Zeitfahrsieg vor Reusser, Dygert schwer verletzt

Nach viermal Silber hält van der Breggen WM-Gold in der Hand

Foto zu dem Text "Nach viermal Silber hält van der Breggen WM-Gold in der Hand"
Das Podium des WM-Zeitfahrens, v.l.: Marlen Reusser, Anna van der Breggen, Ellen van Dijk | Foto: Cor Vos

24.09.2020  |  (rsn) - Überschattet vom schweren Sturz der Top-Favoritin Chloe Dygert, die nach Zwischenbestzei stürzte und mit einer schweren Beinverletzung ausschied, hat sich Anna van der Breggen erstmals in ihrer Karriere den Titel in einem WM-Zeitfahren gesichert. Mit einem starken Finale verdrängte die Olympiasiegerin in Imola die unmittelbar vor ihr gestartete Schweizerin Marlen Reusser noch vom ersten Platz und gewann nach viermal Silber erstmals Gold im Kampf gegen die Uhr.

Die 30-jährige van der Breggen benötigte für die 31,7 Kilometer des Hochgeschwindigkeitskurses mit Start und Ziel auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari 40:20 Minuten und war damit 15 Sekunden schneller als die Schweizer Zeitfahrmeisterin Reusser, die Silber gewann. Bronze ging an van der Breggens Landsfrau Ellen van Dijk (+0:31). Die Deutsche Zeitfahrmeisterin Lisa Brennauer durfte zwischenzeitlich auf eine Medaille hoffen, am Ende sprang mit 45 Sekunden Rückstand auf van der Breggen Rang vier heraus. Die zweite deutsche Starterin Mieke Kröger wurde Achte (+1:31), die Österreicherin Anna Kiesenhofer (+2:30) belegte Rang 18.

"Nachdem ich so oft Zweite geworden bin, kann ich es noch nicht wirklich glauben“, sagte van der Breggen im Ziel, in dem sich wie auch entlang der Strecke aufgrund der Corona-Auflagen kaum Zuschauer aufhielten. "Ich hatte keine Ahnung, ich sagte nur zu (Sportdirektor) Danny Stam im Auto: 'Gib mir keine Zeiten. Es ist egal, ich möchte nur so schnell wie möglich bis zur Ziellinie fahren.' Ich habe erst auf der Ziellinie gehört, dass ich gewonnen habe. Es ist unglaublich und ich bin wirklich glücklich", fügte sie an.

“Ich bin glücklich über die Silbermedaille. Anna ist richtig stark. Sie hat die Kraft, weiß, wie man klettert und weiß, wie man abfährt. Sie war am Ende auf den letzten sechs Kilometern schneller. Sie ist erfahrener und noch ein viel größerer Profi als ich“, sagte die 29-jährige Reusser, die an der Zwischenzeit noch zehn Sekunden schneller unterwegs war als van der Breggen, aber bereits hier 26 Sekunden hinter der 23-jährigen Dygert lag, ehe die Vorjahressiegerin nach einer Kurve über die Leitplanke stürzte und sich dabei eine tiefe Schnittwunde an ihrem linken Oberschenkel zuzog.

So landete die 33-jährige van Dijk noch auf dem Podium, obwohl sie das Rennen zu langsam angegangen war. "An erster Stelle habe ich ein Gefühl der Unzufriedenheit. Ich bin zu vorsichtig gestartet“, sagte van Dijk dem TV-Sender NOS. Tatsächlich wurde die Weltmeisterin von 2013 am zwischenmesspunkt nur mit der sechstschnellsten Zeit geführt und drehte dann in der zweiten Hälfte erst so richtig auf. “Im Ziel dachte ich: ‘Das reicht nicht.‘“ Es reichte zumindest zur vierten WM-Medaille in einem Zeitfahren.

