Ultracycling in Südostasien - Jonas Deichmann - Rennbericht

BikingMan Laos: 470 km am Rad, 250 km zu Fuß

Von Jonas Deichmann

Foto zu dem Text "BikingMan Laos: 470 km am Rad, 250 km zu Fuß"
250 Kilometer und 6000 Höhenmeter mußte Jonas zu Fuß laufen. | Foto: Thibaut Vergoz

03.06.2019  |  43 Grad, kein Schatten, eine kleine Straße, die sich vom mächtigen Mekong  steil den Berg hinaufschlängelt. Die Reifen kleben am schmelzenden Asphalt, die Geräusche des Dschungels fachen die Phantasie der Fahrer an. Weiter unten am Fluss baden Elefanten, Kinder winken.

Laos, die Perle Südostasiens, ist Schauplatz des dritten Rennens der Ultracycling-Renn-Serie "BikingMan". Die Serie besteht aus sechs Rennen weltweit, mit Distanzen zwischen 700 und 1600 km. Radsport-news hat bereits über die "BikingMan"-Rennen in Oman und Korsika berichtet.

Auch in Laos war Jonas Deichmann für Radsport-News am Start und hatte besonders großes Pech: Die letzten 250 km musste er zu Fuß gehen....
Der Münchner nutzt die Renn-Serie als Vorbereitung für sein Weltrekord-Projekt "Cape to Cape" Ende August: 18 000 km vom Nordkap nach Kapstadt in 75 Tagen. Hier sein Rennbericht aus Laos.


Noch in der Dunkelheit starten die Fahrer gemeinsam
vom Race Village im Sanctuary Hotel in Luang Prabang. Geschlossen fahren wir entlang des Mekong Richtung Norden. Nach 20 km geht die Sonne über dem Fluss auf, ein spektakulärer Anblick, mit den umliegenden Bergen. Das Thermometer zeigt bereits 30 Grad, bei extrem hoher Luftfeuchtigkeit - ein Vorgeschmack auf die Hitzeschlacht am Nachmittag.

Nach 120 km erreiche ich in der vierköpfigen Spitzengruppe den ersten langen Anstieg, und setze mich schnell von meinen Begleitern ab. Nach der Passhöhe auf 1200 Metern geht es ständig auf und ab, durch kleine Dörfer und dichten Urwald. In der Höhe ist es ein paar Grad kühler und gerade noch erträglich. Leider finde ich am Straßenrand nichts außer Bananen; und man hatte uns vorgewarnt, dass Restaurants sehr lange brauchen.

Nach einer rasanten Abfahrt geht es in eine lange Ebene.
Die Straße führt vorbei an Reisfeldern und durch kleine Dörfer. Das Thermometer zeigt mittlerweile 43 Grad, die Reifen kleben am schmelzenden Asfalt. Ich trinke über zwei Liter pro Stunde, aber es ist dennoch nicht genug. Nach 250 Kilometern halte ich an, und bestelle an einem Kiosk eine Nudelsuppe - ich muss dringend nachtanken. Während meiner Pause ziehen ein paar Radler vorbei, ich nehme die Verfolgung auf.

Abends erreiche ich den Dschungel. Es ist ein abenteuerliches Gefühl, in der Dunkelheit auf der einsammen Straße unterwegs zu sein. Plötzlich quert eine große Schlange direkt vor mir die Straße, ich springe instinktiv drüber. Ich versuche, die vielen Dschungel-Geräusche zu deuten und meine Fantasie wird sehr kreativ...

Nach 15 Stunden erreiche ich den ersten Checkpoint
und beschließe, die Nacht dort zu bleiben. Die Hitze und der Jetlag haben mir zugesetzt, und es fühlt sich nicht sicher an, weiter durch die Nacht zu fahren. Als ich bei Morgendämmerung weiter fahre, bin ich überrascht, dass ich noch immer an vierter Position bin. Die enorme Hitze hat allen zu schaffen gemacht, und nur zwei sind durch die Nacht gefahren.

Es geht weiter entlang des Mekong, mit einer 15-Prozent-Rampe nach der anderen, bis an die Grenze zu Thailand. Hier biegt die Strecke nach Westen ab und es folgen 100 Kilometer auf einer kleinen Straße durch den Dschungel. Die Straßenverhältnisse sind extrem schlecht, es geht steil auf und ab. Am Vortag hatte ich noch einen 26er-Schnitt, trotz mehr als 4000 Höhenmetern. Heute sind es nicht einmal 18 km/h, obwohl ich mich stark fühle.

Als ich nach 220 Kilometern den Beginn des Kasi-Passes
erreiche, stehen bereits 5000 Höhenmeter auf dem Tacho. Auf der Passhöhe liegt Checkpoint 2,  ich bin auf Podium-Kurs - als sich  am Beginn des Anstiegs mein Tretlager lockert. Meine Reparaturversuche scheitern und ich finde ein Guesthouse für die Nacht.

Es liegen noch 250 Kilometer und 6000 Höhenmeter vor mir - aber aufgeben ist keine Option. Man sagt mir, dass es auf der anderen Seite des Passes einen Automechaniker gibt, und ich schiebe mein Rad 30 Kilometer zur Passhöhe. Leider scheitern auch die Reparaturversuche des Mechanikers. Ich beschließe, das Rad ins Ziel zu schieben und vor der Finisher Party am Abend des fünften Tags dort zu sein.

Ich laufe meist barfuß, bis mittags der Asphalt
zu heiß wird. Die Pässe rolle ich hinunter. Auch wenn ich es so nicht wollte, habe ich dennoch Spaß - und nun mehr Zeit, dieses tolle Land zu entdecken. Ich schaffe es gerade zur Finisher Party als Letzter ins Ziel, noch im Zeit-Limit.

In zwei Monaten steht der BikingMan Peru auf dem Programm, danach die Anden - beides sicherlich ein tolles Abenteuer, und hoffentlich ohne Fußmärsche...

Bis dahin schöne Grüße aus Laos,
Jonas
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