn ich mal ein Jahr Pause gemacht habe und meine UCI-Punkte weg sind, dann kann man sich vielleicht noch mal über Bundesliga und Spaßrennen unterhalten, wenn meine Kinder alt genug sind“, sagte Brandau, deren jüngste Tochter im April 2023 zur Welt kam.

“Jetzt muss ich immer abwägen, ob ich meine Zeit in die Kinder investiere oder in den Sport. Deswegen muss ich gut überlegen, was Sinn macht und was nicht – natürlich höre ich aber auch ein wenig auf mein Sportlerherz, sonst würde ich es eh' nicht mehr machen“, schloss sie.

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