Nachdem es in den vergangenen Jahren in ihrer Spezialdisziplin nicht nach Wunsch gelaufen war, zeigte sich Brennauer mit ihrer Leistung von Imola zufrieden. “Ich freue mich, dass ich mal wieder in einem internationalen Zeitfahren so weit vorne reinfahren konnte. Das gab es lange Zeit nicht. Klar, kurz war die Enttäuschung da, ich wollte doch so gerne eine Medaille gewinnen, da ich so knapp dran war“, sagte die Weltmeisterin von 2014, der letztlich 14 Sekunden zur Bronzemedaille fehlten.

So lief das Rennen:

Bei besten Wetterbedingungen eröffnete Amber Joseph (Barbados) auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari den Reigen der 50 Starterinnen, die auf dem 31,7 Kilometer langen Kurs im Südwesten von Imola insgesamt nur 200 Höhenmeter bewältigen mussten. Auf der ersten Rennhälfte blies den Frauen recht starker Wind ins Gesicht, auf dem Weg ins Ziel gab es dafür Rückenwind.

Den ersten Paukenschlag landete die Australierin Grace Brown, die mit 41:22 Minuten die Zeiten der Dänin Emma Cecilie Norsgaard Jorgensen (41:42) und der Bielefelderin Mieke Kröger (41:51) deutlich unterbot. In der Endabrechung sollte es zum fünften Platz reichen.

Diese Zeiten waren allerdings Makulatur, als die Favoritinnen ihre Rennen in Angriff nahmen. Zunächst stellte Brennauer eine neue Bestmarke beim Zwischenmesspunkt nach 14,9 Kilometern auf, ehe die nach ihr gestartete Reusser eine weitere Bestzeit fuhr. Die Bernerin war  zehn Sekunden schneller als van der Breggen - aber 26 Sekunden langsamer als Dygert, die, als letzte gestartet, in 19:35 Minuten als einzige Fahrerin hier unter der 20-Minuten-Marke blieb.

Van der Breggen zieht im Finale noch an Reusser vorbei

Kurz darauf endete der Traum von der Titelverteidigung allerdings an einer Leitplanke, als die US-Amerikanerin in einer Kurve die Kontrolle über ihre Zeitfahrmaschine verlor und einen Abhang hinab stürzte. Danach schien Reusser auf dem Weg zum WM-Gold, nachdem sie im Ziel Ex-Weltmeisterin van Dijk, die mit einem starken Finale noch an Brennauer vorbeigezogen war, mit 16 Sekunden Vorsprung vom ersten Platz verdrängte.

Doch van der Breggen hatte sich ihre Kräfte am besten eingeteilt und verwandelte in der zweiten, technischen Streckenhälfte ihren Rückstand von der Zwischenmarke noch in einen Vorsprung von 15 Sekunden auf Reusser. Bei 40:20 Minuten blieb die Uhr stehen, als die Olympiasiegerin über den Zielstrich jagte und sich ihren ersten Weltmeisterschaftstitel im Zeitfahren sicherte.

Aber auch Reusser konnte sich freuen, gelang ihr doch nach Rang sechs im vergangenen Jahr in Harrogate der Sprung erstmals bei Welttitelkämpfen in ihrer Spezialdisziplin der Sprung aufs Podium. Brennauer wurde Vierte und holte damit ihr bestes Ergebnis seit Richmond 2015, als sie in Richmond Bronze gewann.

Bemerkenswert war auch die Vorstellung der bereits 45-jährigen Amber Neben. Die US-Amerikanerin, Weltmeisterin von 2016 und Vierte von Harrogate, landete nach einem weiteren starken Auftritt auf dem sechsten Platz (+1:20) und damit noch vor Norsgaard Jorgensen (1:22), Kröger, ihrer Landsfau Lauren Stephens (+1:43) und der Italienerin Vittoria Bussi (+1:46).

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.12.2020Alaphilippe will die Zeit im Regenbogentrikot genießen

(rsn) - Zwei Monate nach seinem WM-Sieg von Imola präsentierte Julian Alaphilippe das Regenbogentrikot, in dem er die Saison 2021 bestreiten wird - die achte in Diensten des belgischen Teams Deceunin

23.12.2020Schweizer Bundesregierung will Geld für abgesagte WM zurück

(rsn) - Fast elf Millionen Euro Steuergeld haben die Schweizer Bundesregierung, die Kantone Waadt und Wallis sowie die Gemeinden für die Austragung der Straßen-WM 2020 zur Verfügung gestellt. Ein G

28.09.2020Titelverteidiger Alaphilippe verzichtet auf den Flèche Wallonne

(rsn) - Nach seinem WM-Triumph von Imola deutete Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) bereits am Sonntagabend gegenüber dem französischen Radiosender RMC an, dass er auf seinen Start beim F

28.09.2020Albasini brachte beim WM-Abschied Hirschi gut durchs Rennen

(rsn) – Michael Albasinis Karriere wäre schon beendet gewesen. Nach den Ardennenklassikern und der Tour de Suisse wollte der 39-Jährige seine Radschuhe an den Nagel hängen. Doch die Folgen der de

28.09.2020Highlight-Video des WM-Straßenrennens der Männer

(rsn) - Julian Alaphilippe ist neuer Straßenweltmeister. Der 28 Jahrealte Franzose setzte sich nach schweren 258 Kilometern mit Start und Ziel in Imola als Solist durch, nachdem er sich am letzten A

28.09.2020Pogacar ging in Imola für Roglic in die Offensive

(rsn) - Bei der Tour de France waren Tadej Pogacar und Primoz Roglic die großen Dominatoren. Deshalb wurden die beiden Slowenen auch als Mitfavoriten für den hügeligen WM-Kurs von Imola genannt. D

27.09.2020Van Aert schmerzt der zweite Platz von Imola

(rsn) – Nach der Corona-Zwangspause war Wout Van Aert der bestimmende Fahrer der Saison. Bei Strade Bianche und Mailand-Sanremo erzielte er gleich im August zwei prestigeträchtige Erfolge. Trotz e

27.09.2020Alaphilippe: “Dieser Sieg war das größte Ziel meiner Karriere“

(rsn) - Auf einem der schwersten Straßenkurse bei Weltmeisterschaften seit langem setzte sich einer der besten Fahrer der letzten drei Saisons durch. 23 Jahre nach Laurent Brochard gewann Julian Alap

27.09.2020Hirschi: “Der Bauch sagte Bronze“

(rsn) - Nach schweren 258 Kilometern auf dem Rundkurs von Imola entschieden einige Zentimeter im Kampf um die Bronzemedaille. Die sicherte sich der Schweizer Marc Hirschi auf dem Autodromo Enzo e Dino

27.09.2020Schachmann fehlten nur wenige Meter zur Medaillenchance

(rsn) – Mit Rang neun in Imola sorgte Maximilian Schachmann für das beste Ergebnis eines deutschen Fahrers in einem WM-Straßenrennen seit 2014, als John Degenkolb in Ponferrada ebenfalls Neunter g

27.09.2020Alaphilippe beschert sich in Imola einen Traumtag

(rsn) - In den vergangenen Jahren gehörte Julian Alaphilippe immer wieder zu den Favoriten in WM-Straßenrennen. Als bestes Ergebnis sprang für den Franzosen bisher aber nur ein achter Platz bei den

27.09.2020Für Schönberger lief es nur bis zur vorletzten Runde nach Wunsch

(rsn) - Es war das erwartet schwere WM-Finale in der Emilia-Romagna. Im Straßenrennen der Männer über 258,2 Kilometer ging der Titel ging nach neun Runden an den Franzosen Julian Alaphilippe. Der T

Weitere Radsportnachrichten

19.03.2024Trotz Sturz: Bernal nach Auftakt Gesamtvierter in Katalonien

(rsn) – Für Egan Bernal (Ineos Grenadiers) ging ein Sturz zum Auftakt der 103. Katalonien-Rundfahrt in gleich doppelter Hinsicht glimpflich aus. Der Kolumbianer kam wie das Bahrain-Duo Wout Poels u

19.03.2024Pogacar: “Ich habe ein bisschen Mist gebaut“

(rsn) - 300 Meter vor Schluss der 1. Etappe der Katalonien-Rundfahrt (2.UWT) zündete Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) auf der ansteigenden Zielgeraden seinen Turbo. Niemand aus dem Feld konnte ihm f

19.03.2024Nolde: Für einen Profivertrag zu wenig Watt pro Kilogramm?

(rsn) - Tobias Nolde ist unlängst in seine achte Kontinental-Saison gestartet, seitdem sein Team P&S Metalltechnik - Benotti 2019 eine KT-Lizenz löste, ist er mit an Bord. Aus der Mannschaft von La

18.03.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.03.2024Van der Poel verlängert langfristig bei Alpecin-Deceuninck

(rsn) – Er bleibt seinem Team und vor allem den Roodhooft-Brüdern treu: Mathieu van der Poel hat seinen ursprünglich noch bis 2025 laufenden Vertrag mit Alpecin – Deceuninck aufgelöst und durch

18.03.2024Schultz überrascht Pogacar mit Attacke am Teufelslappen

(rsn) – Der Auftakt der 103. Katalonien-Rundfahrt (2.UWT) wartete mit 2600 Höhenmetern auf, doch die Favoriten hielten sich auf dem welligen Terrain der 1. Etappe rund um Sant Feliu de Guíxols noc

18.03.2024SD Worx – Protime verzichtet auf Brügge-De Panne

(rsn) – Auf den Saisonstart in Australien inklusive der WorldTour-Rennen dort verzichtet SD Worx – Protime beinahe schon traditionell freiwillig. Doch nun hat die belgische Übermannschaft auch ih

18.03.2024Die Woche der KT-Teams: Borresch “big in Taiwan“

(rsn) – Hinter den deutschen Kontinental-Teams liegt eine Woche mit vielen UCI-Einsätzen und insgesamt fünf Top-Ten-Platzierungen. Für drei davon sorgte allein Julian Borresch (Rembe Pro Cycling

18.03.2024Visma - Lease a Bike bekommt Erlaubnis für Zeitfahrhelm

(rsn) – Das Team Visma – Lease a Bike scheint in der Debatte um seinen Zeitfahrhelm mit einem blauen Auge davonzukommen. Wie Sporza berichtet, hat die UCI, die das Helmdesign nochmal auf seine Ko

18.03.2024Ineos Grenadiers bejubelt 500. Sieg der Teamgeschichte

(rsn) – Etwas mehr als 14 Jahre hat es gedauert, doch nun ist es geschafft: Das Team Ineos Grenadiers, 2010 unter dem Namen Sky gestartet, hat am Wochenende den 500. Sieg in der Historie der Mannsch

18.03.2024Astana-Interesse an Vlasov? Bora will verlängern

(rsn) – Sein starker Auftritt bei Paris-Nizza (2.UWT) hat Aleksandr Vlasov in seinem letzten Vertragsjahr zum rechten Zeitpunkt wieder etwas weiter in den Fokus gerückt. Der Etappensieg an der Mado

18.03.2024Uhlig für Groves in Katalonien am Start

- Der gebürtige Regensburger Henri Uhlig ist kurzfristig ins Aufgebot der heute gestarteten Katalonien-Rundfahrt (2.UWT) gerückt. Eigentlich sollte Kaden Groves Alpecin - Deceuninck in Nordspanien

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Volta Ciclista a Catalunya (2.UWT, ESP)
  • Radrennen Männer

  • Settimana Internazionale Coppi (2.1, ITA)
  • GP Brda-Collio (1.2, SLO